Sie haben alle Touristen der vergangenen 30 Jahre gesehen
Janette und Patricio-Antonio verkaufen seit 32 Jahren Armbänder, Ohrringe und Haarspangen mitten in der Getreidegasse.
"Von uns beiden bin ich die Ausländerin", lächelt Janette – sie ist Schweizerin, ihr Mann in Chile geboren und österreichischer Staatsbürger. Genau genommen ist er ein vom österreichischen Bundespräsidenten ausgezeichneter Österreicher. Vor 16 Jahren hat er die goldene Verdienstmedaille erhalten, weil er als guter Beobachter sehr viele Hinweise zur Aufklärung von Taschendiebstählen in der Getreidegasse liefern konnte.
Aber nicht nur Taschendiebe – oder eine "Kartenleserin", die gerade Passanten anspricht – haben Patricio-Antonio und Janette in den 32 Jahren zu Gesicht bekommen. Neben Promis wie Prinz Charles oder Carlos Santana sind es vor allem die Salzburger selber und natürlich die Salzburg-Besucher aus aller Welt, die die beiden beobachten. "Früher sind die Salzburger in die Getreidegasse gekommen um zu schauen, wie schön die Italiener angezogen sind. Während der Festspielzeit sind hier viele Künstler durchspaziert, Rolando Villazón und auch noch Anna Netrebko. Aber das hat sich verändert. Statt Italienern, die eine Rarität geworden sind, sind es nun koreanische, indische Touristen, US-Reisegruppen, sehr viele Chinesen und arabische Individualtouristen, die sich durch die Getreidegasse schieben", erklärt Janette. "Die Stadt schaut brechend voll aus und auch die Nächtigungszahlen stimmen. Aber diese Gäste kaufen nichts." Nicht einmal der Sohn der thailändischen Königin Sirikit habe bei seinem Besuch des Standes vor einigen Jahren etwas gekauft. Die Gasse habe an Glanz eingebüßt, an Charme verloren. Das spüre man auch beim Geschäft: "Wir haben Produkte, die man sich wünscht, aber nicht braucht."
Mit den neuen Touristen machen Patricio-Antonio und Janette aber auch neue Beobachtungen: Arabischen Touristen, Paare, die wahrscheinlich auf Hochzeitsreise sind, sehen wir oft. Am ersten Tag gehen die Frauen verschleiert, am zweiten vielleicht nur mehr mit Kopftuch, am dritten Tag fehlt auch das Kopftuch und am vierten sieht man sie Hand in Hand mit ihrem Mann", beschreibt Patricio-Antonio.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.