"Ratschenkinder" in Purgstall
Wir haben uns in der Purgstaller Pfarre umgehört, was es mit dem alten Brauch des "Ratschens" auf sich hat.
PURGSTALL. Das Ratschen ist ein Brauch, der in katholischen Gegenden seit langer Zeit in der Karwoche gepflegt wird. Dabei ziehen Kinder – meist Ministranten – mit ihren hölzernen Instrumenten, den sogenannten Ratschen, durch die Straßen der Dörfer, um die Gläubigen mit unterschiedlichen Sprüchen an die Gebetszeiten und Andachten zu erinnern.
"Glocken fliegen nach Rom"
"Im katholischen Brauchtum sagt man, dass die 'Glocken nach Rom fliegen', was soviel bedeutet, dass diese nach dem Gloria am Gründonnerstag 'schweigen' und bis zu Ostern nicht mehr geläutet werden. Da sie laut Überlieferung zur Beichte nach Rom geflogen sind, um somit der Todesstunde Jesu zu gedenken. Die Ratschenkinder ziehen also durch die Gemeinden, um die Menschen, statt durch das Glockengeläut, mit ihren Ratschen an die Gebetszeiten zu erinnern. Wir wollen also einerseits diese alte Tradition aufrecht erhalten, aber andererseits auch zur aktiven Tat für andere Menschen aufrufen, zum Beispiel für die Flüchtlinge, die momentan aufgrund der Kriege und Verfolgungen in ihrer Heimat bei uns Zuflucht suchen müssen. Denn Glaube ohne aktive Nächstenliebe wäre nur Fassade", meint der Pfarrer Franz Kronister aus Purgstall an der Erlauf.
60 Ratschenkinder in Purgstall
Im Jahr 2015 erfolgte sogar die Aufnahme des Brauchs des "Ratschens" in die Liste des immateriellen Kulturerbes der UNESCO und soll auf diese Weise die Erhaltung, Bekanntmachung, Weitergabe und Weiterentwicklung von Traditionen fördern.
"In der Pfarre in Purgstall halten wir an dieser alten Tradition fest. 60 Ministranten ziehen dabei in Gruppen von drei bis fünf Kindern auf insgesamt 18 Routen durch das gesamte Purgstaller Gemeindegebiet, um am Karfreitag um zwölf Uhr und um 17 Uhr und am Karsamstag um sechs Uhr in der Früh und um zwölf Uhr zu ratschen. Am Freitagabend sagen sie den Spruch auf 'Wir ratschen, wir ratschen zur Todesstunde Jesu'. Am Samstag zu Mittag nach dem Ratschen gehen die Kinder dann von Haus zu Haus und bitten um eine kleine Spende. Sie erhalten dann jeweils zehn Euro Taschengeld, der Rest wird gesammelt, um gemeinsame Ausflüge zu unternehmen", so die Purgstaller Pastoralassistentin Ana Chirila.
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