Hitlerhaus: Gesetzesentwurf für Enteignung beschlossen
WIEN, BRAUNAU (ebba). Der Ministerrat in Wien hat heute den Gesetzesentwurf für die geplante Enteignung der Hitlerhaus-Liegenschaft in Braunau beschlossen. Damit sei jedoch noch nichts in trockenen Tüchern, wie Ministerium-Sprecher Karl-Heinz Grundböck erklärt. "Beschlossen ist nur der Entwurf für das Gesetz. Damit beschäftigen muss sich nun das Parlament, welches über eine Gesetzgebung entscheidet."
Der Gesetzesentwurf wird als Regierungsvorlage dem Nationalrat im Herbst vorgelegt. Man gehe davon aus, dass heuer noch eine Entscheidung über die Zukunft des Hitler-Geburtshauses gefällt wird.
Der von Innenminister Wolfgang Sobotka vorgeschlagene Abriss des Hauses sorgt für Debatten – vor allem was den Denkmalschutz betrifft. Laut Sobotka sei jedoch keine Denkmalwürdigkeit gegeben, da seines Wissens der Denkmalschutz in der Nazizeit verfügt worden ist.
Eine Kommission berät seit Ende Juni darüber, was mit der Liegenschaft passieren soll, wenn diese in das Eigentum der Republik übergeht. Auch hier soll noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen. Oberstes Ziel sei es, dass möglichst schnell konkrete Vorschläge für die Nutzung der Immobilie auf den Tisch kommen. Jedenfalls verhindert werden müsse, dass das Haus zu einer Pilgerstätte für Neonazis wird.
Die Noch-Eigentümerin Gerlinde Pommer wird eine Entschädigung von der Republik erhalten. "Die intensiven Bemühungen, mit der Eigentümerin eine einvernehmliche Lösung zu finden, haben zu keinem Ergebnis geführt. Die Prüfung aller Optionen durch das Innenministerium ist verständlich, um nach jahrelangen Verhandlungen die Pattsituation aufzulösen und eine angemessene und langfristige Nutzung für das Haus zu ermöglichen", teilt Braunaus Bürgermeister Johannes Waidbacher in einem Statement mit.
"Abriss ohne Konzept ist zu wenig"
Grünen-Bundesrat und Gemeinderat in Braunau, David Stögmüller, begrüßt den heutigen Beschluss. Er kritisiert aber auch, dass die Stadt Braunau im Vorfeld nicht von Innenminister Sobotka in Gespräche miteingebunden worden ist. Dies müsse sich ändern. Und: "Sollte die Entscheidung für eine Schleifung des Hauses fallen, müsste schon vorher geklärt werden, wie dieser neu geschaffene Raum genutzt wird. Nur abreißen ohne Konzept ist mir zu wenig", betont Stögmüller. Er schlägt vor, die Räumlichkeiten für das Stadtarchiv oder die Stadtbibliothek zu nutzen.
Stadtverein kritisiert unsachliche Diskussion
Beschämend unsachlich und erschreckend uninformiert – mit diesen kritischen Worten reagiert der Stadtverein Braunau auf die aktuellen Äußerungen rund um die Enteignung des Geburtshauses. Im Mittelpunkt der Kritik steht Innenminister Sobotka, mit seinem Vorschlag zur Schleifung des Gebäudes, da auf Basis eines gültigen Bescheides des Bundesdenkmalamtes diese gesetzlich gar nicht möglich ist. Als "peinlich" definiert der Stadtverein Braunau auch die vielen unüberlegten Nutzungsideen für das Hitlerhaus. "Als dann der Vorschlag auftauchte, das Haus abzureißen und dafür einen Supermarkt zu errichten, ist für uns die Schmerzgrenze an Peinlichkeit überschritten worden", sagt Obmann Ingo Engel.
Engel fordert ein Ende der leidigen Diskussion um einen Abriss. Die bereits installierte Kommission müsse nun unverzüglich ein Nutzungskonzept für das Haus vorlegen. "In dieser Kommission müssen auch Braunauer Politiker, Historiker und der Stadtverein miteingebunden werden. Und in die Suche nach einer sinnvollen Nutzung ist auch das von Andreas Maislinger vorgeschlagene "Haus der Verantwortung" miteinzubeziehen."
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