Aus meinen Erinnerungen an meine Journalistenzeit in Niederösterreich: Tagebuch eines Sommers - Teil 1

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(von Christoph Altrogge)

Ein paar Hinweise zum Text:

Alle Namen von Personen wurden geändert.

Bei allen erwähnten gleichaltrigen Jugendlichen handelt es sich um seinerzeitige Mitschüler des örtlichen Wirtschaftsgymnasiums, der Handelsakademie.

"Schwarzer Blitz": Ein Sportlehrer an der Schule.

Thomas: Journalist, Mitte Zwanzig, gab damals in der Gegend eine kleine Regionalzeitung heraus. Ich war seine "Rechte Hand".

EFEU-Laden/Weltladen: Der örtliche Dritte-Welt-Laden. Die Abkürzung EFEU steht für die Geschäftsprinzipien Entwicklung, Frieden, Eigenständigkeit, Umwelt.

Kapitel 1.: Montag, der 3. Juni 1996

"Heute war eine interaktive Theatertruppe bei uns an der Schule, welche sich mit jugendtypischen Problemen beschäftigte. Hinterher schrieb ich für die Zeitung folgenden Artikel darüber:

'Bereits seit etlichen Jahren geht man in der Anti-Sucht-Arbeit mit Jugendlichen mehr und mehr dazu über, sich nicht erst dann mit Jugendlichen zu beschäftigen, wenn sie bereits von irgendeiner Droge abhängig sind, wenn also, wie der Volksmund salopp formuliert, 'der Hut brennt'. Stattdessen versucht man, bereits an sie heranzutreten und ihnen alternative Lösungsstrategien für alterstypische Probleme als das Nehmen von Drogen aufzuzeigen, noch bevor sie zum ersten Mal zu einer Substanz dieser Art gegriffen haben.
Ganz in diesem Sinne bewegt sich auch die Arbeit des 'Kontaktiertheaters'. Dabei handelt es sich um eine Vereinigung hauptberuflicher Schauspieler mit Sitz in Wien und einer Zweigniederlassung in St. Pölten, welche sich auf so genanntes psychosoziales Theater spezialisiert hat, also Bühnenstücke, deren Inhalt sich um weit verbreitete soziale Problemsituationen dreht. Problemsituationen wie eben etwa Rauschgiftkonsum unter Jugendlichen, wovon das aktuelle Stück des Vereines unter dem Titel 'Xmas. Der Fall Saskia P.' handelt. Mit dieser Aufführung tourt die Gruppe momentan zu tagesweisen Auftritten durch ganz Niederösterreich und machte dieser Tage auch an der HAK Retz Station, wo man durch eine Aussendung des Vereines auf das Angebot aufmerksam geworden war.
'Xmas. Der Fall Saskia P.' ist ein interaktives Theaterstück mit der Zielgruppe Jugendliche von 13 Jahren an aufwärts, in welchem anhand prägender Alltagssituationen die Entwicklung eines 'normalen' Mädchens in der Pubertät zur Drogenkonsumentin gezeigt wird. Anders als bei früheren künstlerischen Auseinandersetzungen anderer Kulturschaffender mit dem Thema Abhängigkeit verzichtet man dabei völlig auf ein voyeristisches Zur-Schau-Stellen des menschlichen Leides von Drogenabhängigen. Stattdessen ist man bemüht, sehr weit unter die Oberfläche des Problems vorzudringen. Es dominiert immer die eine Frage: Was hätte die fiktive Saskia, die stellvertretend für viele Jugendliche steht, im Verlauf von Jahren in ihrem Alltag anders machen können, um nicht letztendlich im Drogensumpf zu landen? Wo hätte es für sie in ihrem Lebenslauf immer wieder 'Abbiegemöglichkeiten' gegeben? Das Stück bestand daher auch aus zwei Teilen. Im ersten wurde 'en bloc' zunächst einmal die ganze Geschichte erzählt. Im zweiten Teil spielte man dann einzelne Szenen noch einmal nach, und zwar solche, in denen sich 'Saskia' mit ihren Alltagsproblemen überfordert fühlte und jeweils irgend etwas tat, was sie wieder einen Schritt zur Drogensucht näher brachte. Danach wurden die Schüler immer aufgefordert, eine sinnvollere Verhaltensweise zu nennen, als sie im Stück gezeigt wurde.
Wie die 'Bezirksnachrichten' im anschließenden Pressegespräch erfuhren, wird jenes hohe Maß an Nähe zur Lebensrealität von Jugendlichen, welches dem Zuschauer an den Stücken des Vereines sofort auffällt, vor allem durch Workshops zu bestimmten Themen mit Jugendlichen selbst gewonnen.
Das nächste Stück zu einem brennenden sozialen Thema ist bereits wieder in Arbeit. Und zwar soll es dabei um Alkoholismus unter Jugendlichen gehen und das Spannungsfeld, in dem sich das Problem bewegt: Gruppendruck durch Gleichaltrige, mitzuhalten; Verdrängung des Problems durch die Eltern ('Meine Kinder machen so etwas doch nicht!'); Verdrängung des Problems auf allgemein-gesellschaftlicher Ebene durch Wirtschaftslobbys, die am Alkoholausschank mit verdienen ...'"

Kapitel 2.: Dienstag, der 4. Juni 1996

"Heute Vormittag machte ich Fotos von ein paar Mitschülern, die erfolgreich an einem Fremdsprachenwettbewerb teilgenommen hatten.
Hinterher schrieb ich dann folgenden Artikel:

'Mit beachtlichen Erfolgen nahmen unlängst Schüler der BHAK Retz am 17. NÖ Fremdsprachenwettbewerb in St. Pölten teil. Die Wertungen im Einzelnen:
Englisch: Johannes Schmied (5. Platz), Christian Kurta (15. Platz).
Französisch: Angela Walzer (4. Platz), Lena Mischling (17. Platz).
Tschechisch: Claudia Nader (1. Platz), Kerstin Machacek (2. Platz). In dieser Kategorie nahm die Schule sogar das erste Mal teil.
Gefordert waren eine Prüfung im Hörverständnis, ein fünfminütiges persönliches Interview sowie eine fünfzehnminütige Diskussion. Alle Schüler, die zu dem Wettbewerb antraten, mussten in den Monaten zuvor einen Freigegenstand in der jeweiligen Sprache belegen.
Natürlich hatten auch die Lehrer dieser Kurse einen nicht unwesentlichen Anteil am Erfolg der Schüler: Tschechisch: Mag. Natascha Watzer, Französisch: Mag. Friederike Wünschling, Englisch: Dr. Martina Klammer.'"

Kapitel 3.: Mittwoch, der 5. Juni 1996

"Heute Vormittag wurde bei uns in der Aula der Schule eine Ausstellung mit Kunstwerken von Schülerinnen und Schülern des Katholischen Gymnasiums in Třebič zum Thema 'Grenzen in uns' eröffnet. Das Gymnasium ist seit zwei Jahren zweite Partnerschule der Handelsakademie."

Kapitel 4.: Freitag, der 7. Juni 1996

"Heute war ich zur Abschlussfeier der beiden Maturaklassen unserer Schule. Hinterher schrieb ich darüber folgenden Bericht:

'Am 07. Juni feierten die beiden Fünften Klassen der Handelsakademie Retz im Althofsaal ihre bestandene Matura. Erstmals nahmen auch Schüler aus dem benachbarten Südmähren ihre Reifezeugnisse in Empfang. Sie besuchten fünf Jahre lang gemeinsam mit gleichaltrigen Österreichern, für die Tschechisch als zweite lebende Fremdsprache auf dem Stundenplan stand, in der bikulturell geführten B-Klasse die Schule.
Die Ursprünge dieses Schulversuchs reichen bis in die Ära des Eisernen Vorhangs zurück. Mitte der Achtziger Jahre nahmen Lehrer der HAK Retz Kontakt zu Kollegen vom Znaimer Gymnasium auf mit dem Vorschlag, eine Schulpartnerschaft aufzubauen. Die kommunistische Direktion fand im Gegensatz zu den Angesprochenen wenig Gefallen daran, so blieben die Verbindungen auf den Privatbereich beschränkt.
Mit der politischen Wende in der Tschechoslowakei entstand in Österreich spontan eine große Welle der Hilfsbereitschaft. Mehrere grenzüberschreitende Ausbildungsprojekte wurden entwickelt, die jedoch nicht oder nur wenig auf die speziellen Gegebenheiten des Nachbarlandes eingingen. So wurde Anfang 1990 auf einer prominent besetzten Podiumsdiskussion erstmals das Konzept eines bikulturellen Zweiges der HAK Retz präsentiert, der das Kennenlernen der Kultur der fremdsprachigen Mitschüler ermöglichen sollte. Auf der Suche nach einer Partnerschule wandte sich der damalige Direktor Dkfm. HR Eduard Strobl an seinen Amtskollegen vom Znaimer Gymnasium, Dir. Josef Molin. Dort hatte man bereits einen deutschsprachigen Lehrgang eingerichtet. Rasch einigte man sich auf die Schaffung eines einjährigen Vorbereitungskurses unter Beteiligung österreichischer und tschechischer Lehrer, so dass die jungen Leute im September 1991 den Unterricht in Retz aufnehmen konnten.'

