Die goldenen Zeiten sind vorbei
Unsere Wirten haben Tradition und sind Mittelpunkt der Gemeinde, doch wie geht es ihnen eigentlich?
BEZIRK. Im Wirtshaus wird gegessen und getrunken, nebenbei werden soziale Kontakte gepflegt und beim Kartenspiel, Zeitung lesen oder in geselliger Runde die letzten Neuigkeiten ausgetauscht. Unsere Wirten sind Ort der Kommunikation und Treffpunkt der Gemeinde. Ist das heute noch so, oder haben sich die Zeiten für unsere Wirten verändert? Zeigen Registrierkassa, das Rauchverbot oder Allergenverordnung Auswirkung auf unsere Wirten? Ein Lokalaugenschein in der Region Bruck an der Leitha.
Mit der Zeit gehen
Bernadette Windisch vom gleichnamigen Stadtwirten in Mannersdorf ist seit 18 Jahren Gastronomin und führt den 102-jährigen Familienbetrieb gemeinsam mit ihren Eltern. Windisch erinnert sich an die legendären 'goldenen Zeiten': "Bis vor ein paar Jahren hatten wir regelmäßig schon am Vormittag unsere Senioren zu Gast, die sich zum Kartenspielen getroffen haben. Wir hatten einen Sparverein mit 250 Mitgliedern, zahlreiche Vereine hielten ihre Feiern bei uns ab. Das ist vorbei. Die Vereine feiern in ihren eigenen Räumlichkeiten, Feste werden in den vermieteten Veranstaltungssälen gefeiert. Wir verzeichneten einen Rückgang von rund 30 Prozent", erzählt Bernadette Windisch. Ihr Erfolgsrezept gegen diesen Trend sind eigene Veranstaltungen und saisonale Schwerpunkte auf der Speisekarte: "Als Wirt muss man heute mit der Zeit gehen und darf den Zug nicht verpassen. Wir starten mit dem Faschingsgschnas in die Saison, es folgen unser Fischerfrühschoppen, Summer Opening und viele weitere Events. Im Sommer gibts Steckerlfisch und Spareribs. Gemeinsam mit vier Mitarbeitern sorgt die ganze Familie für das Wohl unserer Gäste."
Ende Februar ist Schluss
Für Gertrude Pointner hat sich die Gastronomie mit Ende Februar erledigt, sie sperrt ihr "Eckerl Café" am Hainburger Hauptplatz nach 17 Jahren zu. Nach den Gründen gefragt, hält die resolute 67-Jährige mit ihrer Meinung nicht hinterm Busch: "Der Wirt oder das Kaffeehaus waren Treffpunkt für alle. Heute sitzen die Stammgäste von damals in der Krankenhauskantine oder im Altersheim. Viele sind bereits verstorben. Die Jugend geht tendenziell eher am Abend weg, nachdem sie privat bereits 'vorgeglüht' habt. Die gesetzlichen Auflagen mit Registrierkassa, Allergenverordnung und dem Hin und Her mit dem Rauchergesetz haben ihr Übriges dazu beigetragen, dass heute einer nach dem anderen zusperren muss." Zukunftspläne hat Pointner zumindest was die Gastronomie betrifft keine mehr, wie sie sagt: "Ich bin froh, dass ich 67 und keine 20 mehr bin, Gastronomin zu sein ist in den letzten Jahren immer schwieriger geworden."
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