Interview mit Walter Oblin
Post stellt Sendungen bis 2030 CO2-frei zu

Grußkarten haben im Sommer Hochsaison. Ein Sommergespräch mit Post-Vizevorstand Walter Oblin.

ÖSTERREICH. Wie geht die Post mit Nachhaltigkeit um? Wie ist es der Post während der Corona-Krise gegangen, und liegt die Zukunft der Zustellung bei Drohnen? RMA-Chefredakteurin Maria Jelenko-Benedikt sprach mit Post-Vorstandsmitglied Walter Oblin.

RMA: Die Post hat von der Corona-Krise profitiert, der online Handel ist explodiert. Wollen Sie mit Diversifizierungsmodellen mögliche Verluste nach Corona wettmachen, wie etwa mit der online Bank bank99?
Die Pandemie hat uns einerseits operativ ordentlich gefordert, hat uns aber auch mit großen Chancen versehen, insbesondere im Paketgeschäft. Der E-Commerce, wie Sie richtig angemerkt haben, hat geboomt. Die Post war aber an wesentlichen Stellen auch negativ betroffen, etwa durch Händler, die keine Werbung mehr versendet haben, keine Flugblätter, keine adressierte Werbung. Also es hat sich ganz gut ausgeglichen, aber in der Tat: Das Paketgeschäft ist unsere große Chance. Die Strategie, mit der wir versuchen, das Unternehmen zu entwickeln, hat drei Säulen: Zum einen, unser Kerngeschäft in Österreich – Brief- und Paketzustellung – zu verteidigen und auszubauen. Da investieren wir gerade massiv in den Ausbau unserer Kapazitäten im Paketgeschäft: in Verteilzentren, Zustellbasen und auch in die Aufnahme von Mitarbeitern. Wir waren eines der wenigen Unternehmen in der Krise, das substanziell Mitarbeiter eingestellt hat. Der zweite Schwerpunkt ist, dass wir außerhalb des Kerngeschäftes wachsen. Wir sind in acht osteuropäischen Ländern unter den Top 3 un. wir haben letztes Jahr in der Türkei die Nummer Zwei, die Aras Kargo, zu 80 Prozent übernommen. Und auch dort entwickelt sich das Geschäft sehr gut. Und das dritte ist, dass wir uns stärker in Richtung Konsumentengeschäfte entwickeln wollen. Da ist unser online Marktplatz shöpping ein Beitrag, E-Commerce in Österreich zu entwickeln. Und ein zweiter großer Schwerpunkt ist unsere Bank. Mit dieser Strategie sind wir gut durch die Krise gekommen und wollen gestärkt aus der Krise heraus weiter in diese Richtung investieren.

Mit „shöpping.at“ betreibt die Post ein Portal, das österreichische Unternehmen fördert. Ist Ihr Portal „daskuvert.at“ nicht eine neue Konkurrenz dafür?
Als Konkurrenz würde ich es nicht sehen. Kuvert.at ist die logische Verlängerung des papiergebundenen Kuverts, das ja die Hülle für Angebote aller Art darstellt, insbesondere für Flugblätter.. Und das digitale Kuvert ist im Prinzip eine Angebotsplattform, die den Österreichern und Österreicherinnen ermöglichen soll, den besten Preis für das, was sie suchen, zu finden. Da gibt es auch eine Preis-Vergleichsplattform und auch Angebote, die täglich wechseln. Wir sind hier erst in einer frühen Phase und auch das wird sich erst entwickeln.

Der Freibetrag für Pakete unter 22 Euro aus dem EU Ausland fällt. Erwarten Sie sich dadurch weitere Einbrüche oder wird das künftig durch den heimischen online Handel wett gemacht?
Das ist eine spannende Neuerung, die hier mit 1. Juli in Kraft tritt. Wir gehen schon davon aus, dass sich hier der Strom sehr billiger Warensendungen, insbesondere aus Asien deutlich reduzieren wird, weil sie durch Einführung der Einfuhrumsatzsteuer ab dem ersten Cent teurer werden. Am Ende ist das jedoch eine Gleichstellung mit dem lokalen Handel. Es ist auch schwer nachvollziehbar, wieso der Händler unten auf der Straße Umsatzsteuer verrechnen muss, und der Händler aus China nicht. Wir werden sehen wie sich das tatsächlich entwickelt, aber es wird sicherlich zu einer deutlichen Volumenreduktion von Importen kommen.

Welche Schritte setzt die Post zum Thema Nachhaltigkeit bzw. wie beteiligt sich die Post an dem EU Ziel CO2 neutral zu werden?
Wir haben uns sehr früh intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt und wir haben heuer unser zehn-Jahres-Jubiläum des Programms, des "Co2-neutrale Zustellung", bei dem wir seit 2011 versprechen, Briefe und Pakete in Österreich CO2 neutral zuzustellen. Das funktioniert einerseits, indem wir Energie einsparen und auf der anderen Seite stark auf das Thema Elektromobilität setzen. Den verbleibenden CO2-Footprint kompensieren wird durch den Zukauf von Zertifikaten. Wir haben uns das Ziel gesetzt, bis 2030 CO2-frei, also komplett ohne Ausstoß von CO2 in Österreich zuzustellen. Das heißt, dass wir bis 2030 komplett auf Elektromobilität oder andere alternative Antriebsformen in der Zustellung umstellen werden. Das klingt noch weit weg, heißt aber im Wesentlichen, dass wir ab sofort eigentlich nur noch Elektromobile und Elektroautos für die Zustellung bestellen. In der Verbundzustellung, also am Land, wo wir Briefe und Pakete in mittelgroßen Autos gemeinsam zustellen, da funktioniert das auch schon exzellent. Die größeren Paketzustelltransporter sind noch in einer Pilotphase z.B.: in Graz und auch der funktioniert gut.

Wie weit ist die fahrbare Post-Flotte schon auf E-Mobilität umgestellt?
Wir betreiben mit Abstand die größte Elektroflotte Österreichs. Wir haben über 2.100 Elektrofahrzeuge im Einsatz, vom Elektrofahrrad bis zu einer ganz großen Flotte an Vans, mit denen wir Briefe und Pakete zustellen. Da reden wir über circa 25-30 Prozent unserer Flotte und jedes Jahr kommen da 500 bis 1000 neue Fahrzeuge hinzu, bis wir im Jahr 2030 komplett verbrennerfrei sein wollen.

Wann werden Drohnen in der Post eingesetzt?
Wir sehen nicht, dass Drohnen ein substanzieller Teil der Zustellung werden . Wir haben an den Spitzentagen in Österreich letztes Jahr an einem Tag eine Million Pakete zugestellt. Das heißt, dass wir in Wien ca. 250-300.000 Pakete an einem Tag zugestellt haben. Der Himmel wäre schwarz, würden wir das mit Drohnen zustellen. Wir glauben, das hat vielleicht ein Nischenpotenzial. Beispielsweise für die Zustellung eines Medikaments auf eine Almhütte, da macht es sicherlich Sinn – da haben wir einen erfolgreichen Pilot gemacht. Aber aktuell ist das kein Thema, auf das wir in naher Zukunft massiv setzen.

Gibt es auch im Sommer wieder die Möglichkeit elektronische Grußkarten zu verschicken?
Ja natürlich, die gibt es nicht nur im Sommer, die gibt es zu Ostern, Weihnachten und das ganze Jahr. Ich glaube, das ist eine sehr persönliche, schnelle Möglichkeit, Grüße aus dem Urlaub zu schicken, Fotos zu machen,mit unserer App die Postkarte mit ein paar persönlichen Worten zu versehen und am nächsten oder übernächsten Tag ist dann die Karte auch schon zugestellt. Selbst aus Asien oder vom Mittelmeer, wo auch immer Sie auch sind.

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