Wiener Gemüsegärtner brauchen eine starke Marke
Die Wiener Gemüsegärtner kämpfen ums Überleben: Diskonter, Billigprodukte und hohe Kosten setzen ihnen zu.
Können die Wiener Gemüsegärtner "ihre" Stadt selbst versorgen?
THOMAS STEINHART: Ja, können wir! Auf jeden Fall mit Gurken, Paradeisern und Paprika. Auch bei verschiedensten Freilandprodukten wie Salat und Kräutern. In der Vor- und Nachsaison auch mit Radieschen, wobei es hier durch ausländische Importe immer schwieriger wird mit den Preisen mit zu halten.
Warum?
Durch die Energiekosten und teureren Arbeitskräfte im Vergleich zu den Nachbarländern. Weiters durch die kleineren Strukturen in den von den Gärtnerfamilien geführten Betrieben, wo der Einsatz von großen Maschinen nicht möglich ist.
Können Sie die Kosten nicht senken?
Daran wird laufend gearbeitet, aber das Augenmerk liegt bei der Wiener Landwirtschaft auf nachhaltiger und Ressourcen schonender Produktion sowie auf den Einsatz von Nützlingen. Hier sind die Wiener Gärtner Pioniere! Aufgrund der eher kleinen Strukturen ist sehr viel Handarbeit notwendig, da Maschinen nur bedingt einsetzbar sind.
Wie viele Betriebe sind davon betroffen?
Rund 700 landwirtschaftliche Betriebe gibt es in Wien. Etwas unter 200 sind in Simmering angesiedelt, davon sind rund 145 Gemüsegärtner. In der Donaustadt sind es rund 140. Jährlich verlieren wir rund fünf Betriebe, weil sich kein Nachfolger mehr findet.
Wie können Sie dem Trend entgegenwirken?
Wir brauchen den Konsumenten, der bewusst einkauft. Und dazu sollte man die Marke "Wiener Gemüse" stärken.
Früher gab es Gemüse von der Genossenschaft LGV in den Supermärkten aufliegen. Das finde ich heute nicht mehr. Warum?
Die Produkte der LGV finden Sie auch heute noch in den Regalen. Die Eigenmarken der einzelnen Handelsketten haben aber auch im Obst- und Gemüseregal Einzug gefunden. Das eine oder andere Produkt wird nun unter dem Namen des Handelshauses angeboten. Es lohnt sich auf jeden Fall nach den Produkten der LGV im Lebensmittelhandel Ausschau zu halten.
Warum haben die Handelsketten die Eigenmarken eingeführt?
Die Handelsketten stehen auch im täglichen Wettbewerb und haben ihre Strategien, sich am Markt zu behaupten. Ich vermute, sie wollen die Kunden an ihre Marke binden. Das funktioniert für sie mit eigenen Marken besser als mit Fremdmarken.
Wie kann man hier dagegen wirken?
Wir versuchen, das AMA-Gütesiegel zu stärken und so zu einer Identifizierung zu kommen. Das wichtigste ist für uns eine ordentliche Kennzeichnung von österreichischen Erzeugnissen und faire Preise für unsere Betriebe. Nur so kann auch in Zukunft noch nachhaltig in der Region für die Region gearbeitet werden.
Zur Person
Thomas Steinhart (43) ist mit der Melanzani-Gärtnerin Andrea verheiratet. Gemeinsam haben sie zwei Töchter. Steinhart ist seit 2012 Vorsitzender der SP-Bauern Wiens.
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