Tierschützerin im Interview
„Ich mache diese Arbeit aus Überzeugung und Liebe“

Johanna Stadler, Geschäftsführerin des Tierschutzhofes Pfotenhilfe in Lochen. | Foto: Pfotenhilfe
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  • Johanna Stadler, Geschäftsführerin des Tierschutzhofes Pfotenhilfe in Lochen.
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Seit zehn Jahren leitet Johanna Stadler den Tierschutzhof Pfotenhilfe in Lochen und ist rund um die Uhr für ihre Tiere da.

LOCHEN AM SEE (ebba). Die BezirksRundschau hat die passionierte Tierschützerin zum Interview getroffen.

BezirksRundschau: Frau Stadler, Sie widmen Ihr Leben den Tieren. Was treibt Sie dazu an?
Stadler:
Schon als kleines Mädchen habe ich meine ganze Freizeit den Tieren gewidmet – egal ob einer Schnecke das "Haus" gebrochen war, sich eine Kröte auf die Straße verirrt hatte, ein Igel verletzt gefunden wurde oder ein Schmetterling ein Flügel eingerissen war. Ich hatte ein Herz für sie alle. Ich pflegte sie mit großer Leidenschaft gesund und gab ihnen all meine Liebe. Ich denke, jeder Mensch hat seine Aufgabe auf dieser Welt. Meine ist es offenbar, denen zu helfen, die selbst keine Stimme haben und denen leider bis heute auch keine Rechte zugestanden werden, obwohl sie jedenfalls die Bedürfnisse nach Leben, Freiheit und Unversehrtheit mit uns teilen. Ich liebe alle Tiere, und es ist für mich selbstverständlich, ihnen zu helfen und sie zu versorgen, sie zu pflegen und zu betreuen, auch wenn für mich selbst oft nur mehr wenig Zeit bleibt. Das bin ich und dafür stehe ich!

Wie kam es dazu, dass Sie Ihre Berufung zum Beruf machten?
Ich bin in einer sehr tierlieben Familie aufgewachsen und hatte immer Tiere in meiner Umgebung. Sowohl Haustiere als auch jede Menge Wildtiere, da wir am Waldrand lebten. Nach meiner Matura entschied ich mich für ein geisteswissenschaftliches Studium und wollte eigentlich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Doch immer wieder kreuzten die Tiere meinen Weg. Nach einer landwirtschaftlichen Ausbildung und zwei Sommern als Sennerin auf einer Alm, machte ich 2001 meine Berufung zum Beruf und begann bei der Tierschutzorganisation Vier Pfoten in Wien zu arbeiten. Dort durfte ich viele Erfahrungen im weltweiten politischen Tierschutz machen. Ich hatte die wunderbare Möglichkeit, zehn Jahre zusammen mit Heli Dungler, dem Gründer von Vier Pfoten, zu arbeiten und von ihm zu lernen. Die Zeit war sehr intensiv und für mich weichenstellend. Mein Leben sollte von nun an den Tieren gehören – rund um die Uhr.

Was war Ihr erstes Haustier und wie lautete sein Name?
Das war mit sechs Jahren meine wunderschöne und liebe Katze Buzzi. Sie war eine Tigerkatze mit grünen Augen. Buzzi hatte eine Behinderung an einem ihrer Hinterbeine und brauchte viel Pflege und Fürsorge. 

Gibt es ein Lieblingstier?
Ich habe viele Lieblingstiere – jede Art für sich ist besonders. Mich zu entscheiden, ist unmöglich. Aber ich muss zugeben, dass ich die kecke Art von Ziegen sehr mag, mich der Familiensinn der Rinder jeden Tag aufs neue fasziniert, die Intelligenz von Schweinen bewundere und die unglaubliche Treue von Hunden unfassbar finde. Doch wenn ich an Katzen denke, beginne ich fast zu schnurren.

Welcher Schützling ist Ihnen in all den Jahren ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Das war Poldi. Der kleine Hund kam als Häufchen Elend zu uns. Ausgesetzt, angefahren, gelähmt, chronisch krank, vergessen. Eine befreundete Tierschutzorganisation hat Poldi zu uns gebracht. Drei Tierärzte wollten den kleinen Rüden einschläfern, doch Spezialisten in Wien gaben den Mischling nicht auf. Seine Rekonvaleszenz dauerte lange, doch die Mühe meines ganzen Teams hat sich gelohnt: Heute lebt Poldi glücklich bei seiner Familie. Er ist "Rollstuhlfahrer", liebt sein Leben, ist mobil, aktiv, fröhlich und gesund. Ich habe aus Poldis Schicksal gelernt, dass man niemals aufgeben darf und kämpfen muss, denn es lohnt sich nach vorne zu sehen.

Die Liebe zu den Tieren betrifft nicht nur Sie, sondern die ganze Familie Stadler.
Tatsächlich kann ich sagen, Teil einer tierlieben Familie zu sein. Mein Mann Jürgen arbeitet ebenfalls in der Pfotenhilfe, ist seit den frühen 1990er-Jahren aktiver Tierschützer und meine Tochter Aurelia ist mit der Liebe zu Tieren aufgewachsen. Sie sorgt sich um Insekten und Würmer genauso, wie ich es tat und schenkt ihre ganze freie Zeit den Tieren. Es ist keine Barmherzigkeit oder Gnade, sondern eine Selbstverständlichkeit für uns, für die Tiere da zu sein. 

Als Leiterin eines Tierheims, verschwimmen da die Grenzen zwischen Beruf und Freizeit? Sie pflegen ja auch viele Tiere bei sich zu Hause.
Die Pfotenhilfe zu leiten ist kein normaler Beruf. Es ist das ganze Leben, das man mit den Tieren verbringt. Waisenkinder werden fast ausschließlich von mir aufgezogen, besonders pflegebedürftige Schützlinge oft von mir selbst betreut. Natürlich begleiten mich diese Tiere dann nach Hause und sind auch an meinen „freien“ Tagen bei mir. Nicht selten war ich schon mit verwaisten Katzenbabys wandern und habe alles zur Versorgung notwenige Equipment mit auf den Berg geschleppt.

Wenn man so viel Tierleid sieht und miterlebt, was manche Menschen hilflosen Tieren antun, frustriert einen das als Tierfreund nicht unheimlich? Was gibt Ihnen in solchen Momenten Kraft?
Leider muss ich sagen, dass man sich nach so vielen Jahren an die Gleichgültigkeit bis hin zur Bösartigkeit der Menschen gegenüber den Tieren gewöhnt. Es gibt immer wieder Schicksale, die einen besonders betroffen und auch wütend machen, aber für uns gilt es immer, einen konstruktiven Weg zu finden und den Tieren zu helfen. All zu viel Zeit mit dem Grämen über so manchen Menschen, möchte ich nicht verbringen. Ich sehe eben gerne nach vorne. Wir werden bei unserer Arbeit von einem professionellen Netzwerk unterstützt: Tierärzte, Biologen, Juristen, Wissenschaftler und viele mehr – sie alle helfen uns, die Zeit für die Tiere freizuspielen. Und unsere treuen Spender ermöglichen uns erst die Arbeit, die wir leisten. Gemeinsam für die Tiere! Ein Motto, das mir die notwendige Kraft gibt!

Was ist für Sie der größte Lohn für Ihre Arbeit?
Wenn die Tiere, um die wir uns kümmern, ein schönes Zuhause finden, und wenn die Tiere, die bei uns bleiben, gesund und glücklich sind!

Warum ist die Arbeit mit Tieren für Sie das Schönste?
Es gibt sicher schönere Arbeiten, die man machen kann. Einen Job haben, der nur eine begrenzte Zeit des Tages in Anspruch nimmt. Feierabend, Wochenende, Urlaub. Nicht erreichbar sein. Das alles ist für mich teilweise tatsächlich unbekannter Luxus. Aber ich mache diese Arbeit aus Überzeugung und Liebe und gehe diesen Weg, solange ich es körperlich schaffe. Und ich hoffe, das ist bis ganz zum Schluss.

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