Das Ende einer langen Ära

Johannes und Josef Binder sind Vorreiter und Wegbereiter im Bereich der erneuerbaren Energie. | Foto: KK
  • Johannes und Josef Binder sind Vorreiter und Wegbereiter im Bereich der erneuerbaren Energie.
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Die gesamte Familie stammt ja aus der Region. Wann haben die unternehmerischen Tätigkeiten hier begonnen?
Josef Binder: 1991 gründeten wir unsere Familien- GmbH. 1992 wurde bereits mit dem Bau der Fertigungshalle in der Grazer Vorstadt in Voitsberg begonnen. Die ersten automatischen Biomasse- Feuerungsanlagen mit Austragungen und Steuerungen wurden in Voitsberg anfangs mit ca. 14 MitarbeiterInnen hergestellt.

Was waren Ihre Beweggründe eine gemeinsame Firma aufzubauen?
Johannes Binder: Wir sahen großes Potenzial im Bereich Biomasse Feuerungsanlagen. Gemeinsam wurden die ersten Prototypen entwickelt, die neue Maßstäbe im Bereich Komfort, Funktionalität und Emission setzen sollten. Dazu errichteten wir eine Fertigungshalle in der Grazer Vorstadt, wo mein Bruder und ich noch selbst Hand angelegt haben

Welche Märkte wurden damals bearbeitet?
Josef Binder: Zur damaligen Zeit waren wir noch ausschließlich in Österreich tätig.
Bereits seit 1993 wurden die Verkaufsmärkte auf Deutschland, Holland, Slowenien und Kroatien ausgedehnt. 1995 konnten wir schon 25 MitarbeiterInnen beschäftigen. Von 1995 bis 2000 wurden die Märkte Richtung Belgien, Norditalien, Polen, Rumänien und Ungarn erweitert.

Wie ging es dann mit der Entwicklung weiter?
Johannes Binder: Bis 1995 wurden Unterschub Feuerungen weiterentwickelt. Mit einem speziellen Brennkammersystem, Computersteuerungen und Abgas- Lambdasonden konnten wir am Markt punkten. Der Kundenkreis erweiterte sich und wir produzierten mit 50 MitarbeiterInnen 130 Kessel pro Jahr.
2000 gab es dann einen Standortwechsel:
Josef Binder: Nachdem wir in Voitsberg bereits aus allen Nähten geplatzt sind wurde im Jahr 2000 das Arial der GKB Zentralwerkstätte in Bärnbach erworben. Nun konnten wir auf mehr als 10 ha Industriefläche unsere Tätigkeiten fortsetzen.

Gab es nicht auch einen Gewerbepark in Bärnbach?
Johannes Binder: Als wir 2000 das Arial inklusive der bestehenden Hallen übernommen hatten, waren die Flächen für uns anfänglich zu groß. Somit starteten wir das Projekt Gewerbepark- „Bio Energie Zentrum“, Vorläufer des heutigen Energie Centers und es wurden zusätzlich 6 Unternehmen am Standort angesiedelt.
Interessant ist auch, dass sie beide in den Lehrwerkstätten der GKB eine Lehre absolvierten.
Josef Binder: Ich habe von 1966 bis 1969 in der GKB Zentralwerkstätte Dreher gelernt. Als wir 2000 das Areal dann übernommen haben, war es schon ein besonderes Gefühl, an diesem Standort, wo man die Lehre absolviert hat, zurückzukehren.
Johannes Binder: Auch ich absolvierte von 1979 bis 1983 eine Lehre als Metalltechniker in der GKB Zentralwerkstätte. Einen bleibenden Eindruck hinterließ bei mir die Lehrwerkstätte. In Anlehnung an diese Erfahrungen, gestaltete ich die Ausbildungsaktivitäten in unseren Unternehmen und im dann im Lernwerk.

Wie ist die weitere Expansion von statten gegangen?
Josef Binder: Von 2000 bis 2005 wurde eifrig renoviert und erneuert. 2003 wurde der erste Abschnitt der neuen Produktionshalle errichtet und 2008 die zweite Ausbaustufe für Großkessel.

Wie wurde die Technologie weiterentwickelt?
Johanne Binder: Von 1995 bis 2000 wurden dann die ersten Schub- Rost- Systeme hergestellt. Großpellet- Anlagen, Luftwärmetauscher, und Großfeuerungsanlagen wurden weiterentwickelt. In dieser Zeit konnte der Mitarbeiterbestand stätig ausgebaut werden. Im Jahr 2010 produzierten ca. 130 Mitarbeiter mehr als 200 Kesselanlagen pro Jahr.

Das klingt ja nach „Guinness Buch der Rekorde“! Was hat es damit auf sich?
Josef Binder: Im Zuge unserer Marketing Aktivitäten wurden immer öfter Sport Events wie z.B. der Nacht Slalom in Schladming und das Skifliegen am Kulm mit Biomasse beheizt. Am Kulm wurde dann ein Antrag ins Guinness Buch der Rekorde, für die „Weltgrößte mobile Holz Pelletsheizung“ gestellt und letztlich auch eingetragen. Bis heute wurde dieser Rekord nicht eingestellt.

Wurde 2010 dann nicht auch das Binder Lernwerk und das Energie Center Lipizzanerheimat gegründet?
Johannes Binder: Nachdem der Ausbildungsumfang im Unternehmen immer weiter zugenommen hat, gründete ich die Binder Lernwerk GmbH, und verlagerte die Ausbildungstätigkeiten auf unseren ursprünglichen Standort nach Voitsberg in die Grazer Vorstadt. Bis Dato wurden mehr als 200 Jugendliche ausgebildet.
Auch das „Energie Center Lipizzanerheimat“ entstand in dieser Zeit. Gemeinsam mit weiteren Institutionen und Unternehmen wurde ein Kompetenzknoten für erneuerbare Energie installiert.

Wie schaut es mit Forschung und Entwicklung aus?
Josef Binder: Wir waren immer bestrebt Anlagen auf höchstem technischem Niveau zu produzieren. So wurde als EU-Projekt, gemeinsam mit der TU Graz und Maribor, ein Rostkessel für nachwachsende Rohstoffe, mit dem Joanneum Research eine Biomasse Vergasung und mit dem Institut BIOS, Prof. Dr. Oberberger eine Feuchtholz- Verbrennung, entwickelt.

2014 begannen die Verhandlungen mit der Firma Herz. Wie ist es dazu gekommen?
Josef Binder: Für mich und meine Frau hat bereits der Ruhestand begonnen und ich möchte mich mehr meinen privaten Interessen widmen. Mein Bruder ist im Binder Lernwerk und im Energie Center engagiert. So trafen wir gemeinsam die Entscheidung, das Unternehmen an einen passenden, starken Partner abzugeben, der die vorhandenen Potentiale sinnvoll nutzen kann und den Standort weiter ausbaut.

Wie wird die Herz Energietechnik das Unternehmen weiterführen?
Johannes Binder: Die Firma Herz zeigte von Anfang an großes Interesse am Unternehmen Die Fertigungskapazitäten in Pinkafeld sind ausgelastet und so konnte man uns versichern, den Standort und MitarbeiterInnen in Bärnbach weiter ausbauen zu wollen.

Das neue Unternehmen heißt nun Binder GmbH?
Josef Binder: Die Firma Herz wollte den gut eingeführten Namen weiterhin nutzen und führt das Unternehmen als „Binder GmbH“ weiter.

Nachdem Bruder Josef nun endgültig in den wohlverdienten Ruhestand eintreten kann, wird es bei Ihnen wohl noch einige Zeit dauern?
Johannes Binder: Aus diesem Grund habe ich das gesamte Areal in Voitsberg in der Grazer Vorstadt übernommen. Das Lernwerk wird weiterhin eng mit dem ABV Ausbildungsverbund Metall zusammenarbeiten. Auch in Voitsberg werden nicht benötigte freie Flächen Gründerinnen und Gründern angeboten werden.
Auch das Energie Center Lipizzanerheimat in Bärnbach wird weiter ausgebaut. Projekte wie die „GründerInnenoffensive“, Plastikfreie Lipizzanerheimat, Shop für regionale Produkte, und Energie Center macht Schule werden weiterentwickelt.

Was liegt Ihnen noch am Herzen?
Josef Binder: Ich möchte mich recht herzlich bei allen Mitarbeitern, Mitstreitern, Entscheidungsträgern, und auch bei meiner Familie bedanken. Es war eine spannende und hervorragende Zeit, in der wir in der Region unternehmerisch tätig sein durften. Ich möchte nichts davon missen.

Und bei Ihnen?
Johannes Binder: Der neue Eigentümer will den Standort weiter ausbauen und nach Möglichkeit weitere Mitarbeiter einstellen und betrachtet die Region durchaus als guten Standort für eine Produktionsstätte! Ich würde nur wünschen, dass viele EntscheidungsträgerInnen in der Lipizzanerheimat so denken würden. Wir sollten nicht die Nachteile ständig bejammern, sondern uns auf die Vorteile konzentrieren und diese auch lautstark verkünden.
Die Region verfügt über einen noch nicht gehobenen Schatz! Und dieser Schatz sind die Menschen selbst. Mehr als 40% der ca. 20.000 Beschäftigten der LH pendeln täglich in Summe ca. 2h zur Arbeit. Für die Fa. Herz war diese Verfügbarkeit von Arbeitskräften und Fachpersonal mit ein Beweggrund sich in der LH zu engagieren. Sprechen wir über diese Vorteile, verkünden sie über die Bezirksgrenzen hinweg und motivieren wir Andere gleiches zu tun. Unseren Lehrlingen in Ausbildung und jenen die erst die Entscheidung dazu treffen, möchte ich noch mitteilen, dass es durchaus möglich ist, Karriere mit einer Lehre zu machen. Alle Wege stehen offen, denn Lehre ist absolut keine Einbahnstraße!

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