Familie in Corona-Krise
Lage der Ein-Eltern-Familien verschlechtert sich dramatisch

„Alle, die alleine sind und Alleinsorgend, die können sich an FEMA wenden", so Andrea Czak, die Vorsitzende des Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) ist: "Wir machen Online-Treffen und Workshops, hier finde man Hilfe und Unterstützung." Der Verein kämpft für starke Mütter und ihr Recht auf ein sorgenfreies Leben, für ihre Kinder und ihr Recht auf eine glückliche Kindheit.  | Foto: FEMA
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  • „Alle, die alleine sind und Alleinsorgend, die können sich an FEMA wenden", so Andrea Czak, die Vorsitzende des Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) ist: "Wir machen Online-Treffen und Workshops, hier finde man Hilfe und Unterstützung." Der Verein kämpft für starke Mütter und ihr Recht auf ein sorgenfreies Leben, für ihre Kinder und ihr Recht auf eine glückliche Kindheit.
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  • hochgeladen von Mag. Anna Trummer

Das ganze Jahr steht bei den Regionalmedien Austria unter dem Fokus-Thema Familie. In der Österreich-Serie "Familie in Corona-Krise" sprechen Frauen, Männer und Kinder mit RMA-Redakteurin Anna Richter-Trummer über ihre Familie und berichten, wie sie die Zeit der Pandemie erleben. Heute mit der Wienerin Andrea Czak, Mutter einer 15-jährigen Tochter, die als Alleinsorgende für Alleinsorgende kämpft und aus eigener Erfahrung weiß, wie Corona die Lage der Ein-Eltern- Familien in Österreich dramatisch verschärft hat.

ÖSTERREICH. "Corona hat die finanziellen Probleme für viele Alleinerzieherinnen massiv verstärkt", sagt Andrea Czak und berichtet: "Der Kindesunterhalt wurde teilweise gekürzt oder blieb überhaupt ganz aus. Kindesväter, die etwa die Arbeit verloren haben, zahlen nur mehr die Hälfte des Unterhalts, das heißt deren Kinder leiden Not, und das, obwohl die Väter noch über genügend Vermögen verfügen würden. Aber laut Gesetzt darf auf das Vermögen des Unterhaltspflichtigen nicht zugegriffen werden. Das Kind hat also nichts zu essen, aber der Vater hat Vermögen. Unglaublich, die Corona-Krise hat insgesamt auch gezeigt, dass Alleinerzieherinnen im Durchschnitt mit 15 Stunden Arbeit pro Tag die am stärksten Belasteten sind."

4.000 Euro Einkommensverlust

Sie berichtet über eine aktuelle Studie der WU und der AK, die zeigt, dass Mütter, die ihre Erwerbsarbeitszeiten während des Lockdowns zurückgeschraubt haben, rund 4000 Euro Einkommen verloren haben. "Die unbezahlte Arbeit in Stunden bewertet entspricht ziemlich genau dem Wert der unbezahlten Arbeit, die sie zu Hause mehr geleistet haben“, sagt Andrea Czak. Kein Wunder, dass jede zweite armutsgefährdet ist. Czak: "Die Lage der Ein-Eltern- Familien in Österreich verschlechtert sich dramatisch. Alleinerzieherinnen bekommen etwa auch keine staatliche Unterstützung aus dem Corona-Fördertopf, das geht vor allem auf Kosten der Kinder."

Muss Kosten alleine tragen

Die letzten Monate waren für alle Eltern alles andere als einfach. Job, Kinderbetreuung und Homeschooling haben viele von ihnen an ihre Belastungsgrenzen gebracht. Vor allem Alleinerziehende, 91 Prozent davon sind Frauen, trifft diese Ausnahmesituation hart. Wie hat Andrea Czak, Mutter einer 15-jährigen Tochter, die Corona-Zeit erlebt hat und wie hat sich die Coronakrise auf ihr Familienleben ausgewirkt? "Es ist eine enorme finanzielle, emotionale  und auch organisatorische Belastung. Ich musste einen Laptop kaufen für meine Tochter, dazu noch Tastatur, Maus, Bildschirm und Druckerpatronen und so weiter. Dann läuft die Heizung den ganzen Tag, weil wir ja immer zuhause sind, dadurch habe ich viel höhere Kosten. Und mit diesen Kosten steh ich ganz alleine da. Denn in meinem Fall lehnt der Kindesvater es ab, da mit zu zahlen, er meint, die ganzen Zusatzkosten wären vom Unterhalt gedeckt. Im letzten Jahr hat er sich überhaupt nur drei Mal blicken lassen und sich an nichts beteiligt. Daher muss ich wieder zu Gericht gehen und das Geld als Sonderbedarf von ihm einklagen.“

