Bereitschaftsdienst steht vor dem Aus

Die Hausärzte im Bezirk Ried sind im Durchschnitt 55 Jahre alt – in den nächsten Jahren rollt eine Pensionierungswelle an. | Foto: fotolia/Monkey Business
4Bilder
  • Die Hausärzte im Bezirk Ried sind im Durchschnitt 55 Jahre alt – in den nächsten Jahren rollt eine Pensionierungswelle an.
  • Foto: fotolia/Monkey Business
  • hochgeladen von Linda Lenzenweger

BEZIRK (lenz). Schon seit Jahren warnen Experten vor einem drohenden Ärztemangel. Jetzt scheint das Problem eine neue Dimension zu erreichen: In einem der drei Rieder Sprengel, Ried Mitte, steht der hausärztliche Notdienst auf der Kippe. "Innerhalb eines Jahres verliert die Stadt Ried vier Ärzte. Statt zehn müssten sich jetzt sechs Ärzte die Bereitschaftsdienste aufteilen – das funktioniert nicht", erklärt Bezirksärztevertreter Silvester Hutgrabner. Eine Alternative wäre das "Perger Modell" gewesen – von 15 Medizinern stimmte einer Umstellung jedoch nur einer zu. Das "Perger Modell", bei dem alle Sprengel zusammengelegt und nur ein Arzt mit einem Rotkreuz-Mitarbeiter den Bereitschaftsdienst für den ganzen Bezirk leistet, würde nicht das eigentliche Problem lösen: den Ärztemangel. Zudem funktioniere der Bereitschaftsdienst in den anderen Sprengeln gut. "Junge Ärzte haben einfach andere Vorstellungen, wollen nicht unter diesen unattraktiven Bedingungen Krankenkassen-Arzt am Land werden", weiß Hutgrabner. Er spricht neben der geringen Entlohnung – siehe weiter unten – auch das System an. "Früher hatte es einen hohen Stellenwert, einen Krankenkassen-Vertrag zu haben. Heute ist es eher umgekehrt. Junge Ärzte wollen keine 'Massenmedizin' mehr. Als Wahlarzt bleibt mehr Zeit für die Patienten."

Hoffnung auf Plan B
Um die medizinische Versorgung an allen Tagen auch nachts und am Wochenende aufrecht zu erhalten, wird nun bei Krankenhaus- und Wahlärzten angefragt, ob sie die offenen Dienste der pensionierten Ärzte übernehmen würden. Für Landeshauptmann und Gesundheitsreferent Josef Pühringer eine mögliche Lösung: "Es wird in Zukunft nur gehen, wenn Spitäler und der niedergelassene Bereich noch enger zusammenarbeiten. In Anbetracht der Alterung der Ärzte ist es das Gebot der Stunde." Er unterstütze sämtliche Maßnahmen in diesem Sektor, denn "die Versorgung der Patienten ist und bleibt Kernaufgabe der Politik". Bis Ende September werden die Rückmeldungen abgewartet. Hutgrabner ist skeptisch: "Wer sich bisher nicht gemeldet hat, meldet sich wahrscheinlich auch jetzt nicht mehr." Und was dann? "Sollte sich niemand finden, werden gewisse Dienste einfach nicht mehr besetzt."

Gruppenpraxen für Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Hutgrabner sieht die Politik in der Pflicht, Lösungen zu finden. "Den Versorgungsauftrag haben schließlich nicht wir. Das System ist im Umbruch, schon lange, und die Politik hinkt hinterher." Er kritisiert fehlende Strukturen, die zum Beispiel dem hohen Frauenanteil in der Medizin gerecht werden. "Mehr Gruppenpraxen mit Teilzeitmöglichkeiten würden Ärztinnen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern", meint Hutgrabner und betont: "Derweil funktioniert der Bereitschaftsdienst in den anderen Sprengeln, weil wir keine Ausfälle haben. Die Ärzte werden aber nicht jünger und es gibt keine Garantie, ob andere Gemeinden in ein paar Jahren nicht vor dem gleichen Problem stehen werden." Rund zehn Prozent aller Ordinationen in Oberösterreich sind bereits Gruppenpraxen – einem Ausbau steht laut Gebietskrankenkasse nichts im Weg. Die Anträge müssen jedoch von den Ärzten gestellt werden.

Kein Notdienst: ins Spital, zum Wahlarzt oder warten
Sollten sich keine Ärzte finden, die einen Teil der Bereitschaftsdienste im Sprengel Ried Mitte übernehmen, werden die Dienste der in Pension gehenden Ärzte unbesetzt bleiben. "Betroffene Patienten müssten im Notfall mit dem Roten Kreuz ins Spital gebracht werden, einen kostenpflichtigen Wahlarzt aufsuchen oder eben auf den nächsten Werktag warten", erklärt Hutgrabner. Zum Jahreswechsel wird es vier Ärzte weniger in Ried Mitte geben. Die Stellen sind teilweise schon seit April ausgeschrieben – gemeldet hat sich bis heute niemand. "Warum das so ist, wollen wir jetzt mit einem Fragebogen an alle Spitals- und Wahlärzte herausfinden. Fest steht: In Zukunft muss sich etwas ändern, sonst bricht die medizinische Versorgung zusammen."

ZUR SACHE
Vor rund einem Jahr wurde die Sprengelaufteilung im Bezirk Ried neu geregelt. Aus bisher fünf Sprengeln wurden drei: Ried Mitte, Ried Nord und Ried Süd.
Im Sprengel Ried Mitte erschwert eine Pensionierungswelle die Aufteilung der Bereitschaftsdienste.
Zum Sprengel Ried Mitte gehören die Stadt Ried sowie die sechs Gemeinden Tumelts-ham, Hohenzell, Neuhofen, Peterskirchen, Aurolzmünster und Eitzing.
In Oberösterreich beruht die Honorierung der Bereitschaftsdienste nachts sowie am Wochenende auf zwei Komponenten: einer Pauschale, je nach Sprengelgröße zwischen 155 und 350 Euro, sowie einem leistungsbezogenen Honorar für die tatsächlich betreuten Patienten und die Leistungen an diese.

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Ried auf MeinBezirk.at/Ried

Neuigkeiten aus Ried als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Ried auf Facebook: MeinBezirk.at/Ried - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Ried und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.