Mordprozess: „Kum her und stich mi o“
Wegen Mordes wurde die Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren verurteilt (nicht rechtskräftig).
ST. PÖLTEN (ip). Mit zwei wuchtigen Stichen in die Brust tötete eine 34-jährige St. Pöltnerin ihren 38-jährigen Lebensgefährten. Zum Vorwurf des Mordes seitens Staatsanwältin Kathrin Bauer bekannte sich die Mutter von vier minderjährigen Kindern nicht schuldig. Verteidigerin Iris Augendoppler plädierte auf absichtlich schwere Körperverletzung mit Todesfolge. „Der Vorwurf, dass sie mit Vorsatz getötet hat, ist falsch“, widersprach Augendoppler der Staatsanwältin. Das Urteil der Geschworenen war einstimmig: Wegen Mordes wurde die Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von 18 Jahren verurteilt (nicht rechtskräftig). Ihre Verteidigerin meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
Alkohol floss
Petra W., seit ihrer Jugend regelmäßige Alkoholkonsumentin, lebte mit dem Mann seit März 2015 in einem alten Bauernhaus in Pyhra. Es floss stets reichlich Alkohol und häufig kam es zu Streit und Handgreiflichkeiten zwischen den Partnern. So konsumierte das Paar auch am 27. Jänner dieses Jahres zuhause und in Lokalen der Innenstadt, sodass der 38-Jährige gegen 20 Uhr bereits so betrunken war, dass W. alleine mit einem Bekannten abermals nach St. Pölten in ihr Stammlokal fuhr.
„Kum her und stich mi o!“
Als sie gegen 23 Uhr wieder nach Hause kam, soll sie ihr Lebensgefährte beschimpft haben. Laut Aussage der Beschuldigten habe er sich schließlich ein Küchenmesser gegen die Brust gehalten und sie aufgefordert: „Kum her und stich mi o!“ Bei einem Gerangel habe sie ihm das Messer weggenommen und sei in das Wohnzimmer gegangen. Er sei ihr gefolgt, habe sie gestoßen und sich abermals mit seiner Forderung das Messer an die Brust gehalten. Aus Angst habe sie versucht, ihm das Messer abermals wegzunehmen. „Plötzlich ist das Messer in seiner Brust gesteckt!“ Als er röchelnd zu Boden gesunken sei, habe sie das Messer herausgezogen, sich in die Küche gesetzt und vorerst bis etwa sechs Uhr gewartet. Kalt und steif sei er bereits gewesen, als sie ihn schließlich kurz anstupste. An einen zweiten Stich, so die Angeklagte, könne sie sich nicht erinnern.
Beichte in Stammlokal
Am Vormittag danach unternahm die Bezieherin der Mindestsicherung, von der auch ihr Partner sein Leben finanzierte, wie bereits am Tag zuvor, mehrere Taxifahrten und konsumierte wieder Alkohol. Als sie in ihrem Stammlokal ankam, berichtete sie einigen Gästen, dass sie den 38-Jährigen umgebracht habe.
„I hob mi nur g´wehrt“, lautete die Verantwortung der Frau gegenüber Richter Helmut Weichhart, dem sie auch mehrfach erklärte, dass sie Angst gehabt habe. „Der Blick, den er dann immer hat“, entgegnete sie dem Richter auf dessen Feststellung: „Aber Sie hatten doch das Messer!“ Nicht plausibel erklären konnte sie auch die Tatsache, dass sie dem Opfer zuvor so nahe kam, als sie es heftig in den Unterarm biss.
17 Zentimeter Klinge
Staatsanwältin Bauer versuchte die Version von Petra W., die bereits 2013 wegen zwei Messerstichen gegen ihren damaligen Lebensgefährten zu 15 Monaten bedingt verurteilt worden war und insgesamt fünf Vorstrafen aufweist, ins Wanken zu bringen. So etwa bezweifelte sie, dass die Beschuldigte trotz überwiegend detaillierter Erinnerung von einem zweiten Messerstich nichts wisse. Laut Gerichtsmediziner Wolfgang Denk habe sie beide Male mit großer Wucht die 17 Zentimeter lange Klinge bis zum Schaft in die Brust des Opfers gerammt. Am Opfer waren keine Abwehrverletzungen zu erkennen. W. sei zum Tatzeitpunkt auch höchstens mittelstark betrunken gewesen und habe sich danach um keinerlei Hilfe gekümmert. Laut Psychiater Werner Brosch leide sie zwar an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung, war aber durchaus in der Lage das Unrecht ihrer Handlungen zu erkennen. Für eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher fehlten, so Brosch, die medizinischen Voraussetzungen.
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