Musste Kindes-Unterhalt vorfinanzieren

Auch eine Kontaktregelung zu finden hat der Vater abgelehnt. Czak: „Ich bekomme auch keine logistische Unterstützung, bis 24 Stunden sieben Tage die Woche jeden Tag im Jahr für alles alleine zuständig.“ Nachdem der Kindesvater keinen höheren Kindesunterhalt zahlten wollte, musste Frau Czak diesen bei Gericht einklagen. „Das Verfahren hat drei Jahre gedauert, in dieser Zeit musste ich alles vorfinanzieren!“ Laut Czak habe sich das Unterhaltsrecht in den vergangenen 20 Jahren immer weiter verschlechtert. „Und die Leidtragenden sind die Kinder, weil es fehlen ihnen die finanziellen Mittel, wodurch sie oft von sozialer Teilhabe ausgeschlossen sind, ihr Zukunftschance gemindert.“ Und eine weitere Ungerechtigkeit: Der Regelbedarfssatz für ein vierzehnjähriges Kind beträgt EUR 400,00. Laut einer Referenzstudie der Schuldnerberatung beträgt der Bedarf eines vierzehnjährigen Kindes jedoch EUR 840,00. Czak: "Dem Kind fehlen EUR 440,00 im Monat um ein Leben ohne Armutsgefährdung und mit sozialer Teilhabe zu führen.“

Zukunft ungewiss

Finanziell hält sich Frau Czak mit einem Teizeitjob über Wasser. „Aber der Job ist nur für zwei Jahre befristet, die Zukunft ist ungewiss. Und ich bin 50 Jahre, es wird mit dem Alter immer schwieriger einen Job zu finden. Noch schlimmer jetzt in der Corona-Krise, bei einer halben Million Arbeitssuchenden und nur 50.000 offenen Posten. Sie erinnert sich, als ihre Tochter noch klein war: „Das war eine ständige Balance Akt, man ist immer gerannt, das war ein Horror, alles unter einen Hut zu bringen. Ohne Eltern wäre es nicht zu schaffen gewesen….“ Doch nun in der Corona-Pandemie fallen auch nahe Angehörige wie Eltern aus, auf deren Hilfe man im Alttag angewiesen war. „Das fällt einem doppelt auf den Kopf.“

Keine Unterstützung

Auch Nachteile sind Frau Czak entstanden. „Im ersten Lockdown hatte ich durch die Überforderung extreme gesundheitliche Schwierigkeiten, weil der Druck und die Last alles auf mir lastete." Frau Czak Präsenz im Büro ist wichtig, Homeoffice kein Thema, daher ist ihre 15-jährige Tochter alleine zuhause im Homeschooling. „Sie ist ja schon groß, aber gesundes Essen macht sie sich dann eben auch nicht.“ Als große Ungerechtigkeiten nennt Czak die unbezahlte Carearbeit, die sie alleine in der Corona-Krise stemmt: „Viele Alleinerzieherinnen leiden darunter, dass sie wenig oder keine Unterstützung vom Kindesvater bekommen und die Regierung davon ausgeht, dass die Mütter sowieso alles machen.“

Dopplete Familienbeihilfe

Was sie sich wünscht? „Ich möchte, dass die Regierung allen Alleinsorgenden die doppelte Familienbeihilfe vom Beginn des Lockdowns rückwirkend ab März für alle Lockdown Wochen ausbezahlt, weil wir Alleinerzieherinnen haben nur ein Einkommen.“ Außerdem wünscht sie sich, dass für jedes Lockdown Monat ein zusätzliches Pensionsmonat angerechnet wird. Und: „Dass alle, deren Unterhalt herabgesetzt wurde, weil der Vater den Job verlor etwa, auch förderberechtigt sind, denn aktuell wird das beim Familienhärteausgleichsfonds nicht als Einkommensverlust anerkannt.“

Geldleistung für fehlenden Betreuungspflicht

Darüber hinaus drängt Frau Czak auf eine rasche Änderung im Unterhaltsrecht: „Dort ist es aktuell so, dass, je mehr der Vater an Betreuungspflichten übernimmt, desto mehr reduziert sich seine Unterhaltspflicht der Höhe nach.  Aber wenn sich der Vater überhaupt nicht kümmert, dann gibt es keine finanzielle Ersatzleistung an denjenigen, der sich kümmert. Das verstoßt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ich fordere, dass er eine Geldleistung für seine fehlenden Betreuungspflichten zahlen muss."

Verein bietet Hilfe

 „Alle, die alleine sind und Alleinsorgend, die können sich an FEMA wenden", so Andrea Czak, die auch Vorsitzende des Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) ist: "Wir machen Online-Treffen