Der CEO mit neunzig Jahre alter Lederhose, roter Brille und roten Waldviertler Schuhen
Er war früher oft am Bauernmarkt und hat gemerkt, die Hose fällt auf. Sie erdet ihn und gibt ihm die Freiheit des Spinners. Freiheitsliebend war er immer. Es war ein Grund, um sich selbstständig zu machen. Sein Ruf war ruiniert. Er war der Lederhosenjunkie. Er war der erste Grüne im schwarzen Waldviertel. Grad, dass sie ihn nicht angespuckt haben. In Zwettl zeigten ihn Nachbarn laufend an, die Gewerbeabteilung legte ihm nahe, aus der Region wegzugehen. Aber er ließ sich seine Idee nicht nehmen, weil er gewusst habe, das ist seines.
Während die internationalen Konzerne immer größer und undurchsichtiger werden und der Wert des arbeitenden Menschen oft nur noch in Klicks und Cents bemessen wird, ging der Waldviertler Unternehmer Johannes Gutmann seit 28 Jahren einen völlig anderen Weg. Im Juni 2015 berichtete das Wirtschaftsblatt: "Das Waldviertler Bio-Unternehmen Sonnentor hat im Geschäftsjahr 2014/2015 seinen Umsatz in Österreich wie in Tschechien gesteigert. 33,4 Mio. Euro hierzulande seien ein Plus von neun Prozent gewesen. 7,7 Mio. Euro in Tschechien hätten mehr als zehn Prozent bedeutet. 260 bzw. 90 Mitarbeiter seien beschäftigt, 35 neue Arbeitsplätze geschaffen worden. Das Unternehmen exportiert eigenen Angaben zufolge 65 Prozent seiner Produkte in mehr als 50 Länder weltweit."
Vierzehn Tage an der Wirtschaftsuni und vier Jobs als Unselbständiger
Nach der Matura ging Johannes Gutmann an die Wirtschafts-Uni in Wien. Er blieb genau zwei Wochen: "Ich habe mich gefragt, was die da tun. Es war derart unglaubwürdig." Gutmann war dann vier Mal unselbstständig tätig. Zwei Mal ist selber gegangen, zwei Mal wurde er rausgeschmissen. Da hat er am eigenen Leib erfahren, wie mit Mitarbeitern umgegangen wird. Das wollte er nicht mehr. Das Geld für ein eigenes Unternehmen hat ihm die Wirtschaftskammer Niederösterreich geliehen, was mutig war, sagte er kürzlich.
In der Bio-Szene war Gutmann dann schon vor 28 Jahren recht solide vernetzt. "So mit den Jesus-Patscherln und dem Lebensgefühl, das diese Bio-Läden ausgestrahlt haben, konnte ich mich nie anfreunden", sagte er später. "Da wurden endlich wieder mehr sinnliche Lebensmittel produziert. Diese wurden insziniert wie Medizin in einer Apotheke."
Für Gutmann war Bio nicht nur damit verbunden, dass diese Produkte gesund sind.
Ihm war klar, dass er das Kaufverhalten der Menschen nur mit Freude, Humor, Leidenschaft und Sinnlichkeit aufbrechen konnte. Die Sonnentor Tees haben Namen wie Seelensonne , Sternentanz, Lichterglanz, Sonnenkind und FrühlingsKuss und die Namensgebung kommt nicht von ungefähr: Aus einem Tee wurde ein emotionales Produkt, das jeder haben möchte. Und es sind Lebensmittel mit einem wahren Wert, die sorgfältig nach menschlichen und natürlichen Prinzipien produziert wurden. Im Mittelalter haben die Bauern eine Scheibe Holz mit Strahlen an den Hof genagelt. Das war das Zeichen der freien Bauern. Daher kommt die Sonne als Logo von Sonnentor.
Mit Franchisepartnern pflanzt Sonnentor neue Bäumchen und einige davon haben schon ordentlich Wurzeln geschlagen. Mit diesen Herausforderungen wachst Sonnentor wieder mit. Es ist ein ständiges weiter entwickeln. Johannes Gutmann meint damit nicht unbedingt Wachstum. Er meint erster Linie Erkenntnis: "Was brauchen wir, was brauchen wir nicht, was bringt uns weiter und was müssen wir wieder verändern, um nicht verändert zu werden."
Knallharter Unternehmer oder Öko Fuzzi aus dem Waldviertel?
Was ist Johannes Gutmann jetzt wirklich? Ein knallharter Unternehmer oder ein Öko-Fuzzi? "Ich bin eine gesunde Mischung. Die verträumte heile Welt gibt es, und die will ich hinaustragen. Aber ich muss das auch verkaufen können. Ich sage meinen Bauern und Partnern, was ich zahlen kann und was nicht."
Seine rote Brille ist von der Brillen Manufaktur Schau-Schau. Die leistet er sich alle paar Jahre. Das ist ein Markenzeichen von ihm. Sie wird nicht kaputt. Er gönnt sich eine handgemachte Jacke, die von einer steirischen Manufaktur genäht wird und Waldviertler Schuhe.
Gut geht anders. Johannes Gutmann und Peter Gnaiger, 2013, Ecowin Verlag: Salzburg
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.