WK-Präsident Nemeth
„Ein neuerlicher Lockdown kann nicht die Lösung sein“

Wirtschaftskammer-Präsident Peter Nemeth lobt die Zusammenarbeit mit der Landesregierung und das Pandemie-Management des Landes. | Foto: WKB
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Wirtschaftskammer-Präsident Peter Nemeth spricht im Interview mit den RegionalMedien Burgenland über Corona-Wirtschaftshilfen, Impfpflicht, Arbeitskräftemangel, Mindestlohn und die Zusammenarbeit mit der Landesregierung.

REGIONALMEDIEN BURGENLAND: Sie fordern, dass die Wirtschaftshilfen für die vom Lockdown hart getroffenen Betriebe rasch nachgebessert werden. Können Sie das konkretisieren?

PETER NEMETH: Durch die Corona-Krise sind viele Unternehmer unverschuldet in Schwierigkeiten geraten. Die Wirtschaftshilfen dürfen nicht nur dazu da sein, irgendwie über die Runden zu kommen, diese Hilfen müssen zulassen, dass Unternehmen nach der Krise rasch wieder Fuß fassen und durchstarten können. Konkret geht es zum Beispiel beim Ausfallsbonus darum, ab wann dieser zusteht bzw. wie hoch die Ersatzraten sind. Leider sind auch die Bearbeitungszeiten vielfach zu lang.
 
Welche Wirtschaftshilfen haben sich in der Corona-Krise besonders gut bewährt?

Hier möchte ich den Härtefallfonds nennen. Der konnte rasch und unkompliziert beantragt werden, dadurch, dass er über die Wirtschaftskammer abgewickelt wurde, ging es recht flott, dass die Berechtigten eine Unterstützung bekommen haben. Auch der Umsatzersatz hat sich als sehr effizient erwiesen. Das war eine ganz wichtige Unterstützung für die geschlossenen bzw. auch indirekt von den Schließungen betroffenen Betriebe. Obendrein haben wir mit dem Corona-Unterstützungsfonds der Wirtschaftskammer Burgenland eine wichtige, ergänzende Maßnahme im ersten Halbjahr 2021 gesetzt und konnten direkt und flexibel burgenländische Mitgliedsbetriebe unterstützten. Und natürlich war die Kurzarbeit ein ganz wichtiges Instrument – insbesondere auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

„Die Experten ein düsteres Bild für die kommenden Wochen.“

Befürchten Sie, dass es etwa durch „Omikron“ wieder zu einem harten Lockdown kommen wird?
Durch die Omikron-Variante zeichnen die Experten ein düsteres Bild für die kommenden Wochen. Aber ich glaube wir müssen die Pandemie beginnen zu akzeptieren, uns bestmöglich durch Impfung und Auffrischungsimpfung schützen und klug und vorausplanend agieren. Die Politik sollte hier ja genügend Erfahrungen gesammelt haben. Ein neuerlicher Lockdown - ein ständiges Zu- und Aufsperren - kann jedenfalls nicht die Lösung sein.

Wie stehen Sie zur Impfpflicht?
Wir haben gemeinsam die Pflicht, unser Gesundheitssystem für alle aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig haben wir die Pflicht, unser Wirtschaftssystem zu bewahren. Wir sind überzeugt, dass es noch viel Potential beim PCR-Testen gibt. Wir sind aber genauso überzeugt, dass die Impfung das wirksamste Mittel im Kampf gegen die Pandemie ist. Internationale Beispiele zeigen, dass eine höhere Impfquote zu einer geringeren Belastung des Gesundheitssystems führt. Und erst jetzt wissen wir, welchen Stellenwert dabei die Auffrischung hat. In unserer Demokratie leben wir seit jeher mit Geboten, Verboten und Anreizen, um Schaden von anderen abzuwenden. Als Wirtschaftsvertretung bevorzugen wir immer den Weg der Anreize, aber es ist ein Faktum, dass wir ein hohe Durchimpfung brauchen, um die Pandemie zu besiegen. Unser Schwerpunkt liegt hier auf dem Funktionieren der Wirtschaft.

Sie haben im Interview vor einem Jahr gemeint, dass Sie eine große Pleitewelle befürchten – diese dürfte zumindest im Burgenland doch nicht eingetroffen sein – oder?
Ich fürchte hier gilt, aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Durch die Corona-Maßnahmen, wie Kurzarbeit, Steuerstundungen, Haftungen und die Finanzhilfen, ist vielfach der Druck von den Betrieben genommen und die Liquidität sichergestellt worden. Aber hier dürfen wir uns nicht in Sicherheit wiegen, noch dazu wo ja widrige Umstände wie Lieferengpässe, Fachkräftemangel und Teuerungen noch dazu kommen.

„Nach Berufsgruppen betrachtet, suchen die Betriebe im Burgenland vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Handwerksberufe, und hier fast in allen Branchen.“

Zum Thema Fachkräftemangel: Seit Jahren ein großes Problem, man bekommt aber den Eindruck, dass es immer brisanter wird – warum?
Das Problem ist zumindest gleichbleibend schlimm. Neben der durch Corona bedingten Verschiebungen am Arbeitsmarkt wird auch die demografische Situation schlechter. Wir erheben regelmäßig, österreichweit den Fachkräfteradar. Hier sehen wir ganz deutlich, dass schon 65,5 Prozent der burgenländischen Betriebe – der Österreichdurchschnitt liegt bei 62,2 Prozent - vom Mangel an Fachkräften in ihrem Unternehmen massiv betroffen sind. Nach Berufsgruppen betrachtet, suchen die Betriebe im Burgenland vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Handwerksberufe, und hier fast in allen Branchen. Weiters TechnikerInnen ganz generell und speziell im IT-Bereich sowie natürlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Tourismus und im Gastgewerbe.

