Dechant Gert Smetanig
Gedanken zum Sonntagsevangelium
Kirchgänge sind zwar seit 15. Mai wieder erlaubt, aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl versorgt uns Braunaus Dechant Gert Smetanig aber trotzdem weiterhin mit seinen Gedanken zum Sonntagsevangelium.
BEZIRK BRAUNAU (kat). Auch diese Woche stellt uns Braunaus Dechant Gert Smetanig wieder seinde Gedanken zur Sonntasgpredigt zur Verfügung.
Liebe Leserinnen, liebe Leser!
Ich kann nur staunen, was manche klugen Theologen alles über den dreifaltigen Gott wissen. Und ich stelle mir vor, dass Gott selbst – wenn er solche Sätze hört – schmunzeln muss und denkt: Jetzt bin ich aber überrascht. Das wusste ich ja noch gar nicht über mich. Allerdings muss ich zugeben: Viel sympathischer als der gescheiteste Erklärungsversuch ist mir das Eingeständnis mancher großer Theologen, dass ihnen vor dem Geheimnis Gottes die Sprache versagt und die Worte fehlen.
Deshalb mache ich gerne den „4-B-Test“, wenn von Gott die Rede ist: die vier B stehen für behutsam, bildhaft, befreiend und berührend. Denn ich wünsche mir eine behutsame Sprache, die sich suchend und fragend an Gott herantastet; die nicht aufdringlich und wissend, sondern vorsichtig und zurückhaltend sein Geheimnis umschreibt. Ich wünsche mir eine bildhafte Sprache, die nicht klar, präzise und eindeutig festlegt, wer und wie Gott ist, sondern sich ihm in Symbolen und Vergleichen nähert. Ich wünsche mir weiterhin eine befreiende Sprache, die Gott nicht als drohende, einschränkende, verbietende und strafende
Macht beschreibt, sondern als eine, die meine Freiheit will; die mich dazu animiert, meine Talente zu entfalten; die mir ein frohes und erfülltes Leben gönnt. Und schließlich wünsche ich mir eine berührende Sprache, die nicht distanziert und abstrakt informieren, sondern verwandeln und erschüttern will; die sich nicht in Formeln und Katechismussätzen erschöpft, sondern unter die Haut geht und Gefühle in mir auslöst.
Behutsam, bildhaft, befreiend und berührend - wenn so von Gott geredet wird, dann ist die Chance groß, dass ich ihn als geheimnisvolle Kraft über mir, als wegweisende Kraft neben mir und als begeisternde Kraft in mir spüren kann: Von Gott als geheimnisvoller Kraft über mir erhoffe ich Geborgenheit, wenn ich mich einsam fühle und Angst habe; einen Halt, wenn ich unsicher werde. Von Gott als wegweisender Kraft neben mir erwarte ich Orientierung, wenn ich mein Ziel aus den Augen verliere; Ermutigung, wenn mir der nächste Schritt schwerfällt. Von Gott als begeisternder Kraft in mir erbitte ich die Motivation, im Sinn Jesu zu leben; die Fantasie, seine Vision von der neuen Welt Gottes in die Tat umzusetzen; und einen langen Atem, damit ich auch nach Enttäuschungen wieder neu anfangen kann.
Haben sie es bemerkt? Jetzt sind wir wie von selbst wieder auf den dreifaltigen Gott gestoßen - auf die geheimnisvolle Kraft über uns, die wegweisende Kraft neben uns, und die begeisternde Kraft in uns; auf den Vater, den Sohn und Bruder, und den Heiligen Geist. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche!
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