Hitlerhaus: Es droht nun die Enteignung
Das Innenministerium machte der Eigentümerin ein Kaufangebot. Ob sie annimmt, ist fraglich.
BRAUNAU (ah). Es war lange Zeit still um das Geburtshaus von Adolf Hitler. In den vergangenen Wochen und Monaten haben jedoch nationale und internationale Medien über das ehemalige Braugasthaus in der Salzburger Vorstadt Nr. 15 berichtet. "Riesen Ärger um Hitlers Geburtshaus" titelte etwa die BILD-Zeitung. Auch die britische Daily Mail, die israelische Tageszeitung Haaretz und die drittgrößte türkische Tageszeitung Hürriyet schrieben über das "Geisterhaus", wie es in einem großen Profilbericht genannt wurde. Das denkmalgeschützte Gebäude befindet sich in Privatbesitz. Die Eigentümerin Gerlinde Pommer kassiert für das seit drei Jahren leer stehende Haus monatlich 4800 Euro Miete.
Haus der Verantwortung
Ein Vorschlag für die Verwendung kommt aus Berlin. Der Verein "Exit Deutschland" unterstützt aussteigewillige Rechtsextreme und hat Interesse bekundet, eine Zweigstelle einzurichten. Eine vergleichbare Organisation, die Neonazi-Aussteigern Hilfe anbietet, gibt es in Österreich noch nicht. Der Innsbrucker Historiker Andreas Maislinger hält indes an seinem Plan fest, ein "Haus der Verantwortung" zu installieren. Auch "Exit Deutschland" unterstützt diese Idee. Maislinger, Mitbegründer der Braunauer Zeitgeschichte-Tage, möchte gerne wieder mit Florian Kotanko, dem Obmann vom "Verein Zeitgeschichte Braunau", zusammenarbeiten. Sie hatten im Rahmen der Zeitgeschichtetage bereits an der Historie Braunaus gearbeitet, bis es zum Bruch zwischen den beiden kam. Kotanko wollte sich gegenüber der BezirksRundschau weder zu einer möglichen Zusammenarbeit, noch zum Haus der Verantwortung äußern. Maislinger sammelt indes unermüdlich Unterstützungsunterschriften für sein Projekt. Er ist überzeugt, dass es kaum ein NS-Erinnerungskonzept gibt, das eine derart breite Zustimmung erhält. "Ich bin der festen Überzeugung, dass es für Gespräche noch immer nicht zu spät ist und eine Lösung gefunden werden kann."
Ministerium macht Druck
Das Innenministerium (BMI), seit 1972 Mieter des Hauses, wollte das Gebäude abgeben und suchte bis Ende Dezember 2014 innerhalb anderer Ministerien nach Interessenten. Kein Ressort hat sich gemeldet. Das BMI hat laut Sprecher Karl-Heinz Grundböck der Eigentümerin nun ein Kaufangebot unterbreitet. Als Kaufpreis soll der Verkehrswert herangezogen werden. Dieser sei aber erst noch von einem Gutachter festzulegen. Ein Insider vermutet, dass sich Pommer darauf nicht einlassen wird. Kommt keine Einigung zustande, steht eine Enteignung im Raum. Laut Grundböck muss sich Pommer bis Monatsende entscheiden. Parallel zum Kaufangebot wird nämlich geprüft, ob eine Enteignung rechtlich möglich wäre. "Ich rechne bis Ende des Monats mit Klarheit, ob die Eigentümerin unser Angebot annimmt, und falls nicht, ob eine Enteignung aussichtsreich wäre", so der Ministeriumssprecher. Eine Enteignung käme einem Präzedenzfall gleich. Bisher kam es nur im Zuge von Straßen- oder Eisenbahnbauten zu Enteignungen. Bürgermeister Johannes Waidbacher (ÖVP) äußert sich zurückhaltend und hofft auf eine gütliche Einigung zwischen BMI und der derzeitigen Eigentümerin.
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