Atomkraft: "Technik ist nicht sicher"
30 Jahre Tschernobyl, fünf Jahre Fukushima: Umweltlandesrat Stephan Pernkopf kritisiert Ausbau des Kraftwerkes Dukovany und gibt Studie in Auftrag.
ZWENTENDORF / NÖ. 30 Jahre Tschernobyl und fünf Jahre Fukushima – anlässlich der Reaktorkatastrophen luden Umweltlandesrat Stephan Pernkopf, EVN-Vorstandssprecher Peter Layr und Global 2000-Atomexpertin Patricia Lorenz zu einer Pressekonferenz in das sicherste Atomkraftwerk der Welt nach Zwentendorf.
"Nachbarn spielen unrühmliche Rolle"
Das Jahr 2016 ist ein Jahr der traurigen Atomkraft-Jubiläen: Die Katastrophe von Tschernobyl jährt sich am 26. April zum 30. Mal, der Reaktorunfall von Fukushima am 11. März zum 5. Mal. Während das Land Niederösterreich auf die erneuerbare Energie setzt, haben die Nachbarstaaten die Risiken noch nicht erkannt und planen sogar einen Ausbau der Atomkraft.
Landesrat Pernkopf erinnert an die Tschernobyl-Katastrophe: "600.000 Menschen wurden einer starken Strahlung ausgesetzt, 170.000 Menschen mussten nach dem Unglück in Fukushima evakuiert werden, 100.000 können noch immer nicht in ihre Wohnungen zurück". Die Technik sei einfach nicht sicher: "Die Nachbarländer spielen noch immer eine unrühmliche Rolle", so Pernkopf. "Das tschechische Atomkraftwerk Dukovany bereitet uns Sorgen. Es liegt nur 32 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt". Dieses Kraftwerk wurde ein Jahr vor Tschernobyl in Betrieb genommen, die vier Blöcke hätten 2027 abgeschaltet werden sollen, nun jedoch wurde eine Verlängerung bis 2047 erwirkt, zudem sei ein neuer Reaktorblock geplant, informiert Pernkopf.
Daher gibt er noch diese Woche eine Studie beim Institut für Geodynamik der Universität Wien in Auftrag, um die reale Gefahr aus fachlicher Sicht abschätzen zu lassen. Ergebnisse werden im Herbst 2016 erwartet. Kurt Decker werde die tektonischen Aktivitäten an dieser Störungszone und die Auswirkungen auf die Standortsicherheit nach den aktuellsten Methoden untersuchen, so Pernkopf. Die Studie soll Sicherheitsmängel in Dukovany aufdecken und damit die Betreiber zu einer Erhöhung der Sicherheitsstandards zwingen. "Zum einen erhöht dies die Sicherheit der Niederösterreicher, zum anderen verteuert es aber auch die Ausbaupläne ganz massiv. Der Standort wird damit immer unwirtschaftlicher", meinte er. Überhaupt sei nicht einzusehen, dass "unsere Nachbarstaaten einerseits Milliarden-Förderungen zur Regionalentwicklung aus Brüssel bekommen und andererseits aber die Atomkraftwerke, die das größte Sicherheits-Risiko für unsere Regionen bedeuten, ausbauen dürfen. Druck will Pernkopf, der auch Vorsitzender der Umweltlandesräte ist, gegenüber Bundeskanzler Faymann aufbauen: "Er muss sich dafür einsetzen, dass Staaten einen Atomausstiegsplan vorlegen und keine EU-Fördermittel für Atomkraft erhalten".
Kein Geld für Atomkraft
"Wieso gibt's Atomenergie noch immer?", wollte Patricia Lorenz, Global 2000 Atomexpertin wissen, die in ihrem Statement fordert, die Finanzierung und Förderung solcher Projekte zu unterlassen. Es sei eine untragbare Investition: "Schluss mit Werbung für Atomkraft".
"Niederösterreich hat eine heterogene Energielandschaft", so EVN-Vorstandssprecher Layr, der die Wasserkraftwerke, Windräder und Photovoltaik-Anlagen anspricht und betont, dass die österreichische Gesetzgebung Förderungen für Erneuerbare Energien weiterführen müsse. Die EVN setzt weiterhin auf den Ausbau von erneuerbarer Energie: "In den Jahren 2014 bis 2018 investieren wir im Bundesland eine Milliarde Euro", so Layr. Zwei Drittel des Geldes fließt in den Netzausbau, 250 Millionen werden in erneuerbare Energie, 60 Millionen in die Trinkwasserversorgung investiert.
Zur Sache: Reaktorkatastrophen
Tschernobyl: 26. April 1986; 218.000 km2 verstrahltes Gebiet -> 11 x die Fläche von NÖ
Fukushima: 11. März 2011; 25.000 km2 verstrahltes Gebiet -> 1,5 x die Fläche von NÖ
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