Am Abend war ich zu einer Lesung in der oberen Aula der Schule. Unter dem Motto 'Junge Literatur' trugen Schülerinnen und Schüler Aufsätze eines schulinternen Schreibwettbewerbes zum Thema 'Offene Grenzen' vor. Anlass war, dass der erste bikulturelle Jahrgang erfolgreich die Schule absolviert hatte. Als Sieger des Wettbewerbes gingen Blanka Ditětová, Eva Kliková, Kamil Klepaček und Martin Stepan hervor, die allesamt von Bürgermeister Pfand persönlich ausgezeichnet wurden.
Im zweiten Teil des Abends kamen zwei Absolventen der Schule, Gerhard Hofer und Christopher Staininger, zu Wort, die nach ihrem Schulabschluss schriftstellerisch tätig wurden und aus ihren Werken vortrugen."

Kapitel 5.: Donnerstag, der 13. Juni 1996

"Ein zweites Mal in diesem Monat berichtete ich für Thomas' Zeitung über Erfolge von Schülern unserer Schule bei Sprachwettbewerben. Am Vormittag bin ich zunächst kurz aus der Klasse herausgeholt worden, damit ich von den Siegern ein Foto vor dem Schulgebäude machte.
Am Nachmittag schrieb ich dann den entsprechenden Artikel dazu:

'Einen international anerkannten Nachweis über ein hohes Maß an englischen Sprachkenntnissen halten seit Kurzem fünf Schüler der HAK Retz in den Händen: das Cambridge First Certifikate. Das Ungewöhnliche an diesem Schritt ist die Tatsache, dass es sich bei den Prüfungskandidaten noch um Schüler handelte. Der Umfang der Vorbereitungen dafür lässt sich nämlich nur äußerst schwer mit dem normalen Schulalltag in Einklang bringen. Die HAK richtete daher für Interessierte den Freigegenstand 'Englisches Kolloquium' ein. Doris Fautschek, Andrea Sprung, Andrea Burger, Roman Gschweidl, Johannes Schmied, allesamt aus der V. A, wagten von den teilnehmenden Schülern schließlich auch das Finale. Die europaweit einheitliche Prüfung, bestehend aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil, musste dann vor einer unabhängigen Kommission in Wien abgelegt werden. Die Auswertung erfolgte naturgemäß in Cambridge, von wo aus allen Angetretenen die gute Nachricht übermittelt werden konnte, dass sie bei ihrer Jobsuche ein schwergewichtiges Argument für sich vorweisen können.'"

Kapitel 6.: Freitag, der 14. Juni 1996

"Heute Abend sind wieder einmal Top-Stars des österreichischen Kulturbetriebes vom Lehrerkollegium der Handelsakademie zu einem Literaturabend in die Aula der Schule geholt worden. Sandra Cervik und Herbert Föttinger, Mitglieder des Theaters an der Josefstadt, rezitierten eine gewagt-provokante Zusammenstellung von Texten und Zitaten über das Thema 'Kunst und Macht' von Autoren wie Haider, Hitler, Turrini und anderen."

Kapitel 7.: Montag, der 17. Juni 1996

"In einer Freistunde am Vormittag schrieb ich im Computerzentrum im Kellergeschoss vom kleineren Schulgebäude einen Artikel für Thomas über die Kursangebote des Absolventenverbandes im kommenden Herbst:

'Maßgeschneiderte Fortbildungsangebote für die berufliche Zukunft hält der Absolventen-verband der BHAK/BHAS Retz in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Retz in seinem neuen Kursprogramm ab kommendem Herbst bereit. Im Einzelnen handelt es sich dabei um:

Englisch für Anfänger/innen.
Englisch für Fortgeschrittene.
Französisch für Anfänger/innen.
Französisch für Fortgeschrittene.
Tschechisch für Anfänger/innen.
Tschechisch für Fortgeschrittene.
Italienisch für Anfänger/innen und für die Reise.
'Alles mit der Zeit' – Literatur aus Österreich, Deutschland und der Schweiz seit 1945 in Theorie und Praxis.
Weinmarketing.
Einführung in Windows.
Einführung in Word.
Excel für Einsteiger.

Alle Kurse beginnen Anfang November. Weitere Informationen wie auch das Anmeldeformular gibt es in den gelben und orangen Foldern, die zurzeit an verschiedenen Info-Verteilern in der Stadt ausgelegt sind. Selbstverständlich steht dafür auch das Sekretariat der BHAK/BHAS zur Verfügung (Tel.: 02942/20 420-13; Fax: 02942/20 420-30). Die Kursgebühren werden übrigens zur Finanzierung von Schulveranstaltungen verwendet.'"

Kapitel 8.: Dienstag, der 18. Juni 1996

"Heute Vormittag hatten wir Religion. Es herrschte noch die übliche Unruhe am Beginn einer Stunde, wenn jeder seinen Platz suchte, als plötzlich Äns zur Tür herein getorkelt kam. Er lachte ganz eigenartig und lallte wie ein Betrunkener, dass er mir unbedingt etwas mitteilen müsse.
Ich schob ihn zur Tür hinaus und sagte ihm, dass er mir das nach der sechsten Stunde erzählen solle, da sein eigenartiger Auftritt schon Aufmerksamkeit erregt hatte."

Kapitel 9.: Mittwoch, der 19. Juni 1996

"Heute sahen wir uns in Deutsch das heimatgeschichtliche Video über die Architekturgeschichte von Retz an, das unsere Klasse als Projektarbeit gedreht hatte.
Unter Georgs Anleitung waren wir dafür durch die Stadt gegangen. Von jeder vorhandenen Bauepoche hatte er mit seiner Videokamera ein oder mehrere Gebäude aufgenommen.
Meine Aufgabe war es danach, für die unterschiedlichen Zeitepochen jeweils eine passende Hintergrundmelodie herauszusuchen.
Die erste Epoche, in die wir unterteilt hatten, ging von den Anfängen bis zur Neuzeit. Hierfür hatte ich eine Fanfaren-Nummer ausgewählt.
16. Jahrhundert: Ein Stück dieser sehr flötendominierten Musik, wie sie immer auf Mittelalterfesten präsentiert wird.
17. Jahrhundert: Barockzeit. Eine Menuett-Musik.
18. Jahrhundert: Das Brandenburgische Konzert Nr. 3 von Johann Sebastian Bach.
19. Jahrhundert: Zeit des technischen Aufbruchs und des Fortschritts. Passend dazu der 4. Satz der 1. Sinfonie in c-Moll op. 68 von Johannes Brahms.
Die 1900-er-Jahre: 'Kaiserwalzer' von Johann Strauß, als Symbol der untergehenden Epoche der europäischen Monarchien.
Die 1910-er-Jahre: Erster Weltkrieg. Militarismus. Passende Melodie dazu: 'York'scher Marsch'.
Die Zwanziger Jahre: Eine Charleston-Melodie.
Die Dreißiger Jahre: 'Bei mir bist Du schoen'.
Die Vierziger Jahre: 'Moonlight Serenade' von Glenn Miller.
Die Fünfziger Jahre: Zeit des Wirtschaftswunders und des aufkommenden Südeuropa-Tourismus. Lied: 'Komm ein bisschen mit nach Italien'.
Die Sechziger Jahre: Zeit der Rebellion. 'I Can't Get No Satisfaction' von den Rolling Stones.
Die Siebziger Jahre: Die Disco-Ära. 'Get Down Tonight'.
Die Achtziger Jahre: 'Sunny' von Boney M..
Die Neunziger Jahre: Hier musste etwas sehr in die Zukunft Weisendes her. Ich hatte mich daher für die Titelmelodie von 'Raumschiff Voyager' entschieden.
Als Letztes stand dann der Blick in die Zukunft auf der Liste. Hier war ich lange auf der Suche gewesen nach etwas, das noch futuristischer klang als der Titel für die Neunziger Jahre. Fündig geworden war ich schließlich bei 'In Time' von Robbie Rob.
Für jemanden, der unter chronischem Musik-Hören-im-Geiste litt, war das natürlich genau 'die richtige' Aufgabe. Als ich seinerzeit mit der Liste fertig war, hatte ich das Gefühl, in einem Fernsehladen mit ungefähr 30 Geräten im Schauraum zu stehen, wo auf jedem Gerät ein anderes musikalisches Unterhaltungsprogramm lief."

