Endspurt im Schauspiel

Nichts ist, wie es scheint, niemand ist, wer er vorgibt zu sein: Fabian Schiffkorn, Andreas Wobig und Antje Weiser in „Alpenglühen“. | Foto: TLT
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  • Nichts ist, wie es scheint, niemand ist, wer er vorgibt zu sein: Fabian Schiffkorn, Andreas Wobig und Antje Weiser in „Alpenglühen“.
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Unterschiedlicher könnten sie nun in der Tat nicht sein, die beiden letzten TLT-Schauspielproduktionen dieser Saison. Wobei, Gemeinsamkeiten findet man natürlich immer. Und sei es nur das Heimische oder Anheimelnde, also die Bergwelt, in der beide Stücke angesiedelt sind, und ja, natürlich auch das groteske Setting, wobei es sich bei Turrinis „Alpenglühen“ über die Figuren erzählt, beim „Wunder von Wörgl“ über die Intention des Autors, ein an sich wenig erbauliches Thema, nämlich unser Geldsystem, anhand eines historisch einzigartigen Gegenbeispiels, eben dem Wörgler Geldexperiment, auf unterhaltsame Art und Weise auf die Bühne zu bringen. Dies ist tatsächlich gelungen, denn „Das Wunder von Wörgl“ bietet in Elke Hartmanns gewitzter Regie und mit Ragna Heinys kongenialer Ausstattung und nicht zuletzt durch ein bestens disponiertes Ensemble zwei Stunden formidable Theaterunterhaltung mit hierfür geradezu prädestinierten Musikstücken von Größen wie Georg Kreisler, Gerhard Bronner, Hugo Wiener bis hin zu den herrlichen Schüttelreim-Gstanzln von Stefan Slupetzky und Martin Zrost vom Trio Lepschi. Und tatsächlich kann man Felix Beneschs Absicht ja auch nachvollziehen. Über Dinge, die man vermeintlich eh nicht ändern kann, sollte man vermutlich am Besten einfach drauflos lachen. Denn Humor ist deutlich gesünder als Ärger. Trotzdem hat Benesch dem Thema damit keinen wirklich guten Dienst erwiesen, sondern es im Gegenteil für unsere Breiten sogar ein wenig verspielt. Denn in besseren Zeiten hätte Michael Unterguggenberger für seinen gelungenen Versuch vermutlich den alternativen Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Immerhin hat er 1932 mit seinem Freigeldexperiment in Wörgl innerhalb eines Jahres bewiesen, dass eben nicht Spekulation und Austeritätspolitik, sondern die Zirkulation von realen Tauschwerten eine Wirtschaft wieder in Schwung bringen, so wie er es bei Silvio Gesell gelesen hatte. Dass die Österreichische Nationalbank und der Austrofaschismus dieses Experiment dann wieder abdrehten, war nicht weiter verwunderlich. Dass sich seither wenig bis gar nichts verändert hat, sollte uns freilich weniger zu lachen als zu denken geben. Aber wie schon gesagt: Elke Hartmann hat daraus einen furios unterhaltsamen Theaterabend gezaubert.

Mit Turrinis „Alpenglühen“ im K2 in der Werkstatt ist Regisseurin Ingrid Gündisch und ihrer Ausstatterin Stella Krausz indes ein regelrechtes Theater-Highlight gelungen. Dies liegt mithin am Stück selbst. Bei nahezu jedem Satz, jeder neuen Finte, die Turrini seinem Publikum da legt, denkt man sich instinktiv: was für eine Raffinesse, was für ein meisterlicher Text. Denn alles erweist sich da als Schimäre so wie eben das Alpenglühen, das dem Stück seinen Titel gibt. Ist er, der Blinde auf der Alm, der Tiergeräusche für wandernde Touristen imitiert, nun ein Nazi oder war er gar der Intendant eines Dreispartenhauses, dem ausgerechnet die Falschangabe von Broadway-Erfahrung in seinem Lebenslauf zum Verhängnis wurde. Ist sie, die Sekretärin vom Blindenverband, nun eine Hure oder eine Heilige oder gar jene verkrachte Schauspielerin, die einst bei ihm vorsprach. Einzig der Junge (Fabian Schiffkorn) ist der, der er seit jeher war. Andreas Wobig und Antje Weiser befeuern sich jedenfalls in diesem meisterhaften Vexierspiel, dass es eine wahre Freude ist. Wer dieses schauspielerische wie dramaturgische Meisterwerk sehen möchte, sollte sich freilich schnell Karten sichern. Denn „Alpenglühen“ ist nur noch sieben Mal zu sehen.

Nichts ist, wie es scheint, niemand ist, wer er vorgibt zu sein: Fabian Schiffkorn, Andreas Wobig und Antje Weiser in „Alpenglühen“. | Foto: TLT
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