Liste aller Femizide
Expertinnen: "Gewaltschutzpaket ist Mogelpackung"
Am 12. Mai fand nach dem 14. Femizid in Österreich der Gewaltschutzgipfel der Bundesregierung statt. Was hat sich bis dato, knapp ein Monat später, getan? Nichts, sagen Österreichs Gewaltschutzorganisationen. Ganz im Gegenteil: Es gebe Geld für Täterarbeit, aber für Frauen und Kinder, die von Gewalt betroffen sind, garkeine Verbesserung.
ÖSTERREICH. „Das Gewaltschutzpakt der Regierung ist ein Mogelpackung“, sagt Rosa Logar, Geschäftsführerin Allianz GewaltFREI Leben, bei der aktuellen Pressekonferenz „Gewaltschutzpaket – Quo vadis?“. Am 12. Mai fand medienwirksam ein „Gewaltschutzgipfel“ bei Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) statt. Grund dafür war der 14. Femizid in Österreich. Von 8 bis 12 Uhr durften rund 30 Organisationen und Expertinnen zum Thema Gewaltschutz vortragen, kaum zwei Stunden später wurde das „Gewaltschutzpaket“ der Regierung schon bei einer Pressekonferenz präsentiert. Was dabei nicht implementiert wurde: Alle Vorschläge und geforderten Maßnahmen der Gewaltschutzexpertinnen in Österreich.
"300 Gewaltopfer pro Betreuerin"
Kamerawirksam wurde bei er Pressekonferenz von Raab versichert, sie wünsche sich, dass jede Frau in Österreich wisse, dass sie Hilfe erfährt, wenn sie von Gewalt betroffen sei. Dem gegenüber steht die Realität, an der selbige Ministerin auch nach dem Gewaltschutzpaket der Regierung nichts ändert. Alleine in Wien bekommen Frauen, die Opfer von Gewalt werden, nur fünf Stunden an Betreuung pro Jahr. Jede Beraterin hat mehr als 300 Fälle, um die sie sich kümmern muss. Rosa Logar: „Hingegen darf etwa ein Bewährungshelfer per Gesetzt etwa nur 35 Personen betreuen, aber im Gewaltschutz gib es so eine Grenze bis dato von der Regierung als nicht notwendig erachtet.“
"Brauchen eine Basisifinanzierung"
Die Präsidentin des Österreichischen Frauenrings Klaudia Frieben: „Statt der geforderten 228 Millionen Euro, die notwendig wären, nur um den Status Quo der aktuellen Frauen- und Gewaltschutzarbeit in Österreich aufrecht zu halten, wurde von der Regierung erklärt, dass mit 24, 6 Millionen Euro das Gewaltproblem in Österreich beendet werde.“ Laut Expertin ist aber bis dato auch weder Geld geflossen, noch hätte man die Information erhalten, wo man selbige Förderungen beantragen solle: „24, 6 Mio“, sagt Frieben: „Doch wir wissen nach wie vor nicht, wie, ob und wann was wohin fließt. Es gibt nich immer noch keine Infos, wie wir die Mittel überhaupt abholen können!“ Es hätte lediglich zwei Projektausschreibungen gegeben, doch: „Gewaltschutz ist keine Projektarbeit“, kritisiert Frieben: „Was wir brauchen ist eine Basisfinanzierung!“
"Gewaltschutz ist keine Projektarbeit“
Von den 24,6 Mio seien ebenso viele Inhalte zweifelhaft, denn sie hätten nichts mit Gewaltschutz zu tun, kritisiert Rosa Logar: "Es braucht einen nationalen Aktionsplan, Gewalt betrifft jede fünfte Frau einmal in ihrem Leben, das sind keine hundert Frauen betroffen sondern Huderttausende. Im Ministerium ist auch kein Personal dafür, da ist nur eine Person zuständig, keine einzige Expertin gibt’s dort, nicht nur, dass man uns Gewaltschutzorganisationen nicht einbezieht und mitgestalten lässt, um Frauen und Kinderleben zu schützen und zu retten, auch das Versprechen, dass es weitere runde Tische geben werde, war eine Lüge, denn es gibt keine weiteren, es gibt keinen Diskurs der Regierung mit den Gewaltschutzorganisationen - das sind nur ein leeres Versprechen.“
Keine evidenzbasierte Politik
Statt also in den Gewaltschutz zu investieren und Leben zu retten, wird von der Regierung nun Täterarbeit gefördert. Mit acht Millionen Euro vom Bund. „Die Frauenberatung bekommt keine 4 Millionen Euro vom Bund, da laufen viele Dinge falsch, weil es keine evidenzbasierte Politik gibt.“ Klaudia Frieben:
