FPÖ legt sich selbst ein Ei
Riesenwirbel um hetzerisches Gedicht als „Ostergruß“ – Vizebürgermeister tritt zurück

Foto: Screenshot/FPÖ Braunau

BRAUNAU (ebba). Ein ausländerfeindliches Gedicht als „Ostergruß“ der FPÖ Braunau, verteilt als Postwurf, sorgte über die Osterfeiertage für große Aufregung. Politiker auf höchster Ebene meldeten sich zu Wort und forderten Konsequenzen.

Unter dem Titel "Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)" dichtet die Partei etwa, aus Sicht einer "heimischen" Ratte: "So, wie wir hier unten leben,/ müssen and're Ratten eben,/ die als Gäst' oder Migranten,/ auch die, die wir noch gar nicht kannten,/ die Art zu leben mit uns teilen!/ Oder rasch von dannen eilen!“

In dem Gedicht wird der Migrant an den Pranger gestellt sowie über die "Vermischung" von Kulturen und Sprachen gereimt. Menschen werden mit Ratten verglichen. Fotos des Gedichts sind am Osterwochenende unzählige Male in den sozialen Medien geteilt worden. Der lyrische Erguss sorgte für viel Kritik und Rücktrittsforderungen.

Der Braunauer FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer, laut Impressum verantwortlich für den Inhalt, zeigte sich gegenüber dem „Standard“ unglücklich mit dem Gedicht. Verfasst worden sei es vom Braunauer FPÖ-Vizebürgermeister Christian Schilcher, der damit "bestimmte Themen pointiert vermitteln wollte“. Der Vergleich mit Ratten sei aber problematisch, gab Esterbauer zu.

Empörung über Inhalt

"Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zur APA. "Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich." "Dieses ,Gedicht‘ ist widerlich", reagierte auch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP).

Der grüne Bundesrat und Braunauer Gemeinderat David Stögmüller forderte Esterbauers Rücktritt und "außerdem einen klaren Schlussstrich von ÖVP und SPÖ unter die Koalitionen mit der FPÖ".

SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht "fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war". Sie nahm gegenüber der APA Bundeskanzler Kurz in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen.
Auch für die oö. SPÖ-Chefin Birgit Gerstorfer ist das Gedicht an "Widerwärtigkeit nicht zu übertrumpfen“. Sowohl der Braunauer FPÖ-Stadtparteivorsitzende Hubert Esterbauer als auch FPÖ-Landesvorsitzender Manfred Haimbuchner sollten ihrer Ansicht nach die Konsequenzen ziehen und ihre Ämter zurücklegen.

Verfasser zieht Konsequenzen

Der Verfasser des Gedichtes selbst sagte, er habe Migranten nicht mit Ratten verglichen. Dass unter dem Titel der Rubrik „Die Stadtratte“ in Klammern „Nagetier mit Kanalisationshintergrund“ steht, sei nicht zynisch gemeint, erklärte Christian Schilcher. Vor ein paar Monaten habe ihm diese Idee jemand zugetragen. Es sei witzig gemeint gewesen. Als „Stadtratte“ tritt Schilcher schon seit Jahren auf.

Nach einem ernsten und klärenden Gespräch zwischen der FPÖ OÖ und dem Autor entschuldigte sich dieser am Ostermontag für sein Gedicht: "Ich wollte provozieren, aber nicht beleidigen." Er bat um Verständnis für seine "unscharfen, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen" und habe nur sagen wollen: "Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden. Wer unsere Gesetze und Gebräuche miss- oder gar verachtet, kann das nicht."

„Das Gedicht ist absolut inakzeptabel. Gerade im Hinblick auf das historische Erbe in Braunau braucht es besondere Sensibilität bei diesem Thema. Wir erwarten uns Konsequenzen seitens der FPÖ-Stadtpartei“, forderte die ÖVP-Bezirkspartei am Dienstag. Am selben Tag trat Christian Schilcher dann tatsächlich als Vizebürgermeister von Braunau zurück und schied auch aus der Partei aus.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Das Gedicht könnte für Schilcher auch strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Staatsanwaltschaft Ried hat erklärt, Ermittlungen zu führen. Ein Verfahren sei noch nicht eingeleitet worden. „Wir schauen uns das jetzt an“, erklärte Alois Ebner, Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag. Es gehe wohl „primär Richtung Verhetzung“.

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