Geschwindigkeit ist nicht alles, Qualität der Entscheidungen zählt

Landesverwaltungsgerichtshof-Präsidentin Claudia Jindra-Feichtner
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Das Landesverwaltungsgericht (LVWG) gibt es seit Anfang 2014. Haben sich die Bürger damit angefreundet?
CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER:
Nachdem wir noch so neu sind, gibt es natürlich Berührungsängs- te. Manchen haben das Gefühl, sie müssen nun zu 'Gericht', wenn sie eine Verwaltungsbeschwerde einlegen. Aber wir erhalten sehr positive Rückmeldungen. Unsere Entscheidungen werden als sehr rasch wahrgenommen und in ihrer Qualität gelobt.

Was sind die Aufgaben des LVWG?

CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Wir sind die zweite Instanz für alle Verwaltungsverfahren im Bundesland Salzburg. Wir haben jene Aufgaben übernommen, die bis Anfang 2014 auf den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) und Landeshauptmann oder Landesregierung oder Ministerien aufgeteilt waren. Wir haben am 1. Jänner 2014 natürlich nicht bei Null angefangen, sondern auf die Strukturen des UVS zurückgegriffen. Wir sind das Beschwerdegericht – unabhängig und weisungsfrei.

Wenn Sie sagen, Ihre Entscheidungen werden gelobt: Von wem? Von den Bürgern oder von den Gemeinden?
CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Von beiden. Wir erklären im Bedarfsfall auch vor Fachpublikum und Behördenvertretern, wer wir sind, was wir machen und wie man etwa Akten bei uns vorlegt. Da haben wir auch etwas davon. Es ist ja eine Kooperation. Und natürlich geben wir auch Bürgern Auskunft, aber wir sind keine Rechtsberatung. Denn dann würden wir unsere Unabhängigkeit im Verfahren verlieren.

Wäre ein Gerichtstag – so wie am Landesgericht – eine Option?

CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Das ist eine Frage der Struktur. Ein Beispiel: Ich habe sechs Baurechtsexperten. Angenommen, einer von ihnen gäbe einem Bürger eine Auskunft, sein Verfahren würde aber bei einem anderen landen, und die Entscheidung würde anders ausfallen. Ich bin nicht sicher, ob der Bürger sehr viel davon hätte. Denn im Licht voller Akteneinsicht sieht ein Fall ja oft anders aus als die Antwort auf eine kurze Frage.

Was hat sich mit dem LVWG für den Bürger verbessert?

CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Den größten Vorteil sehe ich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Der Bürger kann seine Beschwerde selbst vortragen. Das ist ein großer Vorteil gegenüber einem reinen Aktenverfahren.

In welchem Bereich gibt es die meisten Beschwerdeverfahren?

CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Im Verkehrsbereich, bei Verkehrsstrafen und Verkehrsanlagen. Das macht etwa die Hälfte unserer Verfahren aus. Beim UVS waren das noch drei Viertel. Verändert hat es sich deswegen, weil wir viele Bereiche dazu bekommen haben, wir sind breiter georden. Das Medizinrecht oder das Staatsbürgerschaftsrecht etwa, aber auch den Bereich Mineral- und Rohstoffgewinnung oder das Wasserrecht.

Wie hat sich die Verfahrensdauer entwickelt?
CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Im UVS hatten wir eine durchschnittliche Verfahrensdauer von 150 Tagen, jetzt liegen wir bei 130 bis 135 Tagen. Wir waren also immer schon gut unterwegs. Geschwindigkeit ist aber nicht alles. 93 Prozent unserer Entscheidungen sind endgültig. Nur sieben Prozent versuchen unsere Entscheidungen anzufechten. Und ich finde es auch wichtig, dass Rechtsfriede bald eintritt. Wenn sich Streitigkeiten länger hinziehen, weiß der eine nicht, ob er bauen kann und der andere weiß nicht, ob er mit seiner Beschwerde durchkommt. Eine Entscheidung – auch wenn sie nicht im eigenen Sinn gefallen ist – ist immer besser als keine Entscheidung.
Wie viele Mitarbeiter arbeiten am LVWG?
30 Richter – inklusive dem Vizepräsidenten und mir. Daneben haben wir noch 17 bis 19 Mitarbeiter für administrative Tätigkeiten und Dokumentation.

Wie hoch ist die Frauenquote?
CLAUDIA JINDRA-FEICHTNER: Ich war selbst lange Zeit Vorsitzende der Gleichbehandlungskommission und nehme das sehr ernst. Wir haben jeweils zur Hälfte Richterinnen und Richter. Wir haben auch viele Teilzeit-Richterinnen.
Brauchen wir generell eine Frauenquote für Führungspositionen?
Ja, die braucht es, auch wenn das viele nicht verstehen werden. Es funktioniert sonst einfach nicht. Es rührt sich zu wenig, wir haben trotz vollmundiger Lippenbekenntnisse immer noch überall viel zu wenig Frauen. Im öffentlichen Bereich ist ja eine Frau bei wirklich gleicher Qualifikation einem männlichen Bewerber vorzuziehen. Nur, wann ist jemand gleich qualifiziert? Das ist sehr schwammig.

Interessiert an mehr Chefinnen-Gesprächen? Hier geht es zur Interview-Reihe "Chefinnen-Gespräch".

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