Roma gegen das Vergessen

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SALZBURG (ck). "Diese sogenannten Künstler sind sowieso die größten Arschlöcher Österreichs. Eine schwule Brut", hieß es kürzlich auf der Facebook-Seite des Salzburger Literaturhauses. "Anlass zu diesem Hassposting war unser offenes Engagement gegen Rechtspopulismus. Mit so etwas hatten wir eigentlich nicht gerechnet. Das ist neu für uns. Es zeigt uns aber wie wichtig das ist, was wir tun. Noch ein Grund mehr dafür, dass ich mich besonders freue, heute diesen Abend für Ceija Stojka im Literaturhaus begehen zu dürfen", beginnt Tomas Friedmann - Geschäftsführer vom Literaturhaus Salzburg - seine einleitenden Sätze. Am Abend des 4. Mai eröffnete man dort mit "Während des Gehens verloren wir unser Gesicht" eine Ausstellung der Künstlerin Ceija Stojka.

Von Geburt an ausgegrenzt

Als 1933 in der Steiermark geborene Roma - welche dazumal gemeinsam mit den Sinti abwertend Zigeuner betitelt wurden - war es ihr verboten eine Schule zu besuchen und mit neun Jahren wurde sie nach Auschwitz deportiert. Während von den etwa 200 Mitgliedern ihrer Familie bestenfalls ein halbes Dutzend den faschistischen Terror überlebte, konnte sich Ceija Stoijka durch drei Konzentrationslager retten. Später beschrieb sie den Überlebenskampf mit eindringlichen Szenen davon, wie Häftlinge verzweifelt den Morgentau vom Stacheldraht lecken oder eine Mutter ihrem Kind den Gürtel eines soeben Verstorbenen vorkaut. "Wollen wir uns wiederseh'n, müssen wir durch den Schornstein geh'n", schreibt sie und malt dazu ein Bild, auf welchem nur Rauch und darin Augen zu erkennen sind.

Dreifach diskriminiert

Während berühmte Holocaust-Überlebende wie Paul Celan und Jean Améry ihre Erfahrungen früh literarisch verarbeiteten und letztlich den Freitod begingen, versuchte Stoijka ein normales Leben in Wien zu führen. Erst als in den 1980er die "Waldheim-Affäre" ausbrach und die Mär von der "Auschwitz-Lüge" immer weitere Kreise zog, entschloss sich auch Stoijka mit dem Erlebten die Öffentlichkeit zu suchen. Ein Novum, denn Berichte von Frauen, noch dazu Roma-Frauen, gab es kaum. "Sie war eine Romni, eine Frau und eine Künstlerin - sie war dreifach diskriminiert", so Friedmann. Tatsächlich stieß ihre Erinnerungsarbeit auf großes Interesse innerhalb und außerhalb Europas. Nebst des schriftstellerischen Handwerks entdeckte sie 1989 auf einer Reise nach Japan auch die Kunst als Mittel, den erfahrenen Schrecken auszudrücken.

Kann sich Geschichte wiederholen?

Von April bis Juli widmet sich das Literaturhaus in einem Programmschwerpunkt den Roma und Sinti. Ceija Stojkas Arbeiten können dabei bis zum 7. Juli betrachtet werden, am 10. Mai lesen zwei Roma-Autoren und diskutieren über die aktuelle Lage der Roma in Europa und am 13. Mai verbindet Harri Stojka als einer der bedeutendsten Jazz-Gitarristen Österreichs und als Neffe Ceijas, Literatur mit Musik. Zwar ist Ceija Stojka 2013 in Wien verstorben, doch leben ihre Texte, ihre Bilder und ihr Auftrag die Menschen aufzuklären, damit sich die Geschichte nicht wiederholt, beständig fort. Denn gerade dieser Tag ist ein Satz Ceijas Stojkas aktueller denn je: "Ich habe Angst, dass Europa seine Vergangenheit vergisst und dass Auschwitz nur schläft."

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