„Wenn die Regierung mit uns nicht spricht, dann gehen wir an die Öffentlichkeit: Wir fordern von der Regierung, das Thema Gewaltschutz endlich ernst zu nehmen. Wir fordern 228 Millionen Euro und eine Joboffensive von 3000 Arbeitsplätzen im Gewaltschutz. Wir fordern, neue Jobs zu schaffen und bestehende Arbeitsplätze von Frauen in Beratungsstellen abzusichern. Auf dem Rücken von von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern darf nicht länger gespart werden, vor allem, wenn es um den Schutz des Lebens geht.“
Liste aller Femizide in Österreich 2021
Frauenmorde durch (Ex-)Partner oder Familienmitglieder oder durch Personen mit Naheverhältnis zum Opfer 2021 wie von den autonomen Frauenhäusern gelistet:
- 17.1.2021 Aschach an der Steyr / OÖ Ehemann 71 / 73 Tatort: im gemeinsamen Wohnhaus Täter und Opfer aus Österreich Mann hat Ehefrau mit Messer getötet, gab als Motiv „Hass auf Ehefrau“ an
- 17.1.2021 Anger bei Weiz / Steiermark Ehemann 61 / 64 Tatort: im gemeinsamen Wohnhaus Täter und Opfer: k.A. (wahrscheinlich aus Österreich) Mann hat Ehefrau mit Faustfeuerwaffe erschossen und sich danach selbst getötet
- 3.2.2021 Wien Favoriten Ehemann 45 / 52 Tatort: in der gemeinsamen Wohnung Täter und Opfer aus Syrien Mann ersticht Ehefrau in Asylunterkunft
- 23.2.2021 Wien Favoriten Lebensgefährte 28 / 29 Tatort: Wohnung der Frau Opfer Polin, Täter Österreicher mit nordafrikanischen Wurzeln Mann ersticht Lebensgefährtin, nachdem er sie zuvor schon geschlagen hatte und sie im Spital war
- 22.3.2021 SalzburgSchallmoos ExLebensgefährte 22 / 26 Tatort: Wohnung der Frau Opfer Rumänin, Täter serbischer Staatsbürger Mann hat ExLebensgefährtin und Mutter der zwei gemeinsamen
- 5.3.2021 Wien Alsergrund Ex-Partner 35 / 47 Tatort: Arbeitsplatz der Frau k.A. Mann hat Brandanschlag auf die Trafik seiner ExPartnerin verübt, sie erlitt lebensgefährliche Verletzungen und starb 1 Monat später im Krankenhaus
- 7.4.2021 Graz, Bezirk Gries / Steiermark Ehemann 38 / 43 Tatort: Wohnung des Paares Täter und Opfer aus Afghanistan Mann hat Frau (mutmaßlich) mit Messer ermordet, hat sich danach bei der Polizei gestellt
- 22.4.2021 Neulengbach, Bezirk St. Pölten-Land / NÖ Lebensgefährte 64 / 65 Tatort: Wohnung des Paares Täter: österreichischer Staatsbürger, Opfer: k.A. Mann steht unter Verdacht, Frau mit Schlägen und Messerstichen vorsätzlich getötet und sich danach selbst verletzt zu haben
- 29.4.2021 Wien Brigittenau ExLebensgefährte 35 / 42 Tatort: Wohnung der Frau Täter: österreichischer Staatsbürger, Opfer: k.A. Mann hat unter Alkoholeinfluss auf Ex-Lebensgefährtin geschossen
- 5.5.2021 Wien Ottakring Ehemann 72 / 73 Tatort: gemeinsame Wohnung des Paares k.A. (wahrscheinlich Ö) Mann hat zuerst die Frau und danach sich selbst erschossen, unklar ob gemeinsam geplanter Suizid oder nicht
- 6.5.2021 WalsSiezenheim, Flachgau / Salzburg ExLebensgefährte 50 / 51 Tatort: Einfamilienhaus des Opfers und ihrer Mutter Täter: Salzburger (wahrscheinlich Ö), Opfer: k.A. Mann (Waffenbesitzer) hat ehemalige Lebensgefährtin und deren Mutter erschossen
- 6.5.2021 WalsSiezenheim, Flachgau / Salzburg ExLebensgefährte der Tochter 76 / 51 Tatort: Einfamilienhaus des Opfers und ihrer Tochter Täter: Salzburger (wahrscheinlich Ö), Opfer: k.A. Mann (Waffenbesitzer) hat ehemalige Lebensgefährtin und deren Mutter erschossen
- 11.5.2021 Vöcklabruck / OÖ Ehemann 79 / 78 Tatort: Parkplatz eines Friedhofs k.A. (wahrscheinlich Ö) Mann hat zuerst die Frau und danach sich selbst erschossen, unklar ob gemeinsam geplanter Suizid oder nicht
- 12.5.2021 Wien Simmering Ehemann 36 / 44 Tatort: Wohnung des Paares Täter: serbischer Staatsbürger, Opfer: k.A. Frau mit Halsverletzungen in Wohnung gefunden, Ehemann tatverdächtig
Die Nummer der österreichweiten Frauenhelpline gegen Gewalt lautet: 0800 222 555
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