Im Carla Amstetten: Armut wird hier spürbar
Warum der Caritas-Laden einen enormen Ansturm erlebt und nicht nur arme Menschen hier Kleidung finden.
AMSTETTEN. Ich gehe gern hier einkaufen, erzählt eine Carla-Kundin. Ich schätze die Vielfalt an der Kleidung, sagt sie über den Second-Hand-Shop der Caritas, das bekomme man nicht überall in Amstetten.
Seit über zwei Jahren ist die Mutter dreier Kinder arbeitslos. Sie gehe mit gutem Gewissen hier einkaufen, auch wenn sie es sich leisten könnte, sie würde es gar nicht wollen.
Einkaufen im Carla
Jeder könne die gespendete Kleidung aus zweiter Hand im Caritas-Laden einkaufen und sein Geld somit einem sozialen Kreislauf zuführen, erklärt Christian Köstler, Leiter der Pfarr-Caritas. Genutzt wird das Angebot allerdings vor allem von Amstettnern, die von Armut betroffen sind.
Auch Menschen mit wenig Geld könnten sich hier ihre Kleidung selbst aussuchen und würden nichts zugeteilt oder vorgesetzt bekommen, so Köstler über eine Behandlung auf Augenhöhe.
Ansturm auf den Shop
Es gebe Tage, an denen könne man nicht einmal mehr durch das Geschäft gehen, erzählt Köstler vom Ansturm der letzten Monate.
Heuer hätte man die Kundenzahlen des Vorjahres bereits erreicht, erzählt Carla-Leiterin Grete Gamper. Bereits im letzten Jahr seien diese "explodiert".
25.000 Kunden im Jahr 2015
25.000 Kunden, vom Alleinerzieher über Mindestsicherungsbezieher und Flüchtlinge bis hin zum umweltbewussten Second-Hand-Shopper, kauften 2015 im Carla ein, das entspricht rund 120 Kunden pro Öffnungstag.
Gutscheine für Menschen in Not
Rund die Hälfte machen dabei Käufe mit Gutscheinen aus. Diese bekommen die Kunden nach einer Beratung und Überprüfung durch die Caritas Sozialberatung zugeteilt.
Die Menschen können sich das Wohnen, Essen und die Kleidung nicht mehr leisten, berichtet Marianne Weigl von der Caritas Sozialberatung über die Hauptgründe der Ansuchen – 3.300 gab es 2015 in der Diözese.
Genaues Hinsehen notwendig
Wer Gutscheine erhält, wird zuvor "lückenlos" überprüft. Das stößt nicht immer auf Verständnis, sagt Weigl. Doch schließlich hätte man nicht nur eine Verantwortung gegenüber den Spendern, man suche bei derartigen Beratungsgesprächen immer Wege zur Selbsthilfe. Auch das brauche genaueres Hinsehen, so Weigl.
Eigenleistung und Solidarität
Um den Menschen helfen zu können, brauche es "die Offenheit der hilfesuchenden Personen, ihre Situation darzulegen, zu reflektieren und gemeinsam Wege zu erarbeiten", sagt Caritas-Direktor Hannes Ziselsberger beim Besuch des Carla. "Wir fordern auch Eigenleistung und Mitarbeit", meint er und betont: "Wir bemühen uns, allen Betroffenen zu helfen."
Gleichzeitig brauche es auch Solidarität, sagt Ziselsberger und verweist etwa auf die Elisabethsammlung am Sonntag, 13. November.
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