Minderjährigen Flüchtlingen eine Familie geben

Bei Familie Tews/Halbmayr wird gemeinsam gegessen. Einer der Jungs hat gekocht.
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BEZIRK, OBERKAPPEL (wies). Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – im Behördenjargon kurz "UMF" genannt – sind in der Realität Kinder und jugendliche Asylwerber, die alleine nach Österreich geflohen sind. Die rechtliche Vertretung übernimmt die Kinder- und Jugendhilfe der Bezirkshauptmannschaft. Die Behörde sucht auch die Pflegefamilien aus und prüft deren Eignung.

Lebensrhythmus fehlt
Yusuf (13), Ismael (15), Mohammad (17) und Ramazan, geschätzt 18, haben derzeit im Haus von Andrea Tews in Karlsbach ein neues Zuhause gefunden. "Sie waren auf der Flucht und dadurch lange nicht in einer Schule. Dieser Lebensrhythmus ist für junge Menschen enorm wichtig", sagt Tews. Yusuf besucht die Schule in Hofkirchen, für die anderen drei hat Tews sich intensiv um eine Lehrstelle bemüht. Ramazan wird Kochlehrling, Mohammad ist Tierpflegerlehrling bei ihr und "wenn alles gut geht und alle bürokratischen Hürden überwunden sind, wird auch Isamael Kochlehrling", sagt Tews.

Ihnen Struktur geben
Die Pflegefamilie versucht, ihnen Struktur und Halt im Leben zu geben. "Ihre persönlichen, schlimmen Geschichten, die sie im Krieg und auf der Flucht erlebt haben, sind für mich nicht vorrangig. Wenn sie erzählen möchten, ist das okay, wenn nicht, auch", sagt Tews. Sie und ihr Mann wollen den Buben, während sie hier leben, gute Freunde sein. Denn Mutter oder Vater können und wollen sie nicht ersetzen. Ungewiss ist, wie lange die Burschen hier sein werden. Gibt es vielleicht Familienzusammenführungen, weil sie auf der Flucht getrennt wurden? Finden sie ihre Eltern wieder? – Bis dahin springt Tews ein.

Tiere verbinden
Ein guter Brückenbauer zwischen den Kulturen sind Tiere. Sie helfen, erlebte Traumata zu verarbeiten. Tews erklärt: "Ich kann einen fremden 15-jährigen Buben nicht in den Arm nehmen und trösten, aber wenn ich ihm ein Katzenwelpen in die Hand drücke, funktioniert das", sagt Tews. Sprachbarrieren werden einfach überwunden – man hilft sich mit Pantomime. Wichtig sind die Mahlzeiten, zu denen die Familie an einem Tisch zusammenkommt. Oft wird gemeinsam gekocht, Deutsch gelernt oder etwas unternommen. Jeweils zwei Buben teilen sich ein Zimmer.
Seit 23 Jahren ist Andrea Tews selbst Mutter, seit 2010 Krisenpflegemutter. Sie hat seither schon viele Kinder kurz- oder langfristig begleitet. Vom Baby bis zum Kleinkind oder wie jetzt minderjährige Flüchtlinge. "Es ist jeden Tag spannend, tiefer in eine neue Kultur einzutauchen und etwas Neues kennenzulernen", sagt Tews. "Aber auch anstrengend, wenn man zum Taxiunternehmen wird."

Kein Mopedführerschein
Zweimal täglich zum Lehrplatz fahren, zum Deutschkurs nach Linz, zum Fußballtraining zu unterschiedlichen Zeiten etc... Ärgern muss sich Tews auch über Irrsinnigkeiten: "Sie dürfen keinen Mopedführerschein machen, weil sie keine Geburtsurkunden haben." Dafür hat sie bei Landesrat Anschober vorgesprochen, der zugesagt hat, sich um eine Lösung zu bemühen. "Nicht die Buben sind das Anstrengendste, sondern die bürokratischen Hürden und viele unverständliche Regelungen", resümieren Andrea Tews und Gottfried Halbmayr.

Zur Sache:

Pflegefamilien, die unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge aufnehmen wollen, sind im Bezirk Rohrbach nach wie vor gesucht. Mit den eigenen Kindern dürften maximal vier minderjährige Kinder in einer Familie leben. Für jedes Flüchtlingskind haben die Pflegeeltern Anspruch auf Pflegekindergeld und Bekleidungsbeihilfe. Details erfahren Sie auf der Bezirkhauptmannschaft: 07289/8851.

Am Donnerstag, 14. April, gibt es in der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach ein Vernetzungstreffen für ehrenamtlich tätige Personen, die Asylwerber helfen.

Bei Familie Tews/Halbmayr wird gemeinsam gegessen. Einer der Jungs hat gekocht.
Das gemeinsame Mittagessen ist ein Fixpunkt im Familienleben bei Andrea Tews und Gottfried Halbmayer.
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