Der Einheitswert als Sargnagel des Bauernstandes

Hier sollen einmal die Fakten in Bezug auf die Einheitswertsituation der Bauern aufgezeigt werden, um Verständnis für eine Berufsgruppe zu fördern.

Bauernfamilien ringen sprichwörtlich um ihre Existenz und werden zu Bittstellern bei meist unerbittlichen Einkäufern und Konsumenten. Vermeintlich verkraftbare Neubelastungen führen im schlimmsten Fall zum Ende einer landwirtschaftlichen Tradition.

Die Befürworter industrialisierter Formen der Landwirtschaft werden in Hinkunft als Landschaftspfleger mit Glyphosat, etc. drübergehen und den Schein waren. Der "Yummy Chow" Snack kommt z.B. frisch aus Südafrika, die Qualitätssiegel werden hingegen weiter finanziert durch die heimischen Interessenten der Landschaftspflege. Der Landwirtschaftskammerrat kann sich noch in den Spiegel schauen?

Der Einheitswert für Bauern hat die Funktion, die Höhe der Steuern und Gebühren fair zu bestimmen. Gerechtigkeit und Gleichheit werden wohl beabsichtigt (tatsächlich?), aber nicht erreicht. Eine Erhöhung der Einheitswerte erhöht für die Bauern gleichzeitig: Grundsteuer, Grundsteuerzuschläge, Grunderwerbsteuer bei bäuerlicher Übergabe, Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung, Kirchenbeitrag, bestimmte Gebühren (Grundbucheintragungen) und auch Schul- und Heimbeihilfe.

Einheitswert-Bewertungsgesetz 1955:

- Der Einheitswert ist ein Ertragswert und kein Vermögenswert.
- Der Ertragswert ist das 18-fache des Reinertrages, den ein Betrieb seiner wirtschaftlichen Bestimmung gemäß im Durchschnitt der Jahre nachhaltig erbringen kann.
- Es ist dabei davon auszugehen, dass dieser Betrieb als schuldenfreier Betrieb mit entlohnten, fremden Arbeitskräften geführt wird.

Nur noch 3 % aller Betriebe in Ö sind in der Lage, überhaupt einen Ertragswert (Einheitswert) zu erwirtschaften. Wenn der Verfassungsgerichtshof in mehreren Fällen feststellt, dass eine Anpassung des Einheitswertes erforderlich ist, geht es um die Anpassung an die realistische Einkommenssituation. In der Realtität kommt es aber zu Erhöhungen.

Im Jahr 1988 gab es eine Hauptfeststellung der Einheitswerte, die 2001 fortgeschrieben wurde. Zudem wurde die Milchlieferung berücksichtigt und die Relationen der Vieheinheiten wurden verändert. 2010 wude das Ertragswerteprinzip fortgeschrieben und es gab keine Erhöhung der Einheitswertsumme (1,86 Mrd. landwirtschaftliche Einheitswerte in Ö). Das Bewertungssystem wurde bis dahin relativ einfach gehalten.

Der Einheitswert in Relation zu(m):

- den landwirtschaftlichen Realeinkommen: 2012 – minus 7,1%; 2013 – minus 8,8 %
- Agrarpreisindex in Bezug auf die letzten 25 Jahre: Einnahmen inkl. öffentlicher Gelder seit 1988 – plus 4 %; landwirtschaftliche Ausgaben – plus 52 %; unter Berücksichtigung der Inflation – plus 76 %

Die Feststellung neuer Einheitswerte: ein kompliziertes Bewertungssystem führt bei Ackerflächen zu teilweise massiven Erhöhungen trotz sinkender Ertragswerte. Der forstwirtschaftliche Einheitswert wurde pauschal um 10 % erhöht ebenfalls bei sinkenden Ertragswerten. Zudem werden die öffentlichen Gelder mit 13 % berücksichtigt, was zu einer Besteuerung der Förderungen führt. Aus der überdurchschnittlichen Tierhaltung sollen weitere 4 Prozent der Gesamtsumme der Einheitswerte berechnet werden. Das heißt, der Bauer muss seinen Tierbestand erhöhen, um wirtschaftlich zu überleben, gleichzeitig erhöht das die Grundlage der Steuer- und Gebührenberechnung.

Der höhere Einfluss des Vieheinheitenschlüssels trifft vor allem viehstarke Milchbetriebe. Das heißt für den zu einem guten Teil unentgeltlichen 365-Tage-Einsatz werden die arbeitenden Menschen mit höheren Abgaben bestraft. Genau diese viehhaltenden Betriebe waren in den letzten Jahren mit gravierenden Einkommensverlusten konfrontiert.

Die Einheitswerte-neu berechnen sich also aus: Natürliche und wirtschaftliche Ertragsbedingungen – 83 %; öffentliche Gelder – 13%; überdurchschnittliche Tierhaltung – 4%; zusammen – 100 %.

Die Landwirtschaftskammer als Vertretung der Bauern rechnet mit einer durchschnittlichen Erhöhung der Einheitswert um 10 %, in Einzelfällen sogar mit 40 % und mehr. Es gibt also Verlierer und große Verlierer bei sinkenden Erträgen. Das Sterben der Bauern wird damit öffentlich zelebriert und keiner geht aufs Requium. Der „Bauernstand“ wird zur Industrie weniger Großgrundbesitzer unter dem Schirm der Dreifaltigkeit: Raiffeisen, Landwirtschaftskammer und Bauernbund.

Nach der Verbeugung unterm Giebelkreuz als Unterwerfungsgeste vor einer wirtschaftlichen Elite erwachen die Bauern jeden Tag im realen Leben und fragen Euch Konsumenten: Wollt ihr in Zukunft regionale, biologische, nachhaltige Produkte?

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