LH Doskozil
„Die Forderung nach Neuwahlen bleibt aufrecht“

Landeshauptmann Doskozil ist davon überzeugt, „dass uns das Virus sicher noch ein paar Jahre begleiten wird.“ | Foto: Büro Doskozil
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  • Landeshauptmann Doskozil ist davon überzeugt, „dass uns das Virus sicher noch ein paar Jahre begleiten wird.“
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Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Gespräch mit den RegionalMedien Burgenland über die Impfpflicht, den Plänen im Pflege-, Energie- und Wohnbaubereich sowie bundespolitische Themen.

REGIONALMEDIEN BURGENLAND: Gleich zu Beginn zum Dauerthema Corona: Hätten Sie im vergangenen Sommer damit gerechnet, dass eine Impfpflicht notwendig sein wird?

LH HANS PETER DOSKOZIL: Zum damaligen Zeitpunkt sicher nicht. Es hat auch niemand mit der Dynamik der vierten Welle gerechnet. Mir war aber auch klar, dass es nicht so schnell vorbei ist – wie es im Sommer von der Bundesregierung kommuniziert wurde.

Müssen wir uns nicht darauf einstellen, noch länger mit der Pandemie zu leben – mit all den unangenehmen Begleiterscheinungen wie Lockdowns und keinen gesicherten Prognosen?

Es war sicher ein Fehler der Politik, dass immer Versprechungen gemacht wurden – ohne zu wissen, ob man sie einhalten kann. Die Bevölkerung ist schlau genug, das System zu durchschauen und auf der anderen Seite reif genug für die Wahrheit. Vielleicht akzeptiert die Bevölkerung es auch mehr, wenn die Politiker zugeben, dass sie etwas nicht genau wissen.
 Das Virus wird uns sicher noch ein paar Jahre begleiten. Auf der anderen Seite bin ich aber auch davon überzeugt, dass die Medizin das Virus in den Griff bekommen wird.

„Man muss auf die Menschen zugehen und versuchen, sie zu überzeugen.
“

Wie stehen Sie zur Impfpflicht?

Ich stehe dazu. Was mich gestört hat war, dass die Impfpflicht im November pauschal beschlossen wurde, ohne dass man gewusst hat, was das praktisch bedeutet. Wenn ich mir vorstelle, dass die Bezirkshauptmannschaften alle drei Monate 600 Euro-Bescheide ausstellen, wobei jeder Bescheid individuell geprüft werden muss – das wird am Ende des Tages eine immense Herausforderung für den Verwaltungsapparat.

Wie hätte man Ihrer Meinung nach vorgehen müssen?

Mir wäre wohler gewesen, wenn man sich auf eine Impfpflicht verständigt und gleichzeitig auch klar sagt, wie man die Menschen, die sich nicht impfen lassen wollen, informiert und aufklärt. Man muss auf die Menschen zugehen und versuchen, sie zu überzeugen.


Wie beurteilen Sie die Demonstrationen der Impfgegner- und skeptiker?

Es ist schwierig, diese Demonstrationen zu beurteilen, weil jede Beurteilung dazu beiträgt, dass das Stimmungsbild sich mehr aufschaukelt. Es ist jedenfalls Aufgabe der Politik, wieder für eine gesellschaftliche Ruhe zu sorgen. Diese Aufgabe wird – aus meiner Sicht – auf Bundesebene nicht erfüllt.

Was sind die Gründe für die hohe Impfquote im Burgenland – die Impflotterie allein kann es nicht gewesen sein?


Es sind viele Faktoren. Als wir die Impfungen begonnen haben, war die Vorgabe des Bundes, zuerst die Alterskohorten abzuarbeiten. Wir haben versucht, hier das Maximum herauszuholen, während andere Bundesländer sich schon gerühmt haben, dass sie Impfungen für alle machen.
 Dann haben wir die Impfungen nicht nur in Impfzentren angeboten, sondern auch über mobile Impfteams in allen Bezirken.
 Und was aus meiner Sicht auch eine Rolle spielt, ist der Zusammenhalt, der im Burgenland gelebt wird – etwa über die vielen Vereine.

Ein weiteres Dauerthema ist die Pflege. In Ihrer Budgetrede haben Sie Änderungen in der kleinteiligen Versorgung angekündigt…


Man muss sich fragen, ob es sinnvoll ist, dass in einer Gemeinde mehrere Anbieter mit der mobilen Hauskrankenpflege hineinfahren – mit zum Teil immens hohen Fahrtkosten.

Wir wollen jetzt das Burgenland in Regionen definieren – mit zwei bis vier Gemeinden – mit insgesamt rund 4.000 Einwohnern. In diesen Regionen sollen jeweils ein Tageszentrum, betreutes Wohnen und die mobile Hauskrankenpflege zusammengeführt werden. 
Man muss nur schauen, wie die Vergabe stattfindet und wie die Regionen den Betreibern zugeordnet werden.

LH Hans Peter Doskozil zeigt sich enttäuscht, dass der Mindestlohn in der Sozialdemokratie – abgesehen vom Burgenland – derzeit kein Thema ist.  | Foto: Büro Doskozil
  • LH Hans Peter Doskozil zeigt sich enttäuscht, dass der Mindestlohn in der Sozialdemokratie – abgesehen vom Burgenland – derzeit kein Thema ist.
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Es soll ja auch der Mindestlohn für Pflegekräfte in diesem Jahr kommen…

Ja, das neue Tagsatzmodell ist so konzipiert, dass der Mindestlohn von 1.700 Euro netto für alle – also auch für das Küchen- und Reinigungspersonal sowie für Heimhilfen – umgesetzt werden kann.

„Für mich wäre das Thema Mindestlohn eine unverhandelbare Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung.“

Verwundert es sie, dass das Thema Mindestlohn - abgesehen vom Burgenland – nirgends in Österreich diskutiert wird. 

Ja, schon. Aus sozialdemokratischer Sicht ist das für mich enttäuschend. 
Das Thema Mindestlohn ist immanent wichtig – in allen Gesellschaftsschichten, in allen Branchen. Für mich wäre das Thema Mindestlohn auch eine unverhandelbare Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung.

Im Energiebereich will das Burgenland preisautark werden. Wie soll das funktionieren?


Unser Ziel ist, dass wir den Strom, den wir selbst erzeugen, auch 365 Tage im Jahr zur Verfügung haben. Deshalb auch die strategische Ausrichtung, den Photovoltaikausbau – auch auf Freiflächen – zu forcieren. 
Man muss all diese Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Projekt „Raus aus Gas und Öl“ sehen. Die 17 Millionen des Recovery Fonds werden wir ausschließlich dafür als Fördermittel verwenden. Und dann werden wir in der Lage sein, den Kunden für den Umbau seiner Anlage plus dem Betrieb einen gesicherten Preis auf sieben bis zehn Jahren anzubieten - und da ist auch der Strompreis dabei.

Auch im Wohnbaubereich soll es ja Änderungen geben…

Dass ich mit dem derzeit gelebten Modell der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften nicht einverstanden bin, ist bekannt. Daher werden hier die Förderrichtlinien adaptiert. Wohnbauförderung bekommt man im Gemeinnützigen Wohnbau nur dann, wenn zwei Grundsätze befolgt werden: Erstens muss für Mieter der Kauf einer Wohnung zum Errichtungswert und nicht zum Verkehrswert möglich sein, und zweitens muss ab der ersten Miete eine Anrechnung auf den Kaufpreis stattfinden. Wir wollen das beste Modell für die Bevölkerung und nicht für die Genossenschaften.

„So einfach darf man es der ÖVP nicht machen.“

Die SPÖ Burgenland hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder für Neuwahlen ausgesprochen. Nun haben wir seit einigen Wochen eine neue Bundesregierung. Bleibt die Forderung nach Neuwahlen trotzdem aufrecht?

Ja, selbstverständlich. Die ÖVP zeichnet jetzt das Bild einer harmonischen Politik, um von dem abzulenken, was in der der Vergangenheit passiert ist. So einfach darf man es der ÖVP aber nicht machen. Man darf ja nicht vergessen, dass die ÖVP als juristische Person Beschuldigte ist. Es wird auch im Untersuchungsausschuss noch einiges zutage kommen. 
Auf der anderen Seite sieht man schon ganz klar, dass sich die politischen Parteien für ein Neuwahlszenario positionieren.

Woran erkennen sie das?

Etwa bei den Grünen mit der Ablehnung des Lobautunnels, der sicher irgendwann gebaut wird. 
Oder bei den Freiheitlichen, die mit der Diskussion rund um die Corona-Pandemie versuchen, Kernwählerschichten zu binden.

Ist die SPÖ für Neuwahlen überhaupt gerüstet?

Natürlich haben wir noch einige Hausaufgaben zu machen. Das sollten wir aber intern besprechen und nicht öffentlich.

Wiens Bürgermeister Ludwig hat kürzlich in einem Zeitungsinterview gemeint, dass Pamela Rendi-Wagner als Spitzenkandidatin in die nächste Wahl gehen wird. Ist damit dieses Thema erledigt?

Ich will das gar nicht kommentieren. Das ist jedenfalls die persönliche Meinung von Michi Ludwig.

2022 findet auch die Bundespräsidentenwahl statt. Soll die SPÖ mit einem eigenen Kandidaten antreten oder eine weitere Kandidatur von Van der Bellen unterstützen?

Ich denke, dass man sich spätestens im Frühjahr damit auseinandersetzen muss. Ich gehe davon aus, dass Alexander Van der Bellen noch einmal antreten wird. Und dann muss man sich überlegen, was das für eine Kandidaten der SPÖ bedeuten wird. Wenn es Potenzial gibt, die Wahl zu gewinnen, dann ist es keine Frage, dass eine Partei wie die SPÖ einen Kandidaten ins Rennen schickt.

Zum Abschluss eine persönliche Frage. Vor rund einem Jahr hatten Sie die dritte Stimmband-Operation. Wie geht es Ihnen jetzt?


Ich bin zufrieden – vor allem angesichts der Prognose, die ich 2018 bekommen habe, dass ich meinen Beruf als Politiker aufgeben muss. Singen werde ich jedenfalls nicht mehr.

Haben Sie private Vorsätze oder Wünsche für 2022?

So wie es jetzt ausschaut, wird es im September die Hochzeit geben. Meine Verlobte Julia und ich mussten diesen Termin pandemiebedingt ja bereits mehrfach verschieben.

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