Als ich zu Ende geschrieben hatte, erinnerte ich mich, wie ich im Scherz schon mal auf die Idee gekommen war, mal eine Sampler-CD mit den bekanntesten Melodien herauszugeben, die mich im Rahmen dieser Macke bereits verfolgt hatten. Titel: "Christophs Neuro-Hitparade". Geordnet werden die Titel in absteigender Reihenfolge danach, wie lange sie bei mir im Geist geklebt haben. Der Reinerlös kommt der Psychiatrischen Klinik "Baumgartner Höhe" in Wien zugute.

Kapitel 10.: Donnerstag, der 20. Juni 1996

"Heute Vormittag war ich in einer Freistunde in der Poisgasse hinter dem Schulgelände. Der ÖAMTC veranstaltete gerade in Niederösterreich und dem Burgenland eine Verkehrssicherheitsaktion namens 'Hallo Auto', welche noch bis Ende Juni lief.
Bei diesem Verkehrssicherheitsprogramm von ÖAMTC und AUVA für Kinder der dritten Schulstufe haben die Schulkinder die Möglichkeit, ein eigens mit einem Doppelbremspedal und kindgerechten Rückhaltevorrichtungen ausgerüstetes Auto selbst zu bremsen. Sie vergleichen ihren Anhalteweg beim Gehen und Laufen mit dem des Autos, das 50 Kilometer pro Stunde schnell fährt. So erkennen Kinder die Gefahren herannahender Autos.
Und heute stand die Retzer Volksschule auf dem 'Tourneeplan' der Aktion.

Am Nachmittag traf ich mich mit Johannes bei ihm zu Hause. Wir setzten uns auf den Balkon, er zeigte mir Bilder von seinen Vorfahren, unter anderem von seinem Großvater bei der Kriegsmarine.

Danach ging ich nur kurz wieder nach Hause, denn für Um Fünf waren Mutter und ich bei Frau Grabeleit in der Laurenz-von-Kurz-Gasse eingeladen, anlässlich ihres kürzlichen 52. Geburtstages. Die Frau vom ehemaligen Landtagsabgeordneten Erich Fidesser (Sie kennt die Weimarer Gegend aus dem Urlaub gut, wie sie erzählte.), Frau Flammer, Frau Weinwurm und Frau Winninger waren auch da. Auf dem Rückweg lernten wir die Hebamme von Thomas aus der Redaktion kennen."

Kapitel 11.: Freitag, der 21. Juni 1996

"Da die letzte Stunde, planmäßig Deutsch, ausfiel, gingen wir, Johannes, Cornelius, Wilhelm und ich, ins 'Willi'.

Am Nachmittag war ich berichterstattungsmäßig im Schalterraum der Sparkasse zugange. Der Fachbereich Elektro der Polytechnischen Schule Retz hielt dort eine Präsentation seines kürzlich abgeschlossenen Projektes "Bauen von Modellen mit Funksteuerung" ab. Mit einer Ausstellung, einer Computerpräsentation und natürlich der Vorführung der Modelle selbst. Und dass die Modelle auch tatsächlich funktionierten, davon konnten sich zahlreiche interessierte Gäste an der Fernsteuerung selbst überzeugen.

Am Abend hatte ich einen Pressetermin im Schloss Gatterburg. Die 'Erste Sommernacht des neuen Weines' wurde gefeiert. Abend Halb Acht traf ich ein. Im Hof lief bereits eine originelle Aktion. Eine Staffelei und mehrere Farbtöpfe standen zur Verfügung, jeder konnte auf einem großen Bogen Papier seiner Kreativität freien Lauf lassen. Organisiert wurde das von Thomas Schausenberger, dem Sohn vom Bankdirektor.
Das 'Festgelage' fand in dem Saal des Schlosses statt, in dem schon viele Konzerte abgehalten wurden. Circa 30 Mann waren um die lange Tafel versammelt, zehn davon waren Weinbauern. Konditormeister Wiklicky moderierte den Abend, da die Winzer alle in seiner Vinothek ihre Weine vermarkten. Die Weine selbst wurden von ihren Erzeugern vorgestellt. Prof. Anton Th. Dietmaier las Heiteres und Besinnliches zum Thema Wein aus seinen eigenen Werken. Musikalische Einlagen gab es von 'A Quattro Voci', einem Blechbläserquartett bestehend aus Mitgliedern der Retzer Stadtkapelle. Das Schloßgasthaus hatte auch ein warmes Buffet angerichtet. Fotos habe ich natürlich eine Menge geschossen."

Kapitel 12.: Sonnabend, der 22. Juni 1996

"Heute wurde das neue Tageszentrum im Caritasheim eröffnet. Vor zwei Jahren begann man den Bau mit dem Ziel, den Wohnbereich vom Arbeitsbereich zu trennen, da die Zustände im alten Gebäude fast unerträglich wurden.
Der Festakt fand in einem Zelt im Hof statt. Heimleiter Dr. Werner Nachbargarten begrüßte die Gäste und sprach über die Baugeschichte. Als Redner folgten ihm Bürgermeister Pfand und Bezirkshauptmannstellvertreter ORR Dr. Pesau, bevor der Caritas-Präsident der Erzdiözese Wien, Dr. Michael Landau das Gebäude für eröffnet erklärte. Für musikalische Einlagen sorgten die Singegruppe der Caritas und das 'Windmühlenecho'. Unter den Ehrengästen waren auch Vertreter der tschechischen Caritas. Dr. Nachbargarten führte sie nach dem offiziellen Teil durchs Haus, da schloss ich mich gleich an. Das Heim beherbergt 118 geistig und mehrfach Behinderte, die in verschiedenen Beschäftigungstherapien gefördert werden. Es gibt Werkstätten für die Bereiche Weberei, Keramik, Seidenmalerei, Tischlerei und Malerei. Die Therapien gehen von der Spieltherapie bis hin zur systematischen Vorbereitung auf einen geschützten Arbeitsplatz. 45 Behinderte haben einen festen Arbeitsplatz draußen, 24 eine eigene Wohnung. Um die Jobs kümmert sich ein Caritasmitarbeiter beim Arbeitsamt. Für die Weberwerkstatt spendete eine Waldviertler Weberei zwei große halbautomatische Webstühle. Hergestellt werden vor allem Fleckerlteppiche und hochwertige Schafwollteppiche in allen Größen. Zur behindertengerechten Infrastruktur im Haus gehören 15 Gruppenräume, zahlreiche Pausenecken, 1 Mehrzwecksaal sowie ein Fahrstuhl. Das Alter der Betreuten geht von 16 bis 65 Jahre. Aus dem Hof vor dem Haus wurde jeglicher Autoverkehr verbannt. Besuche von Angehörigen sind jederzeit möglich bei vorheriger Anmeldung. Besuch gibt es vor allem von Handelsschule und Hotelfachschule viel. Die jüngeren Besucher aus dem Kindergarten lockt vor allem der Streichelzoo. Im Haus arbeiten 24 Betreuer.
Im Festzelt gab es Essen aus Kübeln und Traubensaft. Einer der Heimbewohner spielte nach dem Essen den Gästen etwas auf seinem Akkordeon vor – alle waren begeistert! Wirklich professionell! Ich wartete dann ziemlich lange auf das obligatorische 'Promi-Foto'. So bekam ich die Gelegenheit, mich ausgiebig mit Dr. Landau zu unterhalten.
Eines klappte an diesem Tag übrigens gar nicht: das Wetter. Es war kalt und nieselte."

