e-CULT, kulturell betrachtet

Links Erwin Eggenreich, rechts Christoph Stark mit Schülern der HTL Weiz, In der Mitte Iris Absenger-Helmli  und Anton Edl. | Foto: Gernot Muhr
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  • Links Erwin Eggenreich, rechts Christoph Stark mit Schülern der HTL Weiz, In der Mitte Iris Absenger-Helmli und Anton Edl.
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Wenn es um junge Menschen geht, ist heute nicht Rock & Roll oder Punk eines der maßgeblichen Schlüsselworte, sondern Kult. Mit Kult ist natürlich Emotion gemeint und Relevanz angedeutet.


Daher handelt ein neues regionales Projekt vom „e-CULT in der Energieregion“, was meint: „Unsere Jugend testet elektrische Zweiräder auf Herz und Nieren“.

Mag sein, daß sich die Jugend grundlegend geändert hat. In meinen Bubentagen wollten wir Mopeds nicht testen, sondern bloß haben und fahren. Die Motorisierung blieb das wesentliche Ereignis. Das Moped versprach neue Reichweite und markanten Auftritt. Cool war dabei, daß man nicht mehr strampeln mußte wie auf einem Fahrrad. Uncool war, daß Mopeds meist weder aussahen noch klangen wie „richtige“ Motorräder.

Mopeds darf man ohne Führerschein fahren, das war die soziale Revolution in den 1950ern. Die gesetzliche Begrenzung auf 40 Km/h Höchstgeschwindigkeit ist bis heute eine Fessel, der sich Youngsters mit Leidenschaft und erheblichem Strafrisiko entziehen.

Die aktuelle Presseaussendung zitiert Erwin Eggenreich, den Obmann der Energieregion Weiz-Gleisdorf und Bürgermeister der Stadt Weiz: „Wir wollen erfahren, ob sich unsere Jugend mit elektrifizierten Zweirädern durch umfassende Testmöglichkeiten identifizieren können.“

Ich wette, es ist nicht die Testmöglichkeit, sondern – wie schon angedeutet – vor allem der Gewinn an individueller Mobilität, gestützt auf Motorkraft, durch den Identifikation beginnen kann. Dazu kommen dann formale Aspekte der Fahrzeuge. Scooter, Mofa, Gatsch-Hupfer, Chopper oder Straßenhobel, die Genres entscheiden über die Identifikationsangebote.

Das heißt, es geht um Themenfelder. Scooter sind komfortabel, haben freien Durchstieg, werden salopp gefahren. Offroader und die Mopeds im Stil von Rennmaschinen werden mit Knieschluß gefahren und sind ein völlig anderes Statement als etwa die Chopper, die den entspannten Cruiser betonen.

Auf dem Pressefoto findet man Eggenreich ebenso wie seinen Stellvertreter, den Gleisdorfer Bürgermeister Christoph Stark. Sie repräsentieren beide eine Generation, die ein soziokulturelles Detail der Geschichte in dieser Region live erlebt haben dürften.

Es ist die Frontstellung zwischen Mods und Rockern, später noch erweitert um Punks. Der Hinweis auf diese Details einer verflossenen Jugendkultur liegt eigentlich in den gezeigten Fahrzeugen. Die grell lackierten Elektro-Scooter, emco NOVA R 2000, sind formal eigentlich dreiste Raubkopien des Klassikers Vespa von Piaggo.

Darin wird erkennbar, was „Kult“ in diesem Zusammenhang bedeutet. Solche Scooter, Vespas und Lambrettas, waren einst die bevorzugten Fahrzeuge der Mods (= Modernists). Undenkbar, daß ein Rocker Vespa fährt. Die beiden Lager gerieten immer wieder aneinander, Prügeleien waren keine Ausnahme.

Das läßt an die Vergangenheit der Energieregion denken, wo proletarische Milieus in Weiz eher Rocker hervorbrachten, das kleinbürgerlich geprägte Gleisdorf Mods erlebt hat. Da war gleichermaßen für Fronten gesorgt und es soll so manches Aufeinanderprallen der Gruppierungen gegeben haben.

Wie Rocker und Motorräder in Kinofilmen gefeiert wurden, hatten auch Scooter ihre glänzenden Momente. Für William Wylers Klassiker „Ein Herz und eine Krone“, worin Audrey Hepburn und Gregory Peck die Vespa feierten, war ich selbst zu jung. Aber dann kam Roger Daltrey.

Die Gruppe „Who“ hat den Mods plus ihren Scooters mit „Quadrophenia“ 1979 ein filmisches und musikalisches Denkmal gesetzt, was damals „Rockoper“ genannt wurde.

Der aktuelle Pressetext faßt die seinerzeit auf Konfrontation gebürsteten Milieus zusammen: „e-CULT Energieregion Weiz-Gleisdorf zielt speziell auf SchülerInnen und Lehrlinge in der Altersgruppe von 16 bis 20 Jahre ab. Ein interessanter Hinweis auf den heutigen Stand der Dinge, denn „SchülerInnen und Lehrlinge“ das waren eben einst getrennte Lager. Ist das heute grundlegend anders?

„Hierzu arbeitet die Energieregion Weiz-Gleisdorf mit regionalen Schulen, Jugendeinrichtungen und Lehrbetrieben zusammen und stattet rund 100 SchülerInnen und Lehrlinge mit 50 Pedelecs und vier E-Rollern aus. Diese testen die Jugendlichen von März bis Oktober 2016 kostenlos im Schul-, Berufs- und Freizeitverkehr.“

Das klingt nach wohlerzognen Menschen mit moderatem Benehmen. „Im Rahmen von Workshops und zwei Veranstaltungen können sie sich darüber hinaus mit ausgewählten Aspekten der zweirädrigen E-Mobilität auseinandersetzen und ihre Geschicklichkeit im Umgang mit diesen Fahrzeugen unter Beweis stellen.“

Da bin ich nun sehr neugierig, welche subkulturellen Varianten sich abzeichnen werden, denn ich rechne nicht damit, daß ein Gros junger Menschen sich in eben diesem Alter den Erwachsenen so freundlich widmen wird.

+) Der Scooter emco NOVA R 2000 [link]
+) Kunst Ost: Elektrik [link]

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