Alternativen zu Schleppern? "Es gibt keine goldene Lösung"

Ruth Schöffl UNHCR-Expertin | Foto: Wolfgang Voglhuber
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Grenzkontrollen und verschärfte Strafen für Schlepper: Hilft das den Flüchtlingen?
RUTH SCHÖFFL:
Denen, die aus ihren Ländern weg müssen, hilft das wenig. Denn Mauern und Zäune ändern ja nichts an den Grundproblemen, die sie überhaupt in die Flucht treiben. Für die Flüchtlinge bedeutet das: Sie müssen sich andere Wege suchen.

Welche Alternativen zu Schleppern haben Flüchtlinge?
RUTH SCHÖFFL:
Es gibt relativ wenige Alternativen. Es gibt Resettlement-Programme, mithilfe derer etwa Syrer, die in Nachbarländern gelandet sind und dort keinen ausreichenden Schutz finden weil sie zum Beispiel dringend medizinische Hilfe benötigen, die es dort nicht gibt, über UNHCR ausgewählt und in anderen Ländern untergebracht werden. Das Kontingent beträgt aber nur 80.000 bis 90.000 weltweit. Wenn man weiß, dass rund vier Millionen Syrer in Nachbarländern sind, dann zeigt das die Dimensionen recht gut. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der legalen Familienzusammenführung. Dazu muss aber ein Mitglied aus der Kernfamilie – ein Elternteil oder ein Kind – bereits als anerkannter Flüchtling in einem EU-Land leben und diese Familienzusammenführung muss aus eigener Kraft finanziert werden.

Welche Möglichkeiten haben Flüchtlinge, per Flugzeug in die EU zu kommen?
RUTH SCHÖFFL:
Die Fluglinien sind nach einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2001 dazu verpflichtet, streng zu kontrollieren, dass Einreisende in den Schengenraum über gültige Visa verfügen. Tun sie das nicht, dann müssen sie für die Kosten von Aufenthalt und Rückreise dieser Menschen aufkommen.

Unsere Politik sorgt also dafür, dass Flüchtlingen kaum Alternativen zur Flucht mithilfe skrupelloser Schlepper haben?
RUTH SCHÖFFL:
Ja, das liegt sehr stark an der EU-Politik, aber teilweise auch am Fluchtland selber, etwa, weil es gar keine Möglichkeit gibt, zum Flughafen zu gelangen. Aber selbst aus einem Nachbarland – wie im Fall Syrien Jordanien, Libanon oder der Türkei – können Asylwerbende nicht einfach per Flugzeug in die EU reisen. Sie müssen über den gefährlichen Land- und Seeweg reisen.

Wie sinnvoll wäre es, die von Ihnen zitierte EU-Richtline für bestimmte Herkunftsländer wie Syrien vorrübergehend auszusetzen?
RUTH SCHÖFFL:
Damit würden Fluglinien und Behörden wahrscheinlich überfordert. Man müsste daher einen Schritt früher ansetzen, indem man etwa in einem kurzen Verfahren vor Ort klärt, wer Chance auf Asyl hat und diese Personen dann per Flugzeug in die EU bringen. Alles andere wäre wie Hilfsgüter zu verteilen ohne deren Verteilung zu organisieren: Davon würden nur die Stärksten profitieren.

Welche anderen Möglichkeiten würden Flüchtlingen helfen?
RUTH SCHÖFFL:
Eine höhere Zahl beim Resettlement-Programm wäre eine gute Idee; gezielte Programme von europäischen Universitäten, die jene jungen Syrer aufnehmen, die nun ihre Ausbildung abbrechen müssen, wären ebenfalls eine Hilfe; Oder Anknüpfungspunkte wie bereits in der EU vorhandene Onkel und Tanten für eine legale Einreise zu nützen; Das alles ließe sich sehr rasch umsetzen. Und gleichzeitig wäre es sehr wichtig, jene Nachbarregionen wie etwa den Libanon, Jordanien oder die Türkei zu unterstützen, damit sie den Flüchtlingen – und dort sind derzeit vier Millionen Syrer – eine menschengerechte Versorgung bieten können. Das würde diesen Ländern und den Flüchtlingen helfen. Man darf nicht vergessen: Bei weitem nicht alle dieser Flüchtlinge wollen überhaupt nach Europa kommen. Die EU muss ihre Blockadehalteung überwinden und in Verhandlungen zukonkreten Maßnahmen kommen.

ZUR SACHE
Die EU-Richtline aus dem Jahr 2001 verhindert, dass Asylsuchende per Flugzeug in die EU einreisen können. Ihr Ziel war und ist, illegale Einwanderung zu verhindern, indem sie den Fluggesellschaften vorschreibt, die Kosten für Unterkunft, Verwaltung und Rückreise von Menschen zu übernehmen, die ohne Visum in den Schengen-Raum einreisen. Mehr über die EU-Richtline aus dem Jahr 2001

Lesen Sie auch: LR Martina Berthold: "Brauchen legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge"

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