Friedhof ohne Tote: Hans Guggenberger und der Museumsfriedhof Tirol

Der Sagzahnschmied Hans Guggenberger in seinem Depot voller alter Grabkreuze, hier mit einem des Künstlers Guem aus dem Oberland | Foto: Walpoth
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Für die einen mag es makaber anmuten, doch für die anderen ist es ein Streifzug durch alpenländisches Kulturgut: im Friedhofsmuseum bei der Sagzahnschmiede in Kramsach hat Hans Guggenberger das Sagen.

Hans Guggenberger ist der Sagzahnschmied. Mittlerweile wird die Kunstschmiede in vierter Generation von seiner Tochter Angelika geführt. Er selbst ist einer der ganz wenigen Menschen, die zwei seltene Handwerke verbinden. Hans Guggenberger ist nämlich sowohl Steinmetz als auch Kunstschmied. Der Bezug zu Grabstätten und deren künstlerische Verzierung war ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater war ein Pionier, was Grabkreuze auf Tirols Friedhöfen betrifft. Er hat diese Art der Grabgestaltung nach dem Zweiten Weltkrieg in ganz Tirol verbreitet. „Es gibt keinen Ort in Tirol, wo kein Kreuz von Guggenberger steht“, erzählt der Schmied nicht ohne Stolz.

Nicht zuletzt dadurch haben sich zahlreiche Verbindungen zu Menschen aus allen Bereichen des Alpenlandes ergeben. Die große Sammelleidenschaft des Sagzahnschmiedes führte dazu, dass mittlerweile an die 900 Grabkreuze im Depot und im Freiluftmuseum gelandet sind. Wenn alte Gräber aufgelassen werden oder Kreuze ausgetauscht werden, kommen sie meist wieder hierher. „Ich bringe es einfach nicht übers Herz, die alten Kreuze ins Alteisen zu geben“, erklärt Hans Guggenberger. Und so wächst die Sammlung seit nunmehr 40 Jahren.

Museumsfriedhof

Mittlerweile wurde rund um die Sammlung der „Verein Museumsfriedhof Tirol“ gegründet. Alle Kreuze sind tatsächlich auf einem Friedhof gestanden. Die Freiluftausstellung in Kramsach gliedert sich in drei Teile. Zuerst sieht man das Welt-Friedens-Kreuz. Das ist ein Kunstwerk, das Hans Guggenberger 2007 entworfen, finanziert und erschaffen hat. 400 Arbeitsstunden leisteten Hans Guggenberger und seine Mitarbeiter der Sagzahnschmiede, um ein 26 Tonnen schweres Fundament mit Marmorstufen, eine Weltkugel mit aus Kupfer getriebenen Erdteilen, sowie das 400 Kilogramm schwere und sieben Meter hohe Kreuz fertigzustellen. „Friede ist nur über die Musik herbeiführbar“, ist sich der Sänger verschiedenster Vereine und Chöre sicher.

Der zweite Teil ist das Museum der Alpenländischen Grabkreuze. Hier sieht man die Entstehungsgeschichte der Grabgestaltung vom Weihwasserkesselträger bis zum Gusseisernen Kreuz samt Jesus-Figur. Bis zu 500 Jahre alte Kreuze, Taferln und Figuren sind hier zu sehen. „Es war hier fast keine Restauration nötig. Paul Oberhollenzer, ein super Restaurator, hat sie lediglich gereinigt und geschützt“, beschreibt Hans Guggenberger.

Schließlich gelangt man in den Museumsfriedhofteil mit den skurrilen und lustigen Sprüchen. Vor etwa 100 Jahren konnte man die originellen Reime und Sprüche, die heute zum Schmunzeln verleiten, im kompletten deutschsprachigen Raum finden. Heute jedoch ist diese Tradition so gut wie verschwunden. Durch Auflassen der alten Gräber oder ganzer Friedhöfe kam diese Art der Erinnerung in Vergessenheit. Hans Guggenberger und der Verein Museumsfriedhof Tirol sammeln jedoch Grabkreuzer, Tafeln, Marterl und Leichenbretter, damit dieses Kulturgut nicht verloren geht.
Die Liebe zu den ewigen Erinnerungsstücken ist dem Sagzahnschmied anzumerken. „Jedes Grabkreuz hat eine große Geschichte über die jeweilige Familie zu erzählen.“ Und auch über die Gegend, in der der oder die Verstorbene lebte, erfahren wir so einiges. Sämtliche Stücke wurden im Kunstkathaster dokumentiert, und auch über den Fortbestand der Sammlung braucht sich Hans Guggenberger nicht zu sorgen. Beide Töchter sind im Unternehmen eingebunden und sind beide bestrebt, dass es weitergeht. Auch die nächste Generation arbeitet schon fleißig mit. Das Museum ist ganzjährig zu besichtigen. Der Eintritt ist frei, durch eine Spende im Opferstock oder einen Einkauf im Museumsladen wird jedoch die Erhaltung des Museumsfriedhofes unterstützt.

Museumsfriedhof Tirol

Friedhof ohne Tote

Adresse:
Hagau 82
6233 Kramsach

Öffnungszeiten:
Sommer: Mo-So: 9-18 Uhr
Winter: Mo-So: 9-17 Uhr

Kontakt:
www.museumsfriedhof.info
office@museumsfriedhof.info
Tel.: 05337/62447

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