Kapitel 13.: Montag, der 24. Juni 1996

"Die berüchtigte letzte Schulwoche, in der eigentlich niemand mehr ein vernünftiges Argument hervorbringen kann, was er noch in der Schule tut, ist angebrochen. Auch unsere Klasse stand wieder vor dem Problem, ein halbwegs sinnvolles Programm auf die Beine zu stellen.
Vor Um Acht räumten wir etwas die Klasse auf. Für Johannes, Wilhelm und Cornelius kam dabei wieder einmal der schmerzliche Augenblick des Abschieds. Sie mussten sich nämlich von ihrer geliebten Schimmelkultur trennen. Mehrmals im Jahr, und zwar immer, nachdem die Klasse tipp-topp aufgeräumt werden musste, setzten sie eine neue Schimmelkultur an, die sie hinter den Büchern und Mappen im Regal verstecken. Jede Kultur bekam einen eigenen Namen. So gab es schon einen Herbert und einen Walter. Die aktuelle hieß Valentin. Valentin lockte sogar eine Menge kleiner Maden an. Deshalb entwickelten die drei eine besondere Beziehung zu ihm. Wie tief diese Bindung war, zeigte folgender Dialog, der sich am späteren Vormittag auf dem Marsch zur Windmühle entspann. Johannes: 'Auf irgendeine Weise existiert der Valentin ja noch.' Wilhelm nahm daraufhin eine würdevolle Haltung an und antwortete mit ernster Miene: 'Er fault in unseren Herzen weiter!'

Ab Um Acht sahen wir uns den Retzer Stadtkeller an. Die Führung war kostenlos, der Tourismusverein hatte sich einmal darauf geeinigt, von Retzer Schulen nichts zu verlangen. Unser Führer war Fachlehrer Erwin Kraus von der Retzer Hauptschule, welcher in seiner Freizeit als Fremdenführer arbeitete. Antonia und Maria hatten ihn diesbezüglich angesprochen, da sie ihn früher in der Hauptschule im Unterricht gehabt hatten.

Die Kellerführung endete im Althof. Danach hatten wir etwas Zeit. Ich ging mit dem 'Trio' zum 'Hütt'l' vom Herrn Wiklicky auf den Hauptplatz, um etwas zu essen.

Treffpunkt nach der Frühstückspause war der Eingang zum Rathauskeller. Wir gingen dann über die Vinzenzigasse, das Klosterbrückl und den 'Osterprozessionsweg' hinauf zur Windmühle, um sie zu besichtigen. Aber unser Führer ließ uns sitzen. So warteten wir bis etwa Um Elf.
Das Wetter an diesem Tag war übrigens eher trüb und wolkig.
Dann war der Schultag vorbei. Cornelius lud uns, Johannes, Wilhelm, mich, in den 'Goldenen Hirsch' ein."

Kapitel 14.: Dienstag, der 25. Juni 1996

"Früh machten wir mit Rupert 'Schwarzer Blitz' Dinkel einen Spaziergang zur Kümmerlkapelle und zurück zur Schule durch die Windmühlgasse und die Kirchenstraße.
Gegen Mittag gingen wir mit ihm dann ins Retzer Schwimmbad. Dort spielten wir Volleyball und Frisby. Ich war mit bei den Frisbyspielern dabei, mit mir Georg, Wilhelm, Johannes, Antonia, Maria, 'Schwarzer Blitz'."

Kapitel 15.: Mittwoch, der 26. Juni 1996

"Heute begann der Unterricht offiziell erst Um Neun. Ich kam aber schon einiges eher. Datenverarbeitungs-Lehrer Schiener kam zwischendurch mal in unsere Klasse und regte sich auf über die saumäßige Unordnung im Regal.

Die 3. Klasse Handelsschule verkaufte an diesem Tag so etwas in der Richtung wie Schulabschluss-Zeitungen. Ich ließ mir in der unteren Aula im anderen Gebäude ein Exemplar andrehen.

Um Neun begann die Messe zum Schuljahresende. Das Thema lautete: Schöpfungsverantwortung.
Unfreiwillig kurios wurde es bei den Fürbitten. Religionslehrer Reiß und die Tschechisch-Assistentin Martina Schneider, die mich immer ein wenig an die Schauspielerin Helen Hunt erinnerte, trugen sie vor. Als die Schneider für die verfolgten Christen in der Welt bat, bat Reiß gleich darauf, dass alle Nachprüfungskandidaten unserer Schule im Herbst ihre Prüfung schaffen.

Danach ging die ganze Schule ins Kino. 'Dead Man walking' war angesagt. Ein Film über die Für und Wider der Todesstrafe. Die Hauptgestalt war ein zum Tode verurteilter Mörder, der ein Liebespaar ziemlich bestialisch abgeschlachtet hatte. Sein Komplize bekam lebenslänglich, da er vor Gericht den besseren Anwalt hatte. Der Todeskandidat hatte aber nur einen Pflichtverteidiger, der sich außerdem noch nie mit Strafsachen beschäftigt hatte, sondern vorher etwas mit Steuerrecht machte. Einzig allein eine Nonne hielt zu ihm, bis zum Ende, als er die Giftspritze bekam. Die verschiedenen Standpunkte wurden gut dargestellt, auch die der Eltern der ermordeten Jugendlichen, die natürlich Rache forderten. 'Dead Man walking' ist ein Ausdruck aus der Gefängnissprache und heißt 'Toter Mann kommt'. Der Gefängniswärter ruft das, wenn der Verurteilte seinen letzten Gang antritt. Der Film schien Einigen ziemlich nahe zu gehen. Jedenfalls hörte man das an dem gelegentlichen Naseputzen.

Am Abend hielt ich mich in Wien auf.
Christiane hatte Sendungsfeier. Das ist so eine Art feierlicher Abschluss der Ausbildung zur Jugendleiterin, wie ich mir erklären ließ. Die Messe wurde in der Pfarrkirche Alservorstadt zelebriert, Erzbischof Schönborn gestaltete sie sehr eindrucksvoll. Ich kam etwas später, da ich noch nie zuvor in diesem Bezirk gewesen war und deshalb einige Orientierungsschwierigkeiten hatte. Die Kirche war ziemlich voll, aber hauptsächlich handelte es sich um Angehörige der 'Gesandten', wie sich bei der persönlichen Namensnennung durch den Erzbischof herausstellte. Fünf oder sechs Mann wurden aufgerufen und mussten eine Art Schwur ablegen.
Ich sah eine Menge Bekannte von der Spanienwallfahrt: Schäfers, Hartmanns, die damaligen Leiter Karl und Julian, Klaus, Beate. Gäste aus Retz waren auch gekommen: der Pfarrer, Marlene und Geografielehrer-Sohn Bernhard Tumpel.
Nach der Messe gab es eine Agape. Der Gebäudekomplex, der sich der Kirche anschloss und wo sie stattfand, sei so eine Art Wohnheim für Studenten des Priesterseminars, wie mir Bernhard erklärte. Er selbst war hier mal als Novize. An der Agape nahm übrigens auch Erzbischof Schönborn teil. Er wurde ständig von allen möglichen Bittstellern umringt.
Heimgefahren bin ich mit dem Pfarrer und Marlene."

Kapitel 16.: Donnerstag, der 27. Juni 1996

"Heute war schulfrei, da die Aufnahmeprüfungen für die Neuzugänge stattfanden.

Am Abend war ich eingeladen zur privaten Feier für die neue Dekanatsjugendleiterin Christiane, die die Retzer Pfarre im Pfarrgarten ausrichtete. Es wurden Würstchen gegrillt. Isolde, Paula, Antonia, Maria und Georg aus meiner Klasse, Pastoralassistentin Marlene, der Kaplan von Zellerndorf, zwei Jugoslawen und der Pfarrer kamen. Isolde und Paula hatten die Gitarren mit, so setzten wir uns, als es etwas dunkler geworden war, um das Lagerfeuer und sangen Lieder.
Am späteren Abend sangen wir dann fast 'zweistimmig'. Die Rugen in ihrer Verbindungsbude ganz in der Nähe hatten damit begonnen, ihre alten Studentenlieder zu singen."

Kapitel 17.: Freitag, der 28. Juni 1996

"Zeugnisausgabe. Brodesser teilte uns die Blätter nach Um Acht aus. Danach rannte ich nach Hause und gleich wieder zu Schulsekretärin Frau Schach, um meine Schulbuchbestellung fürs nächste Jahr zu regeln.

Action pur: Von zu Hause ging es gleich weiter in den Dritte-Welt-Laden. Irene hatte den Dienst mit mir getauscht. Ich erzielte gute Einnahmen. Die Leute waren in richtiger Kauflust. Wahrscheinlich machten das die Ferien.

Sportlich ging es dann am Nachmittag weiter. Ich hatte mich für die alljährliche Radwallfahrt der örtlichen Katholischen Jugend nach Oberleis im östlichen Weinviertel angemeldet. Ziel war wie immer der Besuch der allmonatlichen Basilika im kirchlichen Jugendzentrum. Danach würden wir dort im Zentrum unsere erste Nacht der Wallfahrt verbringen. Ich freute mich darauf, Julian von der Spanienwallfahrt wieder zu treffen, welcher das Zentrum leitete.
Da ich momentan kein eigenes Fahrrad hatte, borgte Georg Dostal eines von seinem Nachbarn. Ich holte es gegen Drei bei ihm ab.
Danach fuhr ich kurz nach Hause und von dort aus in den Pfarrhof. Der Start verzögerte sich etwas, da Georg erst zum 'Herzog' musste, um eine 'Spinne' zu holen, einen elastischen Riemen zum Befestigen von Dingen aller Art.
Wir starteten dann bei wirklich super Wetter. Übrigens fuhren wir nur zu dritt, das hieß Pastoralassistentin Marlene Landmann, Georg aus meiner Klasse und ich. Die Strecke: Retz, Kleinhöflein, Kleinriedenthal, Ragelsdorf, Jetzelsdorf, Haugsdorf.
Hier machten wir zum ersten Mal Pause. Wir kauften etwas im 'Spar' ein. Marlenes Eltern leiten den Laden.
Weiter ging es über Alberndorf, Untermarkersdorf, Hadres, Obritz, Mailberg, Diepolz, Großharras, Stronsdorf, Patzmannsdorf, Röhrabrunn und Klement. Das letzte Stück zum Jugendzentrum schoben wir die Räder, da die Straße neu gemacht wurde.
Kurz nach Acht kamen wir oben an. Unsere Räder stellten wir im Hof ab. Georg und ich setzten uns dann auf eine Bank, von der man einen guten Blick über die Hügel hatte.
Die Messe hatte schon begonnen, als wir die Kirche betraten. Ein Student aus dem Priesterseminar, der sich kurz vor der Matura entschlossen hatte, Priester zu werden, sprach. Mir imponierte die Überzeugung, mit der er die Sache vertrat. Hinterher bei der Agape kamen wir dann mit ihm ins Gespräch.
Ich sah übrigens eine Menge Bekannte von der Spanienwallfahrt im letzten Jahr: Karl und Julian sowieso, Petra, Herbert, Beate, Klaus, Gerald, Rita, Ilga und Ewald.
Wir übernachteten in den Schlafräumen des Jugendzentrums. Das kostete 70 Schilling pro Nacht und Nase. Vor dem Schlafengehen lud uns Julian auf ein Abendessen in der Küche ein. Wir frischten Spanienerinnerungen auf."

Kapitel 18.: Sonnabend, der 29. Juni 1996

"Am Morgen versammelten wir uns zum Morgenlob in der spartanisch eingerichteten Hauskapelle. Eine Ungarin namens Judit war auch mit dabei. Sie hält sich zurzeit in Österreich auf, um besser Deutsch lernen zu können. Wir lernten sie beim Frühstück etwas näher kennen. Julian ging schon eher weg, da er einen Termin hatte. Wir wuschen allein ab.
Ich versuchte, unten von der Telefonzelle aus zu Hause anzurufen, aber das Gerät funktionierte nicht. Ich hörte immer nur das charakteristische Tuten für: 'Kein Anschluss unter dieser Nummer.'

Dann starteten wir wieder. Die Fahrt lief bequem an, da wir uns erst einmal den Oberleiser Berg hinunterrollen lassen konnten.

Kurz vor Staatz, hier finden jährlich Karl-May-Festspiele wie in Radebeul statt, trafen wir 'Radfahrerkollegen', die sich im Schatten unter Bäumen am Rande der Straße ausruhten. Wir kamen miteinander ins Gespräch.

In Staatz kauften wir in einem kleinen Lebensmittelgeschäft etwas zum Essen ein und machten dann auf einer öffentlichen Bank provisorisch Mittagessen.

In Neudorf entdeckten wir eine Telefonzelle. Ich telefonierte mit Zuhause.

Dann ging es den Falkensteiner Berg hinauf, der sich ganz schön in die Länge zog. Auf der Spitze hatte man einen schönen Blick auf die Burg Falkenstein.
In Falkenstein zeigte uns Georg auf dem Friedhof ein Grab seiner Vorfahren.

Die nächste größere Pause legten wir in Herrnbaumgarten ein. Wir besuchten den 'Künstlerheurigen', um ein Glas Traubensaft zu trinken. Hier fanden bis vor kurzem immer die 'Kunstdüngerfeste' der Katholischen Jugend statt. Eine weitere Besonderheit des Ortes ist der 'Verein zur Verwertung von Gedankenüberschüssen', der ebendiese Gedankenüberschüsse in einem 'Nonseum' präsentiert.

Als 'letzter Punkt der Tagesordnung' ging es nach Großkrut. Georgs Vater stammt von dort, eine Tante und eine Großmutter leben noch dort. Gegen Dreiviertel Sechs rollten wir über die lange Hauptstraße in den Ort ein. Georgs Tante hatte uns schon im Pfarrhof ein Nächtigungsquartier reserviert. Wir erreichten den Pfarrer noch kurz vor dem Messbeginn. Er zeigte uns die Räumlichkeiten. Wir durften uns in der Bibliothek häuslich niederlassen.
Dann gingen auch wir hinüber in die Kirche. An diesem Tag fand im Ort eine 'Jahrgangsfeier' statt. Alle Geburten des Jahres 1936 waren eingeladen. Georgs Tante war auch dabei.
Nach der Messe suchten wir sie, aber im Gedränge fanden wir sie nicht. Wir trafen sie erst später wieder im Pfarrhof. Sie hatte schon ganz ausgezeichnet für die Bewirtung gesorgt – eine Menge Brot, Wurst, Käse, Schinken, Wein, Wasser, Kekse, Salzstangen und Chips standen bereit. Wir holten uns Heurigenbänke aus der Garage und stellten sie im Hof auf – bis es anfing zu regnen. Da verlagerten wir den Standort fluchtartig in eine kleine Halle im Haus. Wir saßen dann bis in die Nacht hinein mit dem Pfarrer und Georgs Tante zusammen beim Essen und unterhielten uns. Der Pfarrer kannte übrigens Weimar und Paulinzella gut. Zu Beginn der Siebziger Jahre war er das erste Mal in der Gegend. Geschlafen haben wir in der Bibliothek."

Kapitel 19.: Sonntag, der 30. Juni 1996

"Der Tag begann mit einem Morgenlob vor den blühenden Rosen im Pfarrgarten. Danach frühstückten wir und beseitigten unsere 'Spuren' von gestern.
Wir verabschiedeten uns vom Pfarrer und fuhren los. Wir besuchten Georgs Tante und Großmutter und blieben etwa eine Stunde dort. Sie gaben uns einen Kuchen mit auf den Weg.

Gegen Mittag trafen wir in Herrnbaumgarten Bernhard Tumpel, den Sohn von Geografielehrer Tumpel. Er konnte erst zu diesem Zeitpunkt zu unserer Runde dazu stoßen, da er am Vortag zur Hochzeit eines Verwandten in Amstetten eingeladen war. Irgendetwas hatte mit dem Timing nicht geklappt, er war jedenfalls ziemlich angefressen.
Plötzlich fing es an zu regnen. Wir gingen in ein Lokal. Da es ohnehin schon Mittagszeit war, bestellten wir uns gleich etwas. Uns bediente eine Tschechin, die fast kein Deutsch verstand. Bernhard wollte sich übrigens unterwegs mit einem Freund treffen, der ebenfalls Interesse an der Wallfahrt gezeigt hatte, aber er war nicht gekommen.

In Poysdorf wollte uns Marlene mit dem neuen Vikariatsjugendseelsorger bekanntmachen, der ab Herbst das Amt von Karl Herz übernehmen wird, welcher zum Bundesjugendseelsorger aufgestiegen war. Der Nachfolger, Ernst Steindl mit Namen, schlief gerade, wie man uns sagte. Pech gehabt.
Plötzlich fing es wieder an zu schütten. Wir suchten ein Café auf, stellten unsere Räder in einem Fahrradschuppen davor unter. Dann setzten wir uns rein, bestellten uns irgendetwas. Wir wurden total hysterisch, als wir einige - für unsere Begriffe - merkwürdig ausschauende Leute draußen vor dem Fenster herumschleichen sahen, da wir bereits von den organisierten Banden von Fahrraddieben gehört hatten.
Poysdorf verfügt auch über eine Bründlkapelle. Sie liegt etwa zwei Kilometer außerhalb des Ortes. Wir fuhren mit den Rädern hin. Die Kirche war riesig im Vergleich etwa zur Pulkauer Kapelle.
Wir beteten drinnen ein paar Psalmen. Dann geschah ein Wunder, das heißt, das Wunder zeigte sich erst am nächsten Tag. Georg hatte eine Wucherung am Finger, es sah so aus, als ob sie weggeschnitten werden müsste. Als wir das Bründl entdeckten, es lag ziemlich versteckt hinter der Kapelle, wusch er die Hand in dem Wasser, und siehe da, schon am nächsten Tag bildete sich die Missbildung zurück.

Der nächste Haltepunkt war Neudorf bei Staatz. Dort besuchten wir eine Freundin von Marlene, die auf einem aufgelassenen Bauernhof lebt. Nach einer Jause führte sie uns durch die Gemeinde. Unter anderem zeigte sie uns das heute sehr verfallene Barockschloss Kirchstetten, in dem Bertha von Suttner einige ihrer Manuskripte verfasste. 1998 soll hier die Niederösterreichische Landesausstellung 'Frauen im Krieg – Frauen im Frieden' stattfinden.
Weiter ging es in die romanische Filialkirche Hl. Geist. Bernhard spielte uns etwas auf der 1826 entstandenen Orgel von Ignaz Reinhold vor. Auf dem Friedhof vor der Kirche sind einige Angehörige der Familie Suttner begraben.

Endstation für diesen Tag war Laa an der Thaya. Hier übernachteten wir wieder im Pfarrhof. Wir bekamen ein Quartier im Jungscharraum zugewiesen. Nach dem Quartierbezug telefonierte Bernhard ziemlich lange mit Zuhause, wir warteten derweil im Hof.
Danach gingen wir in einen Biergarten in der Stadt. Der Raum, in dem wir saßen, war allerdings überdacht und trug den Namen 'Garten' nicht so ganz zu Recht. Etwas 'botanische Atmosphäre' brachte der viele Efeu hinein, der an den Wänden emporwucherte."

Kapitel 20.: Montag, der 1. Juli 1996

"Ich erwachte als Erster von uns vieren. Draußen regnete es in Strömen.
Als zweite erwachte Marlene. Wir gingen zusammen Frühstück besorgen. Der Bäcker, bei dem wir einkauften, hieß auch Landmann, so wie Marlene.
Als wir zurückkamen, schlief Georg noch. Ich hielt ihm das duftende Gebäck direkt unter die Nase, um ihn zum Aufstehen zu motivieren.
Nach dem Frühstück sahen wir uns die Kirche an, gingen in ein Cafe (Hier gab es zum Kaffee Zuckertüten für bestimmte Sternzeichen.) und fuhren los.

Hinter dem Ort machten wir einen kleinen Abstecher nach Hanfthal, drehten eine Runde und kehrten wieder zurück auf die B 45 Richtung Pulkautal.

Am Nachmittag wurden wir in Haugsdorf bei der Familie Landmann wieder bestens bewirtet.

Zwischenstation auch in Jetzelsdorf. Wir schauten uns eine Kapelle in der Nähe der Kellergasse an, die durch Privatinitiative der Dorfbevölkerung wieder instandgesetzt wurde. Dann wurden wir von einem Winzer namens Neuwirth zu einem Glas Wein eingeladen.

In Kleinriedenthal trennte sich Bernhard von uns und fuhr allein weiter.

'Offizielle Verabschiedungszeremonie' war dann im Retzer Pfarrhof. Ich fuhr das geborgte Rad von Georg noch bis vor die Tür von Dostals Haus, verabschiedete mich dort von Georg und ging zu Fuß nach Hause."

Kapitel 21.: Dienstag, der 2. Juli 1996

"Heute Nachmittag waren Mutter und ich zu Josepha vom EFEU-Verein in ihrem Garten hinterm Haus zum Kirschenpflücken eingeladen. Hinterher setzten wir uns zu einer Tasse Kaffee auf die Terrasse.

Den Abend verbrachte ich im Jugendraum im Pfarrhof. Unsere Runde bestand aus Cornelius, Antonia, Pastoralassistentin Marlene, Georg, Isolde und Paula. Wir spielten das Enagramm-Spiel."

Kapitel 22.: Donnerstag, der 4. Juli 1996

"Heute Nachmittag trafen wir uns wieder im Jugendraum. Isolde, Paula und Cornelius gingen Farbe für die Renovierung des Raumes einkaufen. Antonia, Georg und ich besprachen derweil die geplante Bergwanderung."

Kapitel 23.: Freitag, der 5. Juli 1996

"Heute kam eine Delegation aus der hessischen Partnerstadt Hainburg in Retz an. Anlass für das Treffen war das 20-jährige Jubiläum der Verschwisterung zwischen den beiden Städten. Der Bus traf Punkt Neun Uhr auf dem Hauptplatz ein, ich wartete schon seit Um Acht im Althof. Ich kam gerade aus der Marktpassage zurück, wo ich etwas Gebäck gegen den Hunger geholt hatte, als ich den Bus neben der Apotheke sah.
Im Althof gab's dann auf der Terrasse ein Frühstück. Ich wurde auch eingeladen. Ich kam recht schnell mit den Leuten an meinem Tisch ins Gespräch. Ich erzählte das Übliche, über meine Herkunft und das Wesentlichste über die 'Bezirksnachrichten'. Danach schoss ich im Hof ein Gruppenfoto. Ich hatte zwei Kameras umhängen, da ich auch für die Leute am Tisch eine Aufnahme machen sollte.
Die Gäste waren entweder privat oder im Althof untergebracht.

Am Abend fand um 19:00 Uhr im Ratssaal ein Festakt statt. Die beiden Bürgermeister sprachen. Die Geschichte der Partnerschaft ließ man noch einmal Revue passieren. Auch so manch selbstkritisches Wort für den im Laufe der Jahre erlahmten Eifer fand sich. Personen, die sich um die Verschwisterung besonders verdient gemacht hatten, wurden mit Kunstdrucken geehrt. Der Hainburger Bürgermeister Bessel bekam das Goldene Ehrenzeichen der Stadtgemeinde Retz überreicht, so wie es kürzlich in der Gemeinderatssitzung beschlossen wurde. Konditormeister Wiklicky spendierte für jeden deutschen Gast eine Packung seiner 'Retzer Taler'. Für die musikalische Umrahmung der Veranstaltung sorgte ein Querflötenquartett unter der Leitung von Sonja Wurm. Hinterher gab's dann im Stadtsaal im Althof ein großes Gelage. Musik durfte natürlich nicht fehlen – das 'Windmühlenecho' und der Männergesangsverein traten auf."

Kapitel 24.: Sonnabend, der 6. Juli 1996

"Seit heute verfügt das Schwimmbad Retz über zwei neue Tischtennistische. Die Weinviertler Sparkasse stellte für diese Anschaffung die Summe von 39.000,-- Schilling zur Verfügung.
Zur Einweihung im Schwimmbad am Nachmittag fanden gleich ein paar 'Turniere' von lokalen Promis statt.
Es war Gluthitze während der Veranstaltung.

Am Abend wurde im Althof der 3. Retzer Musiksommer eröffnet. Vor zwei Jahren wurde die Veranstaltungsreihe von den Stadtkapellenmitgliedern Gerhard Altmann und Ida Ruberl ins Leben gerufen. Die Stadtkapelle Hollabrunn trat auf. Hinterher gingen Mutter und ich in den 'Goldenen Hirsch' einen Eiswein trinken."

Kapitel 25.: Sonntag, der 7. Juli 1996

"Heute Morgen in aller Frühe wurden auf dem Hauptplatz die Hessen verabschiedet. Es gab viel Lob vom Bürgermeister Bessel für meine Pressetätigkeit, er meinte, so eine aktive Presse hätten sie daheim nicht!
Sagt jemand aus dem deutschen Musterbundesland Hessen!

Kapitel 26.: Mittwoch, der 10. Juli

"Heute Abend, 19:00 Uhr, ging ich zur Gemeinderatssitzung, um darüber zu berichten."

Kapitel 27.: Freitag, der 12. Juli

"Am Vormittag hatte ich Verkaufsdienst im EFEU-Laden.

Am Abend wurde im Cafe Wiklicky eine Vernissage anlässlich der Feierlichkeiten des 75-jährigen Stiftungsjubiläums der Rugia Retz eröffnet. Gezeigt wurden Bilder aus dem gesellschaftlichen Leben der Rugen. Die Eröffnungsansprache hielt ein Rugia-Mitglied namens Brunner.
Nach dem offiziellen Teil 'schoss' ich ein neutrales Bild von Herrn Wiklicky fürs Pressearchiv."

Kapitel 28.: Sonnabend, der 13. Juli

"Heute Abend fuhr ich mit Friederike Koran von der Katholischen Frauenbewegung zur Fatimafeier am Pulkauer Bründl. Ich traf wie jedes Mal die Familie von Georg dort.
Pater Markus Klammer leitete die Feier. Ihm zur Seite standen dabei ein Pater von den Znaimer Dominikanern sowie ein tschechischer Jungpriester und ein Jungpriester aus Rumänien, der die Primiz spendete.
Hinterher fand sich dann noch eine recht interessante Runde im Lusthaus zusammen: Pater Markus, die beiden Tschechen, das Ehepaar Fehringer, welches die Anlage ehrenamtlich betreut, der alte Küster mit Vornamen Leopold, Friederike Koran und meine Wenigkeit."

Kapitel 30.: Dienstag, der 16. Juli

"Heute Nachmittag kam 'Radio 4/4' nach Retz in den Stadtsaal. Die Sendereihe von Radio Niederösterreich zieht ähnlich wie ein Frühschoppen von Ort zu Ort.
Hannes Wolfsbauer moderierte. Interviewt wurden von ihm Althofgeschäftsführer Gottlieb Steirer, 'Tourrrrrrrrrrrismusstadtrrrrrrrrrrrrat' Reinhard Gruber, Vizebürgermeister Karl Pfand, Tourismusschuldirektor Prof. Mag. Hermann Wührleitner, Ex-Tourismusvereinsobmann Karl Trnka, Obmann Peter Schnabl als Vertreter der Weinbauern, 'Fahrrad-Guru' Fritz Kurtl - sprach über sein Fahrradmuseum, Winzer Theodor Paier - sprach über Weinvermarktung, sowie der Kleinriedenthaler Ortsvorsteher Emmerich Senkfrieden, der über die Jagd in der Region berichtete.
Musikalische Gäste waren der Männergesangsverein, 'A quattro voci', eine Art Spin-off aus der Stadtkapelle, und die 'Wechsellandvagabunden' aus Aspern am Wechsel.
Zwischen den Beiträgen wurden die Tonbandmitschnitte von einer Führung durch die Rathauskapelle mit Frau Schulrat Löscher und durch die Windmühle mit Herrn Pokorny gesendet.
Der Sender hatte einen Souvenir-Shop aufgebaut. Ich kaufte hinterher zwei Kugelschreiber, einen Flaschenöffner und eine Tasche mit ORF-Emblem und nahm Aufkleber und ORF-Grußkarten, eine mit den Portraitfotos der '4/4'-Moderatoren und eine mit einem Pop-Art-Gemälde, mit. Des Weiteren bekam jeder Kaufinteressierte ein aktuelles Gratisexemplar der 'Presse' überreicht. Ich nehme an, die haben gesponsert."

Kapitel 31.: Mittwoch, der 17. Juli

"Heute Abend ging ich zu einer Lesung in das Althof-Restaurant. Prof. Otto Staininger trug Texte aus seinem neuen Buch 'Widerwitzig. Karikatur und Wortwitz nach der Wende' vor. Kulturstadtrat Helmut Wiesmann eröffnete den Abend. Eine Bemerkung gefiel mir besonders gut: 'Der Kommunismus ist tot, aber keiner hat seine Leiche gefunden.' Hinterher gab's wie immer ein gutes Buffet."

Kapitel 32.: Sonnabend, der 20. Juli 1996

"Heute Abend brachen wir auf zur Bergwoche in die Alpen. Kurz nach Sieben klingelte Johannes bei mir. Wir gingen gemeinsam zum Bahnhof. Dort waren schon alle sonstigen Reiseteilnehmer versammelt: Pastoralassistentin Marlene, die das Ganze leitete, Antonias 27-jährige Schwester Sandra, Antonia, Georg und Cornelius. Sechs Minuten vor Halb Acht ging es los Richtung Wien. Unterwegs bewirtete uns Georg mit Blaubeerkuchen, den er von zu Hause mitgenommen hatte. In Wien fuhren wir mit der U6 weiter zum Westbahnhof. Wir hatten nun eine Menge Zeit, denn der Zug fuhr erst um 22:30 Uhr weiter. Wir setzten uns in ein Lokal gegenüber.
Gegen 22:00 Uhr gingen wir dann rüber zum Bahnhof. Wir suchten unseren Schlafwagen auf und los ging's."

Kapitel 33.: Sonntag, der 21. Juli 1996

"'Wir sind in Stänt'n!' weckte uns an diesem Morgen Johannes. St. Anton am Arlberg. Ich hatte kaum schlafen können. Entweder das Bett quietschte oder die orangeroten Lampen in den Bahnhöfen blendeten oder die 0,3 Liter-Mineralwasserflaschen auf dem Fensterbrett, ein Service der Bahn, klimperten. Wenigstens konnte ich liegen.
Im Zug bekamen wir ein Frühstück serviert.
Ein Blick aus dem Fenster versprach bestes Wetter. Unser Ziel war Feldkirch. Am Bahnsteig empfing uns Peter, ein Bekannter Marlenes. Er führte uns zu seiner Wohnung, direkt gegenüber der Schattenburg, dem Wahrzeichen der Stadt. Er kochte uns allen Tee.
Anschließend zeigten er und Marlene uns die Stadt. Ich entdeckte unterwegs ein Firmenschild, das mich zum Lachen brachte. Da hieß ein einheimischer Geschäftsmann doch tatsächlich Martin T r e u h a n d. Da war die erste Assoziation natürlich die Zeit nach der Wiedervereinigung.
Nach einer Besichtigung der Schattenburg ging es wieder zurück zur Wohnung, wo wir die Rucksäcke in zwei Autos verstauten.
Marlene und ihr Bekannter fuhren uns dann bis hinter Brand, dem Fußpunkt der Lünerseebahn, einer Seilbahn. Eine Art Parkplatzwächter mitten auf der Straße winkte uns beim Ankommen zur Seite, da im hinteren Bereich der Parkzone schon keine freien Plätze mehr vorhanden waren. Mit mir im Auto saßen übrigens Georg, Johannes und Antonia. Wir kamen als Erste oben an.
Marlenes Bekannter verabschiedete sich von uns. Dann wagten wir den Aufstieg zur Douglasshütte in der Höhe von 1.976 Metern.
Oben am Ufer des Lünersees warteten wir auf die Nachkommenden und machten Mittagspause. Ich holte mir im Restaurant zu trinken, kaufte Ansichtskarten. Dann marschierten wir um den See herum, pausierten an einer kleineren Hütte am anderen Ufer des Sees.
Nun stand uns das Schwierigste bevor: Der Aufstieg zur Totalphütte. Sie lag in einer sehr unwirtlichen Region der Alpen. Vegetation gab es überhaupt keine mehr, der Weg führte durch Schneefelder und Geröllwüsten. Es war auch schon merklich kälter.
Oben angekommen, stellten wir unsere Rucksäcke im Schlafraum ab und gingen hinunter in die Gaststube. Antonia und Cornelius wollten sich gegenseitig im Türmebauen, mit Bierdeckeln, Aschenbechern und Ähnlichem, übertreffen und gingen damit den Anderen ordentlich auf die Nerven. Die Abendessenpreise wurden auf einer so genannten Verzehrkarte festgehalten, beim Aufnehmen der Bestellung durch den Wirt, und mussten am gleichen Abend zusammen mit der Nächtigungsgebühr beglichen werden. Ich lernte ein typisch alpines Getränk kennen: Schiwasser. Das ist mit Sirup vermischtes Wasser.
Nach dem Abendessen bestellte Marlene eine Portion Kaiserschmarrn für alle.
Draußen vor der Tür auf einem kleinen Hügel hielten wir vor dem Schlafengehen eine provisorische Messe ab."

Kapitel 34.: Montag, der 22. Juli 1996

"Im Schlafraum war etwas Kurioses passiert. Mitten in der Nacht richtete sich Cornelius plötzlich aus dem Schlaf auf, drehte sich zu mir um, sah mich groß an und sagte: 'Auch du mein Sohn, Brutus!' Danach legte er sich wieder hin und schlief weiter.
Gleich nach dem Frühstück brachen wir auf. Westlich des Sees ging es zur Lünersee Alpe, Aufstieg zum Gaffalljoch, Abstieg zur Colrosafurka in 2.128 Meter Höhe.
Hier machten wir Pause. Wir befanden uns seit dem Abstieg auf Schweizer Staatsgebiet. Milch war hier erhältlich, auch etwas zu essen. Ich füllte meine Wasserflasche an der Tränke auf, an der das Wasser frisch aus den Bergen sprudelte.
Am späteren Nachmittag kamen wir auf der Garschinahütte an. Während des Abendessens hatte ich die Möglichkeit, die Schweizer Version des Almdudlers kennenzulernen. Schmeckte auch nicht schlecht.
Danach setzten wir uns auf eine Bank vor der Hütte und rätselten, hinter welchem Hügel die Sonne untergeht."

Kapitel 35.: Dienstag, der 23. Juli 1996

"Ich saß heute nur mit Antonia und Marlene zusammen am Frühstückstisch, da nicht alle ein Frühstück bestellt hatten.
Die Tagesroute war eine Knochen schonende. Von der Garschinahütte ging es vorbei am Partunsee zum Tilisunafürkli auf die Tilisunahütte, welche wieder auf österreichischem Boden lag. Bereits seit dem gestrigen Tag überholten uns unterwegs laufend zwei Deutsche.
Die Hütte lag direkt hinter der Grenze. Eine Innsbrucker Glockengießerei hatte auf der Demarkationslinie eine gusseiserne Grenztafel aufstellen lassen mit der Aufschrift 'Österreich' beziehungsweise 'Schweiz'.
Knapp auf der Hütte angekommen, merkte Johannes, dass er sein Portemonnaie auf der Garschinahütte liegengelassen hatte. Er marschierte sofort wieder los und kam erst am späteren Nachmittag wieder zurück. Mit dem Portemonnaie.
Der 'Rest', Marlene, Georg, Antonia, Sandra, Cornelius und ich, bestiegen dann allein einen Gipfel. Wieder auf der Hütte, bestellten wir erst einmal was aus der Küche. Ich trank ein Glas Schiwasser.
Dann gingen wir hinab zum Tilisunasee, wo wir den Nachmittag verbrachten.
Am späteren Nachmittag bewölkte es sich sehr schnell und begann zu regnen. Wir setzten uns in die Gaststube. Ich lernte an diesem Abend, wie man 'Uno' spielt."

Kapitel 36.: Mittwoch, der 24. Juli

"Der gesamte Morgen war sehr regnerisch. So spielten wir nach dem Frühstück 'Uno'. Gestern hatte ich übrigens gleich zweimal gewonnen.
In der Nacht hat sich etwas Lustiges abgespielt. Cornelius schrie urplötzlich: 'Ah, Hallo, Hilfe!' Er hatte in der Dunkelheit völlig die Orientierung verloren.
Gegen Zehn, als der Regen nachließ, brachen wir auf in Richtung Lindauerhütte. Wo wir zwischen Mittag und frühem Nachmittag eintrudelten.
Unterwegs trank ich zum ersten Mal aus einem Gebirgsbach, füllte dort meine Wasserflasche auf. Ich kannte das bisher nur aus dem Märchen, hätte nicht gedacht, dass es so etwas heute noch gibt.
Auf der Lindauerhütte bestellte ich ein Bergsteigeressen. Das war ein Teller Spaghetti mit Salat. Mir fiel auf, dass man sich zum Essen 'An Guatn' wünscht und statt 'Danke' 'Merchsi' sagt.
Am Nachmittag stiegen Johannes, Marlene, Georg und Cornelius auf die Geißspitze – und regneten ein.
Thema Wasser: Die Lindauerhütte war die erste Hütte, auf der man warm duschen konnte mit Wertmünzen für 20,-- öS das Stück. Auf Hütten unter 2.000 Meter gelten andere Bedingungen.
In dem Duschraum gab es auch eine nackte Frau zu bewundern. Ich war gerade allein in dem Raum und schon wieder beim Anziehen, als sie – noch angezogen – mit ihrem etwa achtjährigen Sohn zur Tür hereinkam. Sie war in den Dreißigern, ungefähr Einssiebzig groß, hatte goldblondes, strohiges Haar, das zur Pagenfrisur geschnitten worden war. Sie sagte 'Guten Abend' und begann sich völlig ungeniert in Gegenwart ihres Sohnes und von mir zu entkleiden.
Nach einer Weile zog sie – mir den Rücken zugewandt – ihren Slip aus und stand vollkommen nackt da. Vollkommen ungeniert zog sie im Beisein eines fremden Kerls ihr Höschen aus und stand splitternackt da! Der erste Blickfang war danach ihr auf sehr erotische Weise herunterhängendes Hinterteil. Auf das ich ihr gern ein paar Mal draufgehauen hätte.
Als sie mit ihrem Sohn in Richtung Dusche ging, sah man sie auch von vorn.
Nach dem Abendessen spielten wir 'Uno' und 'Pasch'. Wir kamen auch mit den beiden Deutschen ins Gespräch. Sie kamen aus Nordhausen."

Kapitel 37.: Donnerstag, der 25. Juli

"Heute marschierten wir von der Lindauerhütte durch die nahegelegene Obere Sporaalpe in Richtung auf das bereits sichtbare Öfajoch hinab ins Schweizer Tor, dann Aufstieg zum Verajöchli und wieder zum Lünersee, dem Ausgangspunkt unserer Reise. Irgendwo beim Schweizertor beobachteten wir ein Murmeltier.
Auf der kleinen Versorgungsstation hinter der Douglasshütte machten wir Mittagspause und berieten über das weitere Vorgehen. Wir einigten uns, uns zu trennen. Georg, Marlene, Sandra, Johannes und Cornelius würden nochmals den Aufstieg zur Totalphütte machen, von wo sie morgen die Schesaplana überqueren würden, ein Gipfel von knapp 3.000 Meter Höhe.
Antonia und mir war die Überquerung zu beschwerlich, das heißt, Antonia mussten wir erst überzeugen, dass es keine Schande ist, Schwäche auch einmal einzugestehen.
Ich ließ mir an der Hütte meine Flasche mit Schiwasser auffüllen, bevor wir aufbrachen. Wir gingen ein Stück gemeinsam um den See und trennten uns vorläufig.
Auf der Douglasshütte bekamen Antonia und ich ein Zimmer zugewiesen, in dem bereits eine niederländische Familie mit drei Kindern, zwei Jungen von etwa acht Jahren und einem ungefähr dreizehnjährigen Mädchen, untergebracht war.
Antonia ging um den See spazieren und ich ruhte mich im Zimmer aus. Ungefähr eine Stunde später kam sie zurück. Sie erzählte von einem Buch, das sie gerade gelesen hatte. Es handelte von so Sachen wie Zeitreisen, Dimensionssprüngen, in dem Roman 'Tesserung' genannt, und Bilokalität."

(Zeichenlimit erreicht, hier geht's zu Teil 2: https://www.myheimat.de/koelleda/gedanken/tagebuch-eines-sommers-teil-2-d2920162.html)

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