Wenn dein bester Freund der Alkohol ist

Das Bier bestimmt das Familienleben. | Foto: Leonie Pototschnig
  • Das Bier bestimmt das Familienleben.
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Angehörige Alkoholkranker leiden. Im Interview erzählt eine Betroffene über ihren täglichen Kampf.

Die Obersteirerin Marianne lebt seit 20 Jahren an der Seite eines Alkoholikers. Wie sie einen erträglichen Umgang mit ihrem Leid als Angehörige fand, erzählt sie im WOCHE-Interview.
Wie geht es Ihnen jetzt?
Ich habe so an mir gearbeitet und bin stolz, dass ich da bin, wo ich jetzt bin. Es ist ein täglicher Kampf, mir ist bewusst, dass mein Mann süchtig ist. Ich weiß nie, was mich erwartet, morgen kann alles anders sein. Doch heute schaue ich auf mich, unternehme wieder sehr viel, auch mit Freundinnen. Es ist mir egal, ob es ihm passt oder nicht. Dadurch habe ich wieder schöne Tage.
Wann haben Sie das Alkoholproblem Ihres Mannes erkannt?
Als wir uns vor 20 Jahren ineinander verliebt haben, hat er öfter getrunken. Erkannt habe ich das Problem erst, als er begonnen hat, mich aus dem Nichts feindselig zu behandeln. Er hat sich im betrunkenen Zustand alles herausgenommen. Ich war traurig, hatte sein Verhalten schöngeredet, denn ohne Alkohol hatten wir ein wunderbares Leben. Ich verstand nicht, dass auch ich ein Problem hatte. Ich wollte den Schein wahren, habe mich zurückgenommen und geglaubt, er trinke dann weniger, was nicht passiert ist.
Sie erlebten eine tiefe Krise: Wie begegneten Sie ihr?
Ich war wie im Tunnel, wo es kein Licht gab, zweifelte an mir und wollte mir das Leben nehmen. Was folgte, war ein Aufenthalt in der Psychiatrie, der mir sehr, sehr geholfen hat. Anschließend habe ich mich an die "bas" Suchtberatung in Bruck gewandt, die mich bis heute begleitet. Mein Mann ist heute noch täglich betrunken. Am Vormittag haben wir noch gute Gespräche. Auf seine Feindseligkeiten reagiere ich heute nicht mehr.
Wie begegnet Ihr Mann Ihrer Bitte, mit dem Trinken aufzuhören?
Er sagt, dass er jetzt trinke, aber aufhören könne. Dreimal ist das auch gelungen – für maximal drei Jahre. Er sagt, er trinke "nur" Bier. Leider ist er nicht bereit, Hilfe anzunehmen, weil er seine Gefühle nicht ausdrücken kann.
Wieso tun Sie sich das an?
Ich liebe ihn noch immer und habe eine soziale Ader. Doch ein suchtkranker Mensch an der Seite, ist eines der schlimmsten Dinge. Früher hatte ich Existenzängste. Heute weiß ich, dass ich es alleine schaffen würde, auch wenn es schwer wäre. Wenn mein Mann so weitertrinkt, lebt er keine zehn Jahre mehr.
Ab wann würden Sie sich trennen?
Wenn er mich körperlich angreifen würde.
Wie begegnen Sie Ratschlägen von außen?
Sie machen mich zornig und sind umsonst.
Was macht Sie heute stark?
Ich habe erkannt, dass ich nicht nur Opfer bin und meine Sticheleien nichts helfen. Ich sage zu mir: "Es ist, wie es ist. Ich habe ein Leben." Die Kinder stehen hinter mir und ich hole mir Kraft aus der Natur.
Barbara Pototschnig

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