Intelligenz, das Organ der Weltoffenheit

Von links: Sportskanone und Bildhauer Imed Bentrad, Sprachentalent Omar Hussen, Kulturschaffende Helen Wieser
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  • Von links: Sportskanone und Bildhauer Imed Bentrad, Sprachentalent Omar Hussen, Kulturschaffende Helen Wieser
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Die Gleisdorfer Galerie „Einraum“ zeigt derzeit Arbeiten von Männern auf der Flucht, die in Gleisdorf temporäres Asyl gefunden haben. Nun kamen einige dieser Männer vor der Galerie, auf der Straße, zum „Divanisieren“ zusammen.


Das südslawische Wort „divaniti" bedeutet sprechen, erzählen, sich unterhalten. In balkanischer Tradition spielt sich das eben nicht in der „guten Stube“, sondern am Straßenrand ab. Das bedeutet auch, Menschen beleben den öffentlichen Raum mit privater Anwesenheit. Unsere Gassen sind ja nicht bloß dem Autoverkehr vorbehalten.

Dieser Abend der „Talking Communities“ reiht sich unspektakulär in eine ganze Serie der Schritte von Kunst Ost, mit denen der öffentliche Raum als Kulturraum der Menschen betont wird. Und natürlich ging es dabei nicht bloß um private Befindlichkeiten.

Helen Wieser, die Initiatorin der Kulturinitiative „Fokus Mitmensch“, bemüht sich um die Sprachkompetenz der Männer, wobei Englisch und Deutsch gleichermaßen Priorität haben. Wiesers Anstrengung zielt aber zugleich auf kreative Möglichkeiten, sind den künstlerischen Ausdrucksformen gewidmet.

Die Herkunftsländer der kleinen Abendrunde reichen von Syrien und Afghanistan über Pakistan bis Nigeria. Ebenso kontrastreich sind die Fertigkeiten der Flüchtlinge. Vom Glaserer und Friseur über den Koch, Maler und Anstreicher, bis zum Schmuck- und Stoffdesigner. Dazwischen ein Bauingenieur und ein Immobilienmakler; den Sportler nicht zu vergessen, der gerade für einen Lauf trainiert.

Das betrifft auch Vorhaben von Kunst Ost, wo zum heurigen Gleisdorfer Kunstsymposion ein Teilprojekt gehört, das „From Diaspora to Diversities“ heißt. Diaspora ist das Verstreutsein von Menschen, die ihre Herkunftsgebiete verlassen mußten. Diversität meint Vielfalt, wie sie heute ganz Europa ausmacht.

Auch wenn jüngst Wahlen der Steiermark ausgedrückt haben, daß Tausende Einheimische den Status von Hinterwäldlern bevorzugen, deren Ruhe dahin ist, wenn sie in ihrer Gasse ein fremdes Gesicht erblicken, die Welt hat sich schon viel weitergedreht.

Helen Wieser, die ihrerseits aus Neuseeland stammt, also die Diaspora-Erfahrung kennt, ist auf jene kommunikativen Fähigkeiten konzentriert, mit denen die Flüchtlinge sich ihrer Umgebung mitteilen können. Sie bemüht sich auch um angemessene Dokumentation der Anwesenheit dieser Männer aus so verschiedenen Kulturen.

Bei Kunst Ost ist das Augenmerk auf jene Themen gerichtet, welche die Männer mitgebracht haben. Was bewegt und fesselt die vorwiegend jungen Leute? Wie kann das in ein kulturelles Leben der Region einfließen? Denn genau da zeichnen sich ja auch jene Schnittpunkte ab, wo sie mit Einheimischen manche Interessen teilen; eben weil viele Dinge des Lebens längst internationalisiert sind. Das teilt dann der Nigerianer und der Afghane sogar mit dem österreichischen Hinterwäldler.

Es ist also der Kulturbereich, der sofort ein Reihe von Ansatzpunkten bietet, einander kennenzulernen und das zu schätzen, was andere können. Im Sinne von: "Laßt uns den Menschen nicht bloß von der Gewalt erzählen, die hinter euch liegt. Ihr habt Ideen, Fertigkeiten, Poesie. Laßt uns ihnen erzählen, wer ihr seid!"

Dazu paßt, was der Philosoph Peter Sloterdijk angemerkt hat: Intelligenz entsteht durch den ungeschützten Verkehr mit fremder Intelligenz. Sloterdijk sagt, Intelligenz sei „das Organ der Weltoffenheit“.

Wir wissen aus der Überlieferung, daß es schon immer jene gab, die uns vor der „Welt da draußen“ gewarnt haben und die uns von der Begegnung mit Fremden abrieten. Heute behaupten sie, wie seien die Naiven und wollten die Gefahren nicht sehen, die Fremde mit sich brächten. Auch das ist ein uraltes Motiv der Angst vor Weltläufigkeit und soll sie vor allem davor schützen, den eigenen Horizont zu erweitern.

Dies ist eine Demokratie, also darf man ein ängstlicher Hinterwäldler sein. Wenn nun die Welt immer öfter zu uns kommt, in die Dörfer, in die eigenen Gassen, könnte man sich freilich auch einmal dazusetzen, wenn „divanisiert“ wird, und zuhören…

+) Fokus Mitmensch [link]
+) From Diaspora to Diversities [link]

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