Kein Herzkatheter für Braunau
Stattdessen Hubschrauber-Nachtdienst fürs Innviertel
- Drei zusätzliche Herzkatheter erhalten die Spitäler in Linz und Wels. Braunau geht leer aus.
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Nun ist es fix: Das St. Josef Spital in Braunau ist mit seiner Bewerbung als neuer Standort für einen Herzkatheter „abgeblitzt“.
BRAUNAU (ebba). Mit einem Herzkatheter können Erkrankungen des Herzens auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden. Das Gerät dient nicht nur für Untersuchungen, sondern auch für Behandlungen, zum Beispiel, um sogenannte Stents einzusetzen. Bei Herzinfarkten rettet der Herzkatheter Leben. Doch im gesamten Innviertel ist keine Koronarangiographie-Anlage, wie der Herzkatheter im Fachjargon heißt, in Betrieb. Patienten aus Braunau müssen für Untersuchungen nach Linz, Wels oder Salzburg gebracht werden.
Eine belastende Tatsache, erklärt Heidi Kasper, Leiterin der Herzgruppe Braunau: „Wir Betroffenen gehen Nacht für Nacht mit Angst ins Bett.“ Dabei gab es von 2008 bis 2011 einen Herzkatheter im benachbarten Simbach, der grenzübergreifend genutzt wurde. Im Zuge der Spitalsreform 2011 fiel jedoch der Beschluss, dass sich das Land OÖ nicht mehr an den Kosten der Herzkatheter-Leistungen in dem bayrischen Spital beteiligen wird. Das bedeutete das Aus für die grenzüberschreitende Einrichtung.
Ständige Bemühungen
Immer wieder gab es Versuche, den Herzkatheter zurück in die Region zu holen. Etwa vonseiten der SPÖ. Zuletzt sammelte die Herzgruppe Braunau 12.854 Unterschriften für einen Herzkatheter im Krankenhaus Braunau. Diese Liste wurde am 2. Juli an Gesundheitsreferentin Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) übergeben. „Wir haben ihr unsere Ängste mitgeteilt“, so die Herzgruppenleiterin. Doch auch dieser erneute Vorstoß konnte nichts mehr bewirken. Haberlander informierte über die Pläne des Landes OÖ, in den nächsten Jahren die bestehenden Herzkatheter-Zentren im Kepler-Universitätsklinikum, im Klinikum Wels und im Ordensklinikum Linz Elisabethinen mit drei zusätzlichen Geräten zu stärken.
Heidi Kasper: „Ein Rückschlag für uns. Ich verstehe nicht, warum man Braunau so ausbluten lässt.“
- Heidi Kasper, Leiterin der Herzgruppe Braunau.
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Das Krankenhaus Braunau, welches sich als neuer Herzkatheter-Standort beworben hatte, bekommt keine eigene Koronarangiographie-Anlage, da Expertise, Personal und Fallzahlen besser an den bereits bestehenden Standorten gebündelt sei. Zehn Millionen Euro investiert das Land in die drei neuen Geräte samt Infrastruktur und Personal. Diese sollen Anfang der 2030er-Jahre laufen. Derzeit gibt es fünf „Herz-Maschinen“ im Land, aufgeteilt auf die drei Spitäler, die nun mit zusätzlichen Geräten ausgestattet werden.
Braunau scheitert an Kapazitäten
„Internationale Erfahrungen zeigen, dass eine Verbesserung der Versorgungsqualität von Herzpatienten am besten durch eine Stärkung der etablierten, spezialisierten Zentren erzielt werden kann“, betont Primar Clemens Steinwender vom Kepler-Uniklinikum in Linz. Um eine 24-Stunden-Versorgung aufrechterhalten zu können, brauche es mindestens sechs voll ausgebildete, interventionelle Kardiologen und entsprechend ausgebildete Pflegekräfte. Und diesen 24-Stunden-Betrieb könne das Krankenhaus Braunau nicht ermöglichen. Ein neues Herzkatheter-Zentrum, welches nur Montag bis Freitag untertags oder gar nur an Vormittagen in Betrieb ist, sei nicht sinnvoll, so Haberlander. Denn ein akuter Herzinfarkt könne jederzeit auftreten.
Christine Haberlander: „Den Menschen überall im Land bestmöglich zu helfen, ist unser Ziel. Die moderne Medizin bietet dafür immer neue Chancen und Möglichkeiten. Dabei entscheidet heute weniger der Standort eines Geräts, als das Zusammenspiel von Rettungsketten, Spezialisten und Technik.“
- LH-Stv. Christine Haberlander: „Wir müssen eine bessere Rettungskette haben, damit die Menschen schneller ins Krankenhaus kommen. Deshalb werden wir im Innviertel den Rettungshubschrauber auf 24/7 ausweiten.“
- Foto: Land OÖ/Denise Stinglmayr
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Hubschrauber statt Herzkatheter
Nachdem es also keinen eigenen Herzkatheter für Braunau geben wird, habe man stattdessen mit dem ÖAMTC vereinbart, den Notfall-Hubschrauber in Suben künftig 24/7, also auch nachts, zu betreiben. Wenn zeitnah zusätzliche Piloten und Flugcrew gefunden werden, könnte der Rettungs-Heli schon ab nächstem Jahr 24 Stunden im Innviertel im Einsatz sein – um im Notfall Patienten mit Herzinfarkt nach Linz oder Wels zu fliegen. Zusätzlich will Haberlander die Zusammenarbeit mit dem Bundesland Salzburg intensivieren, um die Versorgung für geplante Eingriffe und Notfälle aus dem angrenzenden Oberösterreich zu verbessern.
St. Josef zeigt sich einsichtig
„Das Krankenhaus Braunau hätte die Entscheidung für einen Herzkatheter im eigenen Haus natürlich begrüßt. Wir sehen aber die positiven Entwicklungen, die die geplanten Maßnahmen des Landes OÖ mit sich bringen, um die kardiologische Versorgung auch in unserer Region entsprechend der Richtlinien sicherzustellen. Festhalten möchten wir, dass allen Patienten im Krankenhaus Braunau auch weiterhin eine kardiologische Versorgung auf fachlich höchstem Niveau geboten und alles unternommen wird, um diese Qualität aufrechtzuerhalten und auch weiter zu erhöhen", heißt es in der Reaktion des Braunauer Krankenhauses.
Politische Stellungnahmen
Elke Gapp, stellvertretende Gemeindegruppensprecherin der Grünen: "Das Krankenhaus Braunau hat mit Primar Auer einen Experten in Sachen Herzkatheder vor Ort und mehrere Kardiologen, die bereit sind, sich diese Expertise anzueignen, sobald sie die Möglichkeit dazu haben. Nach einer Vorlaufphase ist also sehr wohl eine 24/7-Versorgung am Krankenhaus Braunau möglich und wird auch angestrebt. Die Einrichtung eines Herzkatheterlabors im Krankenhaus Braunau ist ein notwendiger Schritt, um die kardiologische Versorgung in unserer Region langfristig abzusichern. Gerade in einer ländlichen Region wie unserer müssen moderne medizinische Standards für alle rasch erreichbar sein – das ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Gesundheitsvorsorge."
Grünen-Gesundheitssprecherin Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz: „Dass das Krankenhaus Braunau keinen Herzkatheter bekommt, ist schwer verständlich und die Enttäuschung der Brauner:innen nachvollziehbar. Sie fragen sich schon zu Recht, warum die drei zusätzlichen Herzkatheter wieder in den Zentralraum und sie im Bezirk leer ausgehen. Denn neben der Spezialisierung in Linz und Wels muss auch eine regionale, hochwertige Versorgung gerade der Herzpatient:innen gesichert sein. Rund 12.000 Menschen haben mit ihrer Unterschrift einen Herzkatheter für Braunau gefordert. Die Stimmen müssten ernst und diese Standortentscheidung nochmals überdacht werden."
SPÖ-Landtagsabgeordnete Pflegesprecherin Gabriele Knauseder: „Ein Herzkatheter in Braunau wäre essenziell für die medizinische Versorgung im Innviertel gewesen. Aber LH-Stellvertreterin Haberlander zeigt mit ihrer Absage den Innviertlerinnen und Innviertlern die kalte Schulter. Und eine Absage durch Primare jener Krankenhäuser, die nun selbst profitieren, ist taktlos.“
SPÖ-Gesundheitssprecher und dritter Landtagspräsident Peter Binder: „Ich bin zwar selbstbewusster Linzer Abgeordneter, dennoch bin ich überzeugt, dass die Fokussierung auf die Krankenhäuser im Zentralraum in einem Flächenbundesland wie Oberösterreich einfach falsch ist. Denn diese weisen mitunter stets die längsten Wartezeiten auf alle Untersuchungen und Operationen auf.“
- SPÖ-Landtagsabgeordnete Pflegesprecherin Gabriele Knauseder mit ihrem Parteikollegen Gesundheitssprecher und dritter Landtagspräsident Peter Binder.
- Foto: MecGreenie
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„Wir werden uns die Herzversorgung in Oberösterreich nun mittels Landtagsanfrage sehr genau ansehen – rechtzeitig, um möglichst rasch für eine bessere flächendeckende Versorgung im Flächenbundesland Oberösterreich zu sorgen“, kündigen Binder und Knauseder an.
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