"Bürgermeister müssen bessergestellt werden"
Klartext nach vier Jahren als Chef des Kärntner Gemeindebundes: Ferdinand Vouk über nötige finanzielle Korrekturen bei Kommunen und Bürgermeistern – und über das Problem mit dem Begriff "Asylant".
VELDEN (Wolfgang Kofler). Nach vier Jahren als Präsident des Kärntner Gemeindebundes zieht sich Ferdinand Vouk (SPÖ) wieder auf seinen Hauptberuf als Bürgermeister von Velden zurück. Das Bilanz-Gespräch.
WOCHE: Sie sind erst 57 Jahre alt. Warum das Aus beim Gemeindebund?
VOUK: Das Herz sagte: weitermachen. Das Hirn sagte: aufhören. Man ist als Präsident für 130 Gemeinden zuständig, Mitglied in unzähligen Gremien. Bei einem Wochenpensum von 80 Stunden kommt der Gewissenkonflikt: Bin ich genug für meine eigene Gemeinde da?
Wie geht es Kärntens Gemeinden in Summe?
Es bläst ihnen ein eiskalter Wind entgegen. Vom Kindergarten bis zum Wassernetz – die Versorgungsaufgaben sind fast nicht mehr zu bewältigen.
Dieses Jammern scheint zum Handwerk zu gehören.
Nein, die Lage ist ernst. Die Finanzbelastung für die Gemeinden ist zu groß. De facto finanzieren wir das Land Kärnten.
Wie könnte man das ändern?
Die Gemeinden gehören raus aus der Finanzierung der Krankenanstalten. 2013 haben wir 80 Millionen in die Kabeg eingezahlt. Diese Verpflichtung ist eine Zeitbombe. Was, wenn die Kabeg mehr Geld braucht?
Warum sollte das Land Kärnten Sie aus der Beteiligung entlassen?
Weil die Gemeinden im Gegenzug die Finanzierung des gesamten Kindergartenwesens anbieten. Das wäre ausgabenneutral, böte aber mehr Sicherheit für uns. Das steht auch als Empfehlung in einer aktuellen Studie des Instituts für Höhere Studien.
Die Beseitigung einer Finanzgefahr reicht den Gemeinden?
Nein, auch der Finanzausgleich zwischen Bund und Gemeinden braucht eine Reform. Derzeit erhalten Gemeinden unter 10.000 Einwohner pro Kopf und Jahr 733 Euro, über 50.000 Einwohner gibt es 1.150 Euro. Diese Regelung stammt noch aus der Nachkriegszeit, damit Städte, die stärker zerbombt waren, mehr Geld für den Wiederaufbau hatten.
Sie wollen also den Städten Geld wegnehmen?
Anders wird es nicht gehen. Der Finanzschlüssel muss weg von der Einwohnerzahl, hin zu einer echten Bedarfsorientierung.
Aber Städte erledigen halt auch Verwaltungs-Angelegenheiten für Umlandgemeinden mit.
Das soll man einrechnen. Aber man muss auch über Effizienz reden. Im Schnitt geben Kärntens Gemeinden 18 bis 22 Prozent für Personalkosten aus. In Klagenfurt sind es 33 Prozent. Das ist nicht argumentierbar.
Warum ist es so schwer, junge Menschen für aktive Gemeindepolitik zu begeistern?
Die Rahmenbedingungen für Bürgermeister sind indiskutabel. Keine Pensionsversicherung, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld, kein Karenzgeld.
Warum wurde das nicht längst geändert?
Unser Konzept liegt beim Land. Wir fordern die Gleichstellung von Bürgermeistern mit anderen Berufsgruppen. Zudem soll jeder die Wahl haben, ob er haupt- oder nebenberuflich arbeiten will. Hauptberuflichkeit soll besser bezahlt sein. Auch das Sitzungsgeld für Gemeinderäte ist Teil dieses Konzepts. Derzeit gibt es große Unterschiede. Wir fordern einheitlich 170 Euro.
In Ihrer Gemeinde Velden gibt es 9.000 Einwohner und null Flüchtlinge. Warum eigentlich?
Zufall. Ein Quartier war fast fix, dann ist die Vermieterin abgesprungen. Grundsätzlich ist für mich eine Quote für jede Gemeinde vorstellbar. Das Problem ist aber ein anderes: Die hetzerische Saat der vergangenen Jahre ist aufgegangen. Heute ist der Begriff Asylant für viele Menschen ein Synonym für Rechtsbrecher. Das ist natürlich völlig falsch, aber mit dieser Problematik kämpfen wir im Alltag.
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