Kommentar
Von "redlichen" und "höflichen" Pleitiers
Laut EU-Richtlinie müssen Unternehmer ab Juli 2021, die "redlich" gescheitert sind, nach mindestens drei Jahren entschuldet werden.
Hintergrund: Diese sollen schnellstmöglich wieder auf eigenen Beinen stehen und eine neue Firma gründen. Das ist ein gezieltes Programm, um Selbständigkeit zu fördern. Ist klug durchdacht, doch haben die EU-Gesetzeshüter die Rechnung nicht mit Österreichs Wirten gemacht. Denn nun wird hierzulande diskutiert: Was heißt "redlich"? Und wann ist eine Firma "redlich" gescheitert?
Wenn ich mir zum Beispiel als Unternehmer blauäugig von einem Partner Geld leihe, der pleite geht, und ich selbst damit in die Pleite rutsche, bin ich dann "redlich" gescheitert? Solche Fälle wird die Judikatur künftig häufig beschäftigen. Und nun wird auch noch darüber diskutiert, auch "redliche" Private nach drei Jahren zu entschulden. Na, Prost. Dann werden wir eine Heerschar an Richtern brauchen, die feststellen müssen, ob der Privatpleitier vorsätzlich und hinterlistig, oder gutmütig, also "redlich", pleite gegangen ist. Ein unternehmerisches Risiko hat er ja (meist) nicht zu tragen, trägt also nicht wirklich zur Wirtschaftsentwicklung des Landes bei.
Übrigens: Googelt man nach "redlich", so lernt man, dass dieser Begriff 729 Synonyme hat, darunter „ehrlich", "verlässlich", aber auch "unverdorben" und "höflich". Ob alle "redlich" Gescheiterten auch wirklich diese Eigenschaften mitbringen, bleibt dahingestellt.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.