LESERBRIEF
„Wendezeiten“

Leserbrief zur Bürgerinformationsveranstaltung am 26. Jänner

"Die Bürgerversammlung am Sonntag, den 26. Jänner 2020, anlässlich der geplanten Ansiedlung des Futtermittelherstellers Atro.at machte auf Demokratiedefizite aufmerksam. Mit einer so überraschend hohen Bürgerbeteiligung, zirka 300 Personen, hatte niemand gerechnet. Vor Beginn der Veranstaltung musste sogar die Trennwand des Saales entfernt werden. Dies sollte unseren Gemeindevertretern zu denken geben.
Viele Gemeindebürger in Feldkirchen haben damit ein Zeichen gesetzt und sind „aufgestanden“. Sie akzeptieren es schlichtweg nicht, dass über ihre Köpfe hinweg Entscheidungen getroffen werden, die die Zukunft ihrer Gemeinde sowie ihre Lebensqualität betreffen. Offenbar hat die Bürgerinformationsveranstaltung, organisiert von engagierten Bürgern in Feldkirchen, eine Zeitenwende eingeläutet.

Aktuell betrifft dies die seit langem geplante Ansiedelung der Firma Atro.at, einem industriellen Futtermittelhersteller, in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten. Scheinbar ist die Gemeinde seit dem dritten Quartal 2017 in die Abschlussverhandlungen für das Grundstück mit der Firma Atro.at eingetreten, am 28. Dezember 2018 wurde von unserem Bürgermeister Herrn Johann Danninger der Kaufvertrag unterzeichnet. Die Gemeindebürger erfuhren erst im August 2019 durch einen Zufall von den Ausmaßen der geplanten Ansiedelung des Futtermittelherstellers. Das widerspricht für mich jeglichem Demokratieverständnis.

In der Gemeinde Jeging, in der die Firma Atro.at nicht zum Zug kam, wurden die Bürger bereits vor Aufnahme der Verhandlungen umfassend und ausreichend informiert, wie es die Gemeindeordnung § 38a vorsieht. Die unmittelbar betroffenen Anrainer wurden sogar zu einer Besichtigung eines Vergleichsobjektes (gegründet in den 60er-Jahren) nach Lamerdingen/Bayern eingeladen, da es bisher keinen vergleichbaren Betrieb in Österreich gibt.

Das nenne ich nicht nur eine transparente Kommunikation, sondern auch eine gelebte politische Kultur, die von Verantwortung für die Gemeindebürger geprägt ist. Die Veranstaltung am 26. Jänner hat gezeigt, dass sich viele Gemeindebürger von Feldkirchen dies ebenso wünschen. Eine Zeitenwende scheint daher tatsächlich angebrochen zu sein. Die Gemeinde Feldkirchen hat sich in den letzten Jahrzehnten durch stetigen Zuzug, von einem durch landwirtschaftliche Strukturen geprägten Dorf, zu einem Dorf mit kleinem Gewerbegebiet, (… zunächst vorgesehen für regionale Klein- und Mittelbetriebe) sowie mehreren Siedlungsgebieten entwickelt. Daraus ergeben sich naturgemäß unterschiedliche Bedürfnisse und Interessen der Gemeindebewohner.

Die Bürgerinformationsveranstaltung am 26. Jänner, war vermutlich für Feldkirchen ein prägendes Ereignis. Trotz einer Einladung an alle beteiligten Parteien blieb der Bürgermeister Herr Johann Danninger der Veranstaltung fern und stellte sich nicht den Bedenken und Sorgen der Gemeindebürger. Bürgermeister sowie die Geschäftsführer der Firma Atro.at ließen sich stattdessen durch einen während der Veranstaltung verlesenen Brief entschuldigen. In jeder Organisation gibt es für wichtige Entscheidungen Stellvertreter. In Gemeinden sind dies der Vizebürgermeister oder der Gemeindevorstand, die das Gemeindeoberhaupt vertreten können sowie in der Genossenschaft eine Person aus dem dreiköpfigen Vorstand. Daher stieß die Vorgehensweise beider Parteien auf breites Unverständnis.

Durch diese Situation wurde deutlich, dass sich viele Feldkirchner Bürger von ihren politischen Vertretern im Stich gelassen fühlten. Zudem empfand ich es den Organisatoren gegenüber wenig wertschätzend, die im Vorfeld viele Belastungen auf sich genommen haben und zu dieser längst überfälligen Informationsveranstaltung geladen haben.

Die Befürworter und Gegner der geplanten Anlage standen daher vor einer herausfordernden Zerreißprobe, die trotz des harten Schlagabtausches letztlich beide Parteien gut gemeistert haben. Die heftigen Emotionen, sehe ich im Nachhinein betrachtet als „Dampf ablassen angestauter Energien“ und logische Konsequenz der politischen Versäumnisse. Der politisch unerfahrene Block der KEB stellte sich währenddessen sämtlichen Fragen der teilnehmenden Personen sowie den Argumenten der Inhaber der Genossenschaftsanteile der Firma Atro.at.

Für die Organisatoren überraschend meldete sich Herr Univ.-Prof. Dr. Peter Scherrer zu Wort, der Teile einer Berechnung, des durch den Betrieb der Anlage zu erwartenden CO2-Ausstoßes durch den Klimaexperten Univ.-Prof. Dr. Karl Steininger von der Uni Graz, zitierte. Diese Fakten zeigen, dass, wie es auch die Bürgerinitiative befürchtet, das Projekt hohe Emissionen verursacht.

Die Veranstaltung hat für mich klar gezeigt, dass sich die Gemeinde Feldkirchen, in einem Strukturwandel befindet. Wir leben in einem wunderschönen Dorf, in dem alle aufgefordert sind, durch eine offene und wertschätzende Kommunikation sowie ein Miteinander, einen Lebensraum zu schaffen, der unseren Bedürfnissen und den Bedürfnissen zukünftiger Generationen gerecht wird.

Die individuellen Potenziale der Feldkirchner Gemeindebürger wurden letzten Sonntag deutlich sichtbar. Im Sinne einer „positiven Dorfentwicklung“, wird den Landwirten in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle zuteil. Sie prägen und pflegen unser Landschaftsbild und sorgen mit ihren wertvollen Produkten und Erzeugnissen für unsere Lebensmittelversorgung. Daher gebührt unseren Landwirten besondere Wertschätzung, Unterstützung und Solidarität.

Die nach wie vor anhaltende Technisierung und Industrialisierung der Landwirtschaft bringt unsere Bauern zusehends unter wirtschaftlichen Druck. Die Auswirkung dieser fehlgeleiteten Politik mit seinen zerstörerischen Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt, sind in vielen Regionen Europas bereits deutlich sichtbar.

Wir sind angehalten, nicht Probleme einzelner Interessensgruppen zu lösen, indem wir schwerwiegendere Probleme für zukünftige Generationen schaffen. Wir leben in einer komplexen Zeit, die noch viele Herausforderungen für uns alle bereithalten wird, die wir letztlich nur gemeinsam lösen können. „Wir sitzen alle in einem Boot“ und ich wünsche mir, dass wir uns das bewusst machen und gemeinsam unsere Zukunft aktiv mitgestalten."

Leserbrief von
Alexander Laabmayr, Ottenhausen

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