"Nicht Fabriken und lila Kühe geben uns täglich Nahrung"

Obmann Alois Selker kann sich aktuell über 17 Mitgliedsbetriebe freuen. | Foto: privat
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SIGHARTING (ebd). Im Interview spricht Obmann Alois Selker warum regionale Produkte im Grunde viel zu billig sind, Genussclub und eine angedachte Kooperation mit Wirtshäusern.

BezirksRundschau: Wie sind Sie mit dem Start zufrieden?
Selker: Damit können wir sehr zufrieden sein. Es geht uns einfach darum uns gegenseitig zu unterstützen, auszutauschen und gemeinsam Projekte und Veranstaltungen umzusetzen, die dem einzelnen Direktvermarktungsbetrieb wieder zu Gute kommen.

Welche Betriebe beinhaltet die Kooperation?
Die Bandbreite der Betriebe ist von Neueinsteigern in die Direktvermarktung bis zu bereits etablierten und sehr erfahrenen Vermarktungsbetrieben. Wir haben Biobetriebe, konventionell wirtschaftende Betriebe, Betriebe mit Hofläden und welche die als Marktfahrer fungieren, sowie auch einen Teil der Gastronomie ist bei uns abgedeckt.

Ihr habt euch ja hochwertiger, naturnaher Lebensmittel aus der Region verschrieben – warum?
Als landwirtschaftlicher Direktvermarkter sind wir auch ein wenig die Genussbotschafter der Region geworden. Das ist uns zum einen ein Anliegen, weil sich jeder für sich mit diesen Produkten spezialisiert, eine Nische gesucht hat und ein zusätzliches Standbein zum landwirtschaftlichen Einkommen schaffen will oder bereits geschaffen hat. Es geht uns aber auch sehr stark darum, auf die Hochwertigkeit und Vielfältigkeit der heimischen Lebensmittel hinz weisen und zu zeigen woher die Lebensmittel kommen. Nicht Fabriken und lila Kühe geben uns Tag für Tag Nahrung zum Leben, sondern das kommt aus der Landwirtschaft – das kommt direkt vom Bauern und so schmeckst am besten.

Sind regionale Lebensmittel die gesünderen?
Gesund zu definieren wird schon wieder philosophisch. Das wertvolle ist, dass direkt vom Bauern die Lebensmittel ehrlich, echt und unverfälscht auf den Tisch kommen. Die Reinheit des Produktes und die Transparenz in der Produktion zeichnet die "Wies Innviertel schmeckt"-Mitgliedsbetriebe aus. Jeder ist eingeladen sich von der Produktion direkt am Hof im Zuge von Exkursionen oder Gruppenbesuchen ein Bild zu machen.

Es gibt auch einen Genussclub. Was genau steckt da dahinter?
Der Genussclub ist daraus entstanden, weil wir grundsätzlich ein Produzentenverein sind und doch immer wieder Anfragen kamen, ob für einen „nicht-Produzenten“ die Möglichkeit besteht, sich für diese gute Sache der regionalen Wertschöpfung einzubringen. So vereint der Genussclub jene Menschen, die gerne hochwertig und qualitätsbewusst – direkt beim Erzeuger einkaufen wollen und auch über die Geschehnisse im Verein und bei den Landwirten informiert sein wollen. Gegen eine geringe Mitgliedsgebühr bekommt das Genussclub-Mitglied spezielle Einkaufsangebote und Produkt- und Produktionsinformationen.

Die "Food Coop" ist mit 60 Kunden sehr gut angelaufen. Derzeit gibt es ja nur in Taiskirchen das Angebot. Werden weitere im Bezirk Schärding folgen?
Die Food Coop war ein Pilotprojekt im Innviertel. Dank der Initiative von der HLBLA Elmberg wurde das ursprünglich als Schulprojekt gestartet. Nach diesem Modell wie wir es hier gemacht haben, gibt es derzeit kein vergleichbares Food Coop Projekt. Die Gruppe in Taiskirchen nennt sich „GuaT“ und steht für „guates aus Taiskrichen“ und ist meiner Meinung nach sehr gut angelaufen. Wir verzeichnen in diese Gruppe zurzeit bereits 63 Mitglieder die über die Food Coop einkaufen und über 20 Lieferantenbetriebe. Die Produktpalette ist extrem vielfältig und alles kommt direkt vom Landwirt in höchster Qualität und absolut frisch. Für die Zukunft sind schon Überlegungen und Gespräche im Laufen, weitere Food Coop Gruppen zu gründen. Im Grunde könnte man in fast jeder Gemeinde eine Food Coop gründen. Für einen Projektstart braucht es eine motivierte Kerngruppe und Unterstützung vom jeweiligen Bürgermeister bzw. von der jeweiligen Gemeinde. Beides haben wir in Taiskirchen vorgefunden und so war ein gutes Gelingen schnell in greifbarer Nähe.

Ihr habt derzeit 17 Mitglieder. Wie viele sollen es noch werden?
Die Gruppengröße ist für uns nicht das Wichtigste. Viel wichtiger ist die Harmonie und dass jeder einzelne mit Freude und Überzeugung mitmachen will. Das einzig beständige im Leben ist die Veränderung. So sind Ein- und Austritte aus dem Verein immer ein Thema. Die Größe messen wir weniger an der Anzahl der Mitgliedsbetriebe, sondern viel mehr an dem Erreichten für den einzelnen Betrieb und für die gesamte Region Innviertel. Wir wollen bewusst machen, dass Wirtschaft, Landwirtschaft, Tourismus, Arbeiter und Angestellte in einem Boot sitzen. Wer in der Heimat Wertschöpfung erfahren will muss auch in der Heimat Wertschöpfung geben – sonst wird das auf Dauer nicht funktionieren können. Eine Kuh die man nicht füttert wird keine Milch geben. Unsere Heimat als internationales Aushängeschild für die Gepflegtheit der Landschaft und die Hochwertigkeit der Lebensmittel wäre nicht ohne Kreislaufdenken machbar.

Ihr könnt euch auch ein Gastro-Projekt vorstellen. Was genau würde das heißen und wann könnte das frühestens umgesetzt werden?
Ein Gastro-Projekt ist schon ziemlich aus dem Nähkästchen geplaudert – aber es stimmt. Es ist der Gedanke mit der Gastronomie noch weiter zusammen zu rücken, bereits mehrfach aufgetaucht und angesprochen. Wie wir das angehen und umsetzen können, wissen wir noch nicht. Wir stellen die IST Situation, unserer Ansicht nach, so fest, dass auch in der Gastronomie immer wichtiger wird, hochwertige Produkte aus ehrlicher und transparenter Erzeugung an zu bieten. Die Kunden wollen das. Was im Lebensmittelhandel in den letzten zwei Jahren Einzug gehalten hat, wird auch vor der Gastronomie nicht Halt machen. Wir haben im Innviertel eine sehr gute und hochwertige Gastronomie und auch bereits einige „Aushängeschilder“ was die frische und regionale Küche angeht. Unsere Mitgliedsbetriebe, die Bergwirtin in Brunnenthal und Elviras Genussküche als Cateringbetrieb haben sich bereits vielen Jahren der saisonalen Küche - alles frisch gekocht verschrieben. Der Schlosswirt in Sigharting hat zum Beispiel auf der Speisekarte eine „Wies Innviertel schmeckt – Gedeck“! Der Schnatterhof Doblhammer, ebenfalls ein Mitgliedsbetrieb, erzeugt in der eigenen Landwirtschaft und vermarktet in der eigenen Gastronomie, So arbeiten viele weitere Betriebe. Das zentrale Thema ist nicht der Preis sondern die Logistik, die Lieferfähigkeit und die Lieferverlässlichkeit sicher zu stellen um einen win-win Effekt zu erhalten.

Mit zwei Sätzen – was ist das Ziel von „Wies Innviertel schmeckt“?
Wir wollen im Innviertel ein Bindeglied zwischen dem Tourismus, der Wirtschaft den Direktvermarkter aus der Landwirtschaft und dem Konsumenten sein. Wir fördern das gegenseitige Verständnis und Vernetzen uns, um so Synergien zu nutzen und Ressourcen zu stärken. Unser Grundsatz ist die Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit in der Erzeugung der Lebensmittel für uns und unsere Mitmenschen.

Regionale Lebensmittel haben ja den Ruf, teuer zu sein. Was sagen Sie dazu?
Was ist teuer und was ist billig? Eine Tabaksteuer oder Dieselerhöhung um 100% geht an uns vorbei und beim Lebensmittel soll es billiger gehen? Geht es um den absoluten Euro oder geht es uns im Leben viel mehr um ein Preis-Leistungs-Verhältnis. Im Preis-Leistungsverhältnis sind die ehrlichen, hochwertigen Produkte viel zu billig. Lebensmittel müssen noch viel teurer werden damit wir die Sicherheit der Versorgung gewährleisten können. Lebensmittel sind der kleinste gemeinsame Nenner von uns Menschen. Alles Wohlstand, alles Geld der Luxuswagen oder der Wellnessurlaub hat keinen Wert, wenn die Gesundheit fehlt! Wir sagen nebenbei „hauptsache gsund!“ - die Frage ist, was tun wir dafür? Das „hätte ich – wäre ich – täte ich“ hilft nicht mehr, wenn die Gesundheit mal geopfert ist.

Wo sehen Sie die Lebensmittelgemeinschaft in drei Jahren?
Ich gehe davon aus, das durch einen gewissen Strukturwandel in der österreichischen Landwirtschaft die Direktvermarktung noch weiter zunehmen wird. Demnach wird auch die Notwendigkeit und das Bedürfnis gestärkt werden, sich zu vernetzen und gegenseitig aus zu tauschen, aus- und weiter zu bilden und gemeinsam am Markt auf zu treten. Das spart Zeit und viel Geld. Ob die Mitgliederzahl steigt oder fällt, ist für uns primär nicht so wichtig.

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Foto: amixstudio/stock.adobe.com
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