Kurios: Streit wegen 150 Euro
Schiele-Erbe will Kaminbefund nicht beibringen; Rauchfangkehrermeister Hüblauer sagt: "Es geht ihm nur um's Prinzip!"
TULLN. Für "ungeschickte Entscheidungen" hat Werner Gradisch nichts übrig. Schon gar nicht, wenn es um das Tullner Egon Schiele Museum geht. Schließlich ist der 68-Jährige der "letzte verbliebene Zeitzeuge der Familie Schiele", wie er sich selbst bezeichnet. Ein kurioser Streit zwischen dem Großneffen Egons und der Stadtgemeinde Tulln ist ausgebrochen, daher will Gradisch seine private Sammlung Schieles nun aus dem Museum an der Donaulände entziehen.
Grund dafür ist ein Kaminbescheid. "In meinem Privathaus habe ich die Heizung umgebaut", erzählt der Tullner. Dazu ist auch eine sogenannte Dichtheitsprobe des Abzugsrohrs erforderlich, die der beeidete Sachverständige für Maschinenbau und Energietechnik gleich selbst erledigt hat. Dies habe Gradisch auch der Stadt Tulln gemeldet, doch die besteht auf ein Gutachten eines Rauchfangkehrers, das bis zum heutigen Tag nicht nachgebracht wurde. "Auch für ihn gelten die gleichen baupolizeilichen Vorschriften wie für jeden anderen Bürger auch", sagt Tullns Bürgermeister Peter Eisenschenk (TVP).
"Geht nur um's Prinzip"
Leonhard Hüblauer, Rauchfangkehrermeister: „Gesetze regeln das Zusammenleben von Menschen. Und die NÖ Bauordnung ist so eines“, sagt er.
Noch nie hatte er so einen Fall, obwohl er schon zwanzig Jahre im Geschäft ist, spricht Hüblauer die Ausdauer von Gradisch an: „Ihm geht‘s nicht um‘s Geld, nur um‘s Prinzip“, sagt er, dass ein Kaminbefund etwa 100 bis 150 Euro kostet. Auch wenn Gradisch der Meinung ist – er ist gerichtlich beeideter Sachverständiger für Maschinenbau und Elektrotechnik –, dass er den Kaminbefund selbst erstellen kann, muss er sich an Gesetze halten, denn das ist in der unter § 15, Pkt. 3 in der NÖ Bauordnung und Bautechnikverordnung geregelt.
Wertigkeit für die Stadt
Der komplette Nachlass von Schiele umfasst sehr viel mehr als "nur" Bilder: "Es sind Dokumente, auch von seiner Familie. Darunter befindet sich etwa das Tagebuch der Mutter Schieles, in welchem sie schreibt, dass sie Egon erwartet", erzählt Gradisch. Über tausend Bücher – die weltweit größte Dokumentation – soll in den Kellergemachen des Schiele-Museums seit über 24 Jahren schlummern. Daher wurde mit einem Gemeinderatsbeschluss auch das nebenliegende Grundstück angekauft, um hier ein Dokumentationszentrum zu errichten, das Museum zu erweitern und vor allem einen barrierefreien Zugang zu schaffen. Das liegt Gradisch am Herzen, doch dazu sollte es niemals kommen.
Entscheidung noch nicht gefallen
"Hundertprozentig habe ich mich noch nicht dafür entschieden, die Sammlung zurückzufordern", sagt Gradisch gegenüber den Tullner Bezirksblättern. Fest steht jedoch, dass der Schiele-Erbe keinen Wert mehr auf sein verliehenes "Bürgerrecht" hat, worüber er auch Stadt-Chef Eisenschenk informiert hat.
Schiele-Museum wird weitergeführt
Brigitte Schlögl, Chefin der NÖ Museum Betriebs GmbH: "Das Schiele-Museum in Tulln werden wir weiterführen, heuer wird die Ausstellung nicht großartig verändert. Nächstes Jahr jedoch schon", sagt sie und hält sich noch bedeckt. "Sollte Gradisch seine Sammlung zurückfordern, so ist das sein gutes Recht", meint sie.
Ein Grundstück, Bilder und sonstige Zahlungen
Nicht umsonst hat Gradisch seine Sammlung zur Verfügung gestellt: 1990 schenkte ihm die Stadtgemeinde ein etwa 700 m² großes Grundstück „Am Mittergwendt“ (inklusive Aufschließungskosten), Bilder in der Höhe von 300.000 Euro wurden ihm abgekauft und in den Jahren 2004 bis 2007 wurden ihm 40.000 Euro als Leihgabe überwiesen.
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