Kurt Prinz zeigt die Endzeitästhetik in zerstörten Gebäuden

Mit seiner ständigen Begleiterin, der Mamyia RZ67, durchstreift der Fotograf Kurt Prinz die Ruinen der Stadt und schießt außergewöhnliche Bilder.
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  • Mit seiner ständigen Begleiterin, der Mamyia RZ67, durchstreift der Fotograf Kurt Prinz die Ruinen der Stadt und schießt außergewöhnliche Bilder.
  • hochgeladen von Andreas Edler

WIEN. Ein schneeweißer Schutthaufen, sicher vier Meter hoch, droht am Gelände des Alten Zollamts in den Keller zu brechen. Kurt Prinz steigt hinab und positioniert seine Kamera so, dass er die obere und die untere Ebene auf das Bild bringt. Plötzlich jubelt er: "Eine dieser außergewöhnlichen Aufnahmen. Dieses Bild hat alles was es braucht. Mehrere Ebenen, Tiefe, einen Überraschungsmoment. Hier drücke ich zweimal ab." Ein seltener Augenblick.

Wenn die Bagger vorfahren, um ein Gebäude dem Erdboden gleichzumachen, taucht auch der Ottakringer Fotograf Prinz auf. Was die Baumaschine zerstört, hält Prinz auf seinen Bildern fest. Die Ästhetik zerknickter Stahlbetonträger, die Schönheit zerbrochener Scheiben, das besondere Flair des Abbruchs: Der Wiener ist fasziniert von der Endzeitästhetik. Mit Gespür für die Bildgestaltung blickt er durch den Lichtschacht seiner ständigen Begleiterin, der Mamyia-Mittelformatkamera. Er komponiert die Fotos regelrecht, spielt gekonnt mit den Ebenen, Bruchlinien und neu entstandenen Formationen in der zerstörten Bausubstanz.

Nebel statt Kitsch

Prinz steht eigentlich auf nebelige Stimmungen, auf Schnee, auf Winter. Auf vielen seiner Bilder hüllen sich Ruinen in diesen Novembernebel, der unmittelbar die Sehnsucht nach dem Frühling auslöst. Der blaue Himmel und stimmungsvolle Sonnenuntergang, der das Alte Zollamt heute in ein warmes Licht taucht, sind nicht das Seine. "Solche Fotos hab ich probiert, aber letztlich wieder aus der Auswahl geschmissen. Zu kitschig", sagt Prinz.

Wo vor Kurzem noch Partys und Ausstellungen stattfanden, schleifen heute die Bagger Schicht für Schicht des 40 Jahre alten Gebäudes nieder. Stahlseile hängen aus zerborstenen Betronträgern, Schotterberge türmen sich, dazwischen steht ein einsamer Einkaufswagen – selbst der ist mit Schutt beladen. Die Umgebung ist in Wahrheit eine sehr feindliche. Überall könnte man sich aufschlitzen oder abstürzen. Im Hinterhof der Erdberger Liegenschaft eröffnen sich teilweise hochalpine Geröllfelder. "Es ist immer ein bisschen gefährlich. Man ist auf Motivsuche und sollte aber eigentlich darauf achten, wo man hinsteigt", so Prinz. Deswegen gehe er auch nicht gerne auf eigene Faust in Abbruchhäuser. Alleine gehen ist immer ein Risiko.

Prinz fotografiert mit einer analogen Kamera. Mit den Auslösungen ist er vorsichtig. Jedes Bild kostet Geld. Deswegen nimmt er sich Zeit, positioniert die Kamera mit Bedacht, rückt mal weiter nach vorne, dann wieder zurück. Er sucht den besten Ausschnitt. Dabei blickt er immer wieder durch den Lichtschacht seiner Mamyia-Mittelformatkamera und setzt das Bild mit einem Auge für jedes Detail zusammen. Ein letzter Check auf den Belichtungsmesser, dann drückt er ab. "Die analoge Fotografie zwingt dich dazu, dir mehr Zeit für jedes Foto zu nehmen. Hätte ich jetzt eine Digitalkamera, würde ich zehnmal aus verschiedenen Winkeln abdrücken und erst danach eine Auswahl treffen. Das Ergebnis wäre nicht dasselbe", so der 37-Jährige. Fotografische Filme würden auch eine andere, schönere Lichtstimmung als digitale Sensoren erzeugen. Mit ihnen wird die Realität so abgebildet, wie Prinz sich das vorstellt.

Sonntagnachmittags-Apokalypse

Doch was will er eigentlich zeigen, in dieser zerstörten, kaputten Parallelwelt? "Die Vergänglichkeit der Stadt", sagt der Ottakringer. "Die Zerbrechlichkeit von Strukturen, die wir oft für unzerstörbar halten." Er lichtet Gebäude ab, die im letzten Atemzug stehen, in einer ganz eigenen, ja eigenartigen Form. "Urban Exploring" nennt sich die Leidenschaft vieler junger Abenteurer, die tagtäglich in die auf den ersten Blick verborgenen städtischen Welten vordringen. "Sonntagnachmittags-Apokalypse" nennt Prinz sein Hobby selbstironisch. Mitunter eine Erscheinung der Wohlstandsgesellschaft. "Bei uns in dieser perfekten Welt, gerade in Wien, wo überall, wo man hinschaut, jedes Eck perfekt sein will, ist man natürlich fasziniert, wenn man diese Stellen findet. Es bringt einen raus aus der Normalität des Alltags", so der Fotograf im Interview in seinem neu erschienenen Bildband "Sezierte Architektur". Man dürfe nicht vergessen, dass die apokalyptischen Bilder, die in Wien nur vorrübergehend vor Prinz Linse auftauchen, beispielsweise in Aleppo zur Normalität gehören. Viele Menschen müssen tatsächlich in solchen Umgebungen leben. Auch bei uns könne die perfekte Welt durchaus nur vorrübergehend sein.

Auf den Motiven von Kurt Prinz ist zu erkennen, wie flüchtig, vergänglich und zerbrechlich alles uns Umgebende ist. Das ist seine Botschaft, das will er ausdrücken. "Schnell kann es gehen, und alles ist weg, wird zu Trümmern und Staub", sagt Prinz. Sein Bildband hat jedenfalls Bestand – vorerst.

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