"Man fragt sich schon, warum man sich das antut"

Bernhofer war vom 10.8. bis 21.9. unterwegs.
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ENGELHARTSZELL (ebd). Im Interview spricht der 30-jährige Landesbedienstete über Muskelkrämpfe, unliebsame Bettgenossen, und warum er fasst vom Zug überrollt worden wäre.

Was hat Sie dazu bewogen, den Jakobsweg zu gehen?
Bernhofer: Bereits letztes Jahr bin ich 195 Kilometer des Camino del Norte von Ribadeo bis Santiago de Compostela gewandert. Nach dieser Erfahrung hat mich der Wunsch, den ganzen Nordweg zu gehen, begleitet.

Wie haben Sie sich auf den Trip vorbereitet?
Sportlich gesehen eher dürftig mit ein paar Spaziergängen bis zwei Wochen vor Abreise. Was die Ausrüstung betrifft, war ich aufgrund meines Wanderführers und ein paar Erfahrungen aus dem letzten Jahr, großteils gut vorbereitet. Trotzdem hatte ich anfangs zu viel an Gepäck. Alles was ich in den ersten 16 Tagen nicht gebraucht hatte oder nicht unbedingt für meinen weiteren Weg als wichtig erachtet habe, hab ich dann per Post zurück in die Heimat geschickt.

Waren Sie alleine unterwegs?
Ich bin alleine losgestartet, jedoch aufgrund zahlreicher netter Begegnungen nicht vereinsamt. Untertags bin ich meist für mich alleine gewandert, ausgenommen von einigen Tagen in denen ich auch in Gruppen bzw. zu zweit marschiert bin. An den Abenden war ich großteils mit anderen Mitpilgern in den Herbergen oder beim Abendessen zusammen, wobei sich immer wieder die Chance ergab, sich gegenseitig auszutauschen, manchmal gemeinsam zu kochen oder aber auch die Füße einiger Mitpilger zu bemitleiden. Einige davon hab ich dann auch aufgrund zahlreicher Blasen mittels Nadel- und Fadenkur behandeln dürfen, nachdem ich die positiven Auswirkungen dieser Methode anhand meiner selbst glaubhaft machen konnte.

Viele, die den Jakobsweg gegangen sind, berichten davon, sich selbst gefunden zu haben. Was hat Ihnen das Pilgern gebracht?
Ich hatte viele gute Gelegenheiten um über mich und meine weiteren Vorhaben und Ideen nachzudenken. Zudem schöne Landschaftseindrücke, gewonnene Freundschaften, aber auch viel Dankbarkeit für das Bewusstsein, dass ich es eigentlich sehr gut im Leben erwischt hab. Was leider nicht bei jedem meiner Mitpilger der Fall war.

Und was haben Sie letztendlich über sich selbst gelernt?
Dass man alles schaffen kann, wenn man es sich nur fest genug vornimmt und es auch will. Außerdem den Mut aufzubringen, Dinge neu anzugehen.

Gab es so etwas wie einen schlimmsten Moment?
Ich habe nähere Bekanntschaft mit Bettwanzen gemacht. Die Bisse dieser Viecher können ganz schön jucken und aufgrund einer allergischen Reaktion hatte ich dann am ganzen Körper rote Pusteln. Die sind leider erst rund eine Woche später wieder halbwegs akzeptabel abgeklungen.

Sie wurden beinahe vom Zug überfahren, stimmt das?
Ja, am 16. Tag kurz nach Santander, wo eine zirka 100 Meter lange zweispurige Eisenbahnbrücke ein Teilstück des Weges bildete. Nachdem die Brücke sehr kurz erschien, weit und breit kein Zug zu sehen und der Weg als Alternativvariante ausgeschildert war, überquerte ich sie mit einer Mitpilgerin. Auf halber Höhe vernahmen wir dann das Warnsignal eines sich sehr rasch nähernden Zuges. Es blieb uns somit nur über unsere Wanderrucksäcke Richtung Brückenaußenseite zu drehen und uns gegen die Brücke zu lehnen. Der Zug passierte uns wenige Sekunden später mit rascher Geschwindigkeit und ohne großen Abstand zu unserer Zufluchtsstelle.

Hatten Sie zu irgendeinem Zeitpunkt den Gedanken, aufzugeben?
Neun Tage vor meiner Ankunft und rund 160 Kilometer vor Santiago hat es vier Tage durchgehend geregnet. Da bin ich jeden Tag nass bis auf die Boxershort in meinem Quartier angekommen. Zeitgleich hatte ich Probleme mit den Muskeln in meinem linken Unterschenkel, die mir aufgrund starker Schmerzen ein weiterkommen doch sehr erschwert haben. Da stellt man sich dann vielleicht doch kurz einmal die Frage, warum man sich das antut. Aber aufgeben war so kurz vorm Ziel keine Alternative mehr. Ich musste dann nochmal in diesen letzten Tagen einmal pausieren und rund 40 Kilometer vor Santiago nochmal zu einem Physiotherapeuten, der mich für den Rest meines Marsches wieder funktionstüchtig hergestellt hat.

Was ist Ihnen am schwersten gefallen?
Da gibt’s jetzt ein paar Sachen. Eins davon ist sicher meine Übernachtung in einem kleinen Ort namens Islares am elften Tag. Ich bin dort am Abend nach einem heißen Wandertag mit rund 32 Kilometer Wegstrecke angekommen, leider waren zu diesem Zeitpunkt bereits alle Betten belegt. Die Herberge hatte jedoch vorsorglich einige Zelte mit Matratzen im Garten aufgebaut. Ich musste dann rund zwei Stunden auf den Herbergsbetreuer warten, der mir ein Zelt zuteilte. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit hab ich mich dann mit ein paar Mitpilgern auf den Weg gemacht, um etwas zu essen. Anschließend wollte ich noch eine Dusche vor dem Schlafengehen nehmen. Leider hatte der Herbergsbetreuer an diesem Tag nicht die größte Lust, lange vor Ort zu bleiben. Jedenfalls hat er uns bei unserer Rückkehr die Tür vor der Nase zugesperrt und mitgeteilt, dass jene die im Garten übernachten in der Nacht nicht ins Haus und somit auch nicht zu den Sanitäranlagen können. Nach kurzer Diskussion nahm ich es zur Kenntnis und musste mich verschwitzt in ein kleines in leichter Schräglage befindliches Einmannzelt zurückziehen. In meinem Schlafsack eingerollt robbte ich gefühlt alle 15 Minuten auf der Matratze wieder Richtung Kopfteil des Zelts bevor ich wenig später wieder an den Zelteingang abgerutscht war. Dieser Kreislauf wiederholte sich über einen Zeitraum von rund fünf Stunden in denen ich schlaflos und nach frischer Luft ringend beschlossen hatte, um 3 Uhr früh die Nacht zu beenden und aufzubrechen.

Würden Sie den Weg nochmals gehen?
Diese Frage kann ich definitiv mit ja beantworten, da ich einfach viele tolle landschaftliche Eindrücke und persönliche Begegnungen sammeln konnte.

Was hat Ihnen am meisten gefehlt? 
Eine österreichische Bäckerei, mit Dinkel- und Roggenbackwaren und oftmals ein ausgiebiges Frühstück, da die Spanier ihr Hauptaugenmerk eher auf das Abendessen legen.

Ihr eindrucksvollstes Erlebnis?
Neben sehr vielen landschaftlichen Höhepunkten gerade am Beginn der Strecke über die Pyrenäen zwischen Irun und Bilbao war die Pilgerherberge in Güemes, die von einem spanischen Pfarrer und freiwilligen Helfern betreut wird und sich auf beeindruckende und sehr herzliche Art und Weise im Rahmen freiwilliger Spenden um die Pilger kümmert. Diese mit warmen Mahlzeiten versorgt und in einem eigens dafür eingerichteten Raum auf spirituelle Art und Weise für jedermann, unabhängig von religiöser Zugehörigkeit die Möglichkeit bietet den „Camino de la vida“ (Weg des Lebens) mit Pfarrer Ernesto Bustio zu erkunden. Des Weiteren unterstützt Pfarrer Ernesto mit den gesammelten Spenden auch viele soziale Projekte in der Region.

Warum sollte Ihrer Meinung nach jemand den Jakobsweg gehen?
Mir ist aufgefallen, dass sehr viele Menschen mit denen ich ins Gespräch gekommen bin, sich gerade in einem Veränderungsprozess befinden. Sei es beruflicher, als auch privater Natur. Oder um einfach auch nur ein bisschen mehr zu sich selbst zu finden.

Was steht bei Ihnen in den kommenden Monaten an?
Ich hab jetzt nach meiner Rückkehr noch etwas Zeit mich wieder zu akklimatisieren und werde dann ab November bereits einige Monate in unserer Trafik in Engelhartszell mitarbeiten, bevor ich diese im September 2017 übernehmen werde. Dazwischen möchte ich aber noch ein paar Vorhaben unterbringen. Unter anderem werde ich im Februar noch zweieinhalb Wochen eine Rundfahrt durch Südamerika starten. Zudem hätte ich Ende Mai noch vor, einen weiteren Jakobsweg, den sogenannten Camino Portugués – beginnend von der portugiesischen Hafenstadt Porto nach Santiago de Compostela – mit überschaubaren 240 Kilometer in Angriff zu nehmen.

Gibt es ein weiteres Vorhaben, das Sie in den kommenden Jahren angehen wollen?
Ich kann mir durchaus vorstellen, noch weitere Pilgerwege zu beschreiten. Nachdem es aber auch in der Heimat schön ist und unsere eigenen Wege in der näheren Umgebung wie etwa der Johannesweg im Mühlviertel oder verschiedene Abschnitte des Donausteigs sehr schön sein sollen, werden diese eine meiner nächsten Ziele sein. Spiritualität und Zeit für die eigene Reflexion kann man, glaube ich auf vielen Wegen finden, sofern man dafür offen ist.
Fotos: Bernhofer

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