Interview mit Ilse Kienast, Mitarbeiterin der Firma SLC-Europe, am 30. Juli 2015

In lockerer Tee-Runde: Familie Hussaini mit Martha Kohl (Pfarre), Karl Elsigan (Bürgermeister), Ilse Kienast und Ronny Schügerl (SLC-Europe) (2. bis 5. v.l.) in der Schwarzenauer Wohnung.
  • In lockerer Tee-Runde: Familie Hussaini mit Martha Kohl (Pfarre), Karl Elsigan (Bürgermeister), Ilse Kienast und Ronny Schügerl (SLC-Europe) (2. bis 5. v.l.) in der Schwarzenauer Wohnung.
  • hochgeladen von Ulrich B. Küntzel

Bezirksblätter (BB):
„Womit beschäftigt sich die Firma SLC-Europe?“

Ilse Kienast (I. K.):
„Wir kümmern uns um Asylwerber, egal ob im Familienverband oder alleinstehend, damit diese ein ordentliches Dach über den Kopf bekommen. Wir sind ein privater Quartiergeber und arbeiten in enger Kooperation mit dem Land Niederösterreich sowie mit standortnahen Stützpunkten der Diakonie. Das Waldviertelteam besteht z.Z. aus drei (demnächst vier) Betreuerinnen und zwei Haustechnikern. Momentan werden in 38 Wohnungen in den Bezirken Gmünd, Waidhofen/Th. und Zwettl Asylwerber betreut.“

BB:
„Worin besteht die Betreuungsleistung?“

I. K.:
„Zunächst inspizieren wir die entweder uns direkt oder dem Land angebotenen Quartiere auf Tauglichkeit für eine bestimmte Personenanzahl. Wenn die Miete angemessen erscheint, nehmen wir sie auf in die Liste und schauen, welche Asylwerbergruppe dafür in Frage kommt. In Schwarzenau passte die Wohnung optimal zur afghanischen Familie Hussaini, die sie auch gerne annahm.
Weiters bringen wir den Asylwerbern an jedem Monatsbeginn Hygieneartikel, Waschmittel und Babywindeln (bis zum Alter von drei Jahren). Unsere angestellten Haustechniker sorgen für Licht, Wärme und alles andere auf technischem Gebiet. Zwei bis drei Mal pro Woche ist jemand von uns vor Ort, kontrolliert die Wohnungen und schaut auf den Gesundheitszustand der Bewohner.“

BB:
„Bekommen die Asylwerber von Ihnen Geld?“

I. K.:
„Ja, wir zahlen auch die Standardsätze aus. Einmal pro Woche wird Geld jedem Asylwerber in bar ausgehändigt. Davon müssen unsere Selbstversorger wie die Hussainis ihren Lebensunterhalt bestreiten.“

BB:
„Wie viel Geld bekommen Selbstversorger?“

I. K.:
„In Niederösterreich bekommt jede Person eines Selbstversorgerhaushaltes unabhängig von Alter und Geschlecht genau 5,50 € pro Tag, also 38,50 € pro Woche ausgezahlt. Die siebenköpfige Familie Hussaini erhält mithin 269,50 € pro Woche Unterstützung.“

BB:
„Wie lange wird das gezahlt?“

I. K.:
„So lange die Asylwerber in der Grundversorgung sind und bis ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Danach haben die Asylanten maximal drei Monate Zeit, sich eine neue Wohnung zu suchen.“

BB:
„Wie lange dauert die Bearbeitung von Asylanträgen?“

I. K.:
„Ganz unterschiedlich, zwischen ein paar Wochen bis über ein Jahr. Im Schnitt sind unsere Asylwerber etwa ein halbes Jahr im Quartier.“

BB:
„Wie sieht es mit Arbeit für Asylwerber aus?“

I. K.:
„Asylwerber dürfen nicht in Betrieben, auch nicht in der Landwirtschaft, auch nicht gegen Vergütung in Naturalien arbeiten. Allein Tätigkeiten mit gemeinnützigem Zweck dürfen bis 100,00 € pro Monat Zuverdienst verrichtet werden. Die meisten wollen aber unbedingt etwas tun.
Mit dem positiven Asylbescheid kommt dann auch die Arbeitserlaubnis.“

BB:
„Sind Asylwerber krankenversichert?“

I. K.:
„Ja, aber sie bekommen keine e-Card, sondern ein Papier mit einer Versicherungsnummer, über welche der Arzt dann abrechnet.“

BB:
„Gibt es weitere Dienstleistungen für Asylwerber, die SLC-Europe übernimmt?“

I. K.:
„Ja. Wir kümmern uns z.B. um die Unterbringung der Kinder in den Volksschulen und Kindergärten. Weiters händigen wir die übertragbaren Bus-Monatstickets aus, die jeweils eine beliebige Person benutzen kann. Voraussetzung ist das Mitführen der sogenannten Asylkarte, die jeder Bewerber bekommt. Gutscheine für Schulsachen, Kleidung und Schuhe, die in Filialen bestimmter Handelsketten einlösbar sind, außerdem für Sachen aus dem CarLa, werden von der von der Diakonie gestellt.“

BB:
„Wie schaut es aus mit der Koordination von Bedarf an Gegenständen einerseits und dem Angebot an Sachspenden andererseits?“

I. K.:
„Das ist nicht unsere Aufgabe, auch nicht die Begleitung zum Arzt oder zu Behörden. Nur wenn ‚Alarmstufe Rot’ herrscht, helfen wir natürlich aus. In Schwarzenau wird dies dankenswerter Weise von der Nachbarschaftsinitiative und von der Pfarre erledigt.“

BB:
„Eine abschließende Frage: Kann die Situation der Hussainis in Schwarzenau als optimal bezeichnet werden?“

I. K.:
„Ja, hier passt wirklich alles, besser geht’s nicht. Die freiwillige Nachbarschaftshilfe ist vorbildlich, die Integrationsbemühungen seitens Gemeinde und Pfarre ebenfalls, und die Organisation der Sprachkurse auf Ebene der Kleinregion ASTEG mit Fahrdienst für alle Asylwerber in den Mitgliedsgemeinden eine großartige Idee. Dennoch stehen auch wir von SLC-Europe gerne für alle Fragen und Vermittlungen weiterhin gerne zur Verfügung. Telefonnummer der Bezirksleiterin Frau Fraissl: 0660 – 77 08 144“

BB:
„Frau Kienast, herzlichen Dank für das Interview.“

Schwarzenaus Bürgermeister Karl Elsigan, der während des Interviews in der Wohnung der Flüchtlingsfamilie zugegen war, äußerte sich wie folgt:

„Es sollte selbstverständlich sein, dass man Menschen in Not Hilfe gewährt. Nur darüber zu reden oder es lauthals zu fordern reicht nicht, es selbst zu tun ist das Gebot.
Wir können froh sein in einem Land zu leben, in dem man nicht ständig um sein Leben fürchten muss – darüber sollten sich alle Österreicher im Klaren sein.
Dass es in Schwarzenau so viele Menschen gibt, die sich ohne zu zögern und ohne Gegenleistung einfach um die Asylwerberfamilie kümmern, ist großartig, allen gilt mein Dank. Es ist sehr erfreulich, dass in Schwarzenau die Menschlichkeit zu Hause ist.“

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