Ehemaliges Hotel National soll dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder weichen
Öffentliche und private Interessen treffen in der Taborstraße 18 aufeinander: Eine Bürgerinitiative will das denkmalgeschützte Zinshaus retten.
LEOPOLDSTADT. Staub wurde unlängst in der Bezirksvertretung aufgewirbelt, als ein Antrag zur Willensbekundung zum Spitalsausbau der Barmherzigen Brüder – einstimmig – beschlossen wurde. Heißen tut das de facto noch nichts, und doch ist es ein Schwenk mit dem Räumungsbescheid in Richtung der Mieter.
So einfach ist das allerdings nicht. An der Taborstraße 18 treffen gleich drei höchst unterschiedliche Interessen aufeinander: einerseits das der Mieter, die natürlich im Haus bleiben wollen, andererseits der Stadt Wien, die sich den Schutz von historisch wertvollen Gebäuden auf die Fahnen geschrieben hat, und letztlich das Interesse der Barmherzigen Brüder, die ihr angrenzendes Spital nur in eine Richtung erweitern können – und müssen. Seitens der Mieter hat sich nun auf Facebook eine Bürgerinitiative gegen einen möglichen Abriss des schutzwürdigen Gebäudes – erbaut im Jahr 1847 als "Hotel National" – gebildet. Mieter Stefan Ohrhallinger will jedenfalls im Haus bleiben. "Wir arbeiten gerade daran, eine Petition dagegen auf die Beine zu stellen. Derzeit sammeln wir Informationen", sagt der 42-Jährige. Zum Eigentümer des Hauses hatte Ohrhallinger noch keinen Kontakt. Die Hausverwaltung hätte die Nummer nicht hergeben wollen, so Ohrhallinger.
Pläne für Erweiterung
Das Gebäude wurde im Jahr 2009 von einer der drei Interessensgruppen gekauft: dem Spital der Barmherzigen Brüder. Tatsächlich erfolgte der Kauf mit der Absicht, es für den Spital-Ausbau nutzen zu können. Krankenhau-Gesamtleiter Helmut Kern meint dazu: "Es wurde im Hinblick auf den Ausbau erworben – wir müssen schließlich erweitern. Das ist die letzte Erweiterungsmöglichkeit, die wir überhaupt haben. Deswegen sind wir an die Stadt herangetreten. Aber mehr Pläne gibt es derzeit nicht." Die Taborstraße 18 sei schließlich im Ensembleschutz, so Kern. Konkrete Pläne gäbe es noch keine, doch sei der Abriss des Hauses aus der Sicht des Krankenhauses die günstigste Variante. "Ein Spital muss zahlreiche Richtlinien erfüllen, die wir in einem Altbau nur mit enormen Mehraufwand umsetzen können", sagt Kern.
Auf Konsens bedacht
Man sei jedoch kein Miethai und hätte auch nichts zu verbergen. Für Kern ein wichtiges Anliegen: Alles solle konsensual mit den Mietern ablaufen. Man habe keine Hauruck-Aktionen mit den Mietern vor. Diesbezüglich gäbe es vom Orden der Barmherzigen Brüder auch ein ausdrückliches Verbot. "Der Orden ist seit 400 Jahren an diesem Standort. Wir haben Zeit und wollen nichts überstürzen", sagt der Leiter. Dennoch habe man ein mittelfristiges Ziel vor Augen: In zwei bis drei Jahren wolle man bestandsfrei sein. Derzeit sei etwa die Hälfte des Hauses vermietet und es werden keine neuen Mietverträge mehr abgeschlossen. Ein konkreter Übersiedelungsplan für die verbliebenen Mieter werde gerade ausgearbeitet. "Die Mieter müssen jedoch damit einverstanden sein", sagt Kern. Wenn nicht, würde es eben länger dauern.
Die Angelegenheit ist letztlich eine politische Entscheidung: Dem schützenswerten Gebäude steht das Interesse eines Krankenhauses gegenüber. Beides sind öffentliche Interessen. Es wird am Ende also bei der Stadt Wien liegen, zu entscheiden, welches Interesse als höherwertig eingestuft wird.
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