Tradition: Pfadfinder und Nikolaus in Bad Vöslau
"Nikolaus" Werner Feltrini schildert, wie in den 1950er-Jahren alles begann...
In wenigen Tagen werden wieder Pfadfinder von Bad Vöslau zur „Nikolaus-Zentrale“ eilen. Dort haben eifrige Leute schon die Adressen der wartenden Kinder notiert. Die Gewänder sind schon vorbereitet, auch Säcke für die Geschenke und ebenso warten die furchterregenden Masken und Felle der Krampusse auf die kommenden Einsätze.
Begonnen hat alles zu Beginn der Fünfziger-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Nikolaus- und Krampusgewänder wurden selbst geschneidert. Damals waren Autos eine Seltenheit, so fasste ein damaliger Pfadfinderführer die Idee, sein schon eigenes Motorrad zu starten und den Nikolaus einfach auf den Soziussitz zu verfrachten. So rasten die beiden zu den Familien, doch auch zu Fuß mußten in dieser Zeit Nikolaus und Krampus sehr weite Strecken bewältigen.
Wie viele andere der Pfadfinder (Gruppe und Gilde) habe ich vor etwa 25 Jahren als Nikolaus-Fahrer begonnen. Nein, ich muß mich korrigieren, natürlich waren und sind wir die „Himmelskutscher“, die den mächtigen Schlitten mit Nikolaus und vielen Paketen sicher durch die winterlichen Straßen der Stadt führten. In Wirklichkeit sind es natürlich noch immer Autos, kleine und größere. Wir halfen also als Chauffeure unsere Säcke mit den Geschenken, die vor den Türen der Wohnungen schon bereitgestellt waren, zu füllen. Auch geleiteten wir unseren hohen Herrn, der ja nicht zuletzt wegen der doch ungewohnten Kleidung sehr würdevoll schreiten mußte, zu den Räumen, wo Kinder und Erwachsene auf das Kommende warteten.
Nach kurzer Zeit wollte ich selbst in die Rolle des würdigen Herrn schlüpfen und fasste den Entschluß, Nikolaus zu werden. Meine Lehrmeister waren jene, die schon jahrelang erfolgreich aus dem „Goldenen Buch“ die Namen der Kinder vorlasen. Ich eignete mir aber auch selbst vieles aus Büchern an, so muß der Nikolaus ja wohl wissen, daß das weiße Gewand die „Albe“ ist, die Schnur herum das „Cingulum“, die Mütze die „Mitra“.
Wir besuchen rund um den Nikolaustag abends viele Kinder, Mamas und Papas, Omas und Opas, doch auch vormittags sind meine Freunde und ich oft unterwegs: Kindergärten stehen auf dem Programm, manchmal auch Volksschulen. Immer mehr wird aber gewünscht, der Krampus möge bitte nicht mitkommen!
Manches mal sind selbst Nikolaus und sein Himmelskutscher überrascht, daß die Vielzahl der Geschenke beinahe nicht mehr in den doch recht geräumigen Sack paßt – und dies auch dann, wenn im Himmelsbuch nicht nur Gutes und Lob vorzulesen ist. Im übrigen wird man sogar als Heiliger Mann nachdenklich, denn Geschenke sollten ja nur Brave bekommen, aber Böse? Nun, jedenfalls waren auch die Besuche in unserem Jakobusheim hin und wieder recht emotionell. Einem sonst immer sehr schweigsamen, bettlägrigen Bewohner kamen Tränen in die Augen, als er mich sah und ich ihn ansprach. Bestimmt wurde er an seine Jugend erinnert …
Eines ist aber ganz sicher: Kinder glauben auf jeden Fall an den älteren Herrn, der da vor Ihnen steht. Sogar in jenen Fällen, bei denen ich vorerst – wie in manchen Kindergärten gewünscht – meine wertvolle Kleidung vor den Kindern anziehe und die einzelnen Schritte erkläre: In voller Pracht bin ICH für sie einfach der Nikolaus.
Einen wunderbaren und sehr wichtigen Nebeneffekt bringt unsere Aufgabe aber auch: Wir Pfadfinder verwenden die bei unseren Besuchen erhaltenen Spenden allein für soziale Projekte in unserer engsten Heimat, wie etwa Hilfe für MS-Patienten, Familien in Not, Hilfe für Kinder und Jugendliche.
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