Gibt es 2022 wieder spezielle Lehrlings-Aktionen der Wirtschaftskammer?

Ja natürlich, wir werden im Frühjahr wieder in allen Bezirken das Lehrlingscasting durchführen, bei dem Firmenchefs und Arbeitssuchende dem – mal schauen wie sich die Lage entwickelt – virtuell oder real an einen Tisch gebracht werden. Im Februar planen wir auch, mit unserer neuen Web-Plattform www.was-tun.at online zu gehen. Hier werden alle verfügbaren Lehrstellen und Lehrbetriebe abgebildet. Lehrbetriebe können ihre offenen Stellen publizieren, Lehrstellensuchende über die Plattform mit dem Unternehmen Kontakt aufnehmen und sich sogar direkt bewerben. Diverse Tools wie ein Lebenslauf-Generator, Erklärvideos über Lehrberufe, nützliche Infos für Betriebe und Jugendliche wird es hier auch geben.

Wenn man sich umhört, haben viele Betriebe grundsätzlich das Problem, Arbeitskräfte zu finden. Können Sie das bestätigen – und wenn ja, was sind die Gründe dafür?

Im heurigen Jahr starteten wir die Fachkräfte-Offensive. Dabei werden am kurzem Wege Mitarbeiter für diverse Branchen in grundsätzlichen Dingen geschult und rasch direkt zu Betrieben vermittelt. Aber – und das ist die wahre Herausforderung – es muss uns noch besser gelingen, die Menschen zu begeistern, wieder in den Arbeitsprozess einzusteigen. Hier sehen wir schon auch den großen Haken. Denn am Beispiel der Fachkräfte-Offensive im Bereich der Tourismusausbildung haben wir praktisch erlebt, dass von 30 (scheinbaren) Interessenten gerade ein Drittel tatsächlich die Ausbildung machen möchte. Hier braucht es noch bessere Kommunikation, aber auch klare Ansagen, dass nicht arbeiten kein Lebensmodell sein darf.

Die Rot-Weiß-Rot-Card dürfte bislang noch kein Erfolg gewesen sein – zu viel Bürokratie?
Die Rot-Weiß-Rot-Karte ermöglicht es qualifizierten Arbeitskräften aus Drittstaaten in Österreich zu leben und zu arbeiten. Dadurch konnten für burgenländische Betriebe in der Vergangenheit schon zahlreiche qualifizierte Arbeitskräfte gewonnen werden. Jeder qualifizierte Mitarbeiter ist ein Gewinn für die heimische Wirtschaft und deshalb kann schon insofern von einem Erfolg gesprochen werden. Aber es gibt Verbesserungsmöglichkeiten: Die Antragsstellung soll digitalisiert und einfacher, schneller und transparenter gestaltet werden. Auch der Nachweis von Kompetenzen, Berufserfahrung und Sprachkenntnissen muss praxisgerechter und einfacher werden.

„Ein genereller Mindestlohn in Höhe von 1.700 Euro netto würde für die burgenländischen Betriebe einen enormen Wettbewerbsnachteil mit allen damit verbundenen Problemen bedeuten.“

Ein weiteres Dauerthema – zumindest im Burgenland – ist der Mindestlohn von 1.700 Euro netto, der nun in fast allen Bereichen, in denen das Land Einfluss hat, umgesetzt wurde. Sollte hier nicht die Privatwirtschaft langsam nachziehen?
Es existiert in Österreich ein funktionierendes System der Vereinbarung von Mindestlöhnen branchenspezifisch über Kollektivverträge durch die Sozialpartner, in das nicht eingegriffen werden sollte. Ein genereller Mindestlohn in Höhe von 1.700 Euro netto würde für die burgenländischen Betriebe einen enormen Wettbewerbsnachteil mit allen damit verbundenen Problemen bedeuten. Und generell ist festzustellen, dass dort wo sinnvoll und möglich sich die Tarifpartner schon längst auf einen entsprechend hohen Mindestlohn verständigt haben.

Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit der Landesregierung – und hier speziell mit LH Doskozil und LR Schneemann – beschreiben?
Ich möchte sagen, die Zusammenarbeit funktioniert sachlich sehr gut. Ja, es gab Anlaufschwierigkeiten, insbesondere waren wir am Beginn der Corona-Krise nicht glücklich, dass hier sehr wenig kommuniziert wurde und man im Burgenland teilweise mit Entscheidungen hintennach war. Aber das hat sich nun deutlich zum Besseren gewandelt und nicht zuletzt durch unsere intensive Zusammenarbeit, beim Testangebot für Betriebe, bei der Kommunikation der Impfangebote usw. haben wir heute im Burgenland ein sehr gutes Pandemie-Management. Aber auch die gemeinsame Fachkräfte-Offensive ist ein absolut positives Beispiel wie Landespolitik und Wirtschaftskammer gemeinsam etwas auf den Weg bringen können.

Mit welchen privaten Vorsätzen gehen Sie ins Jahr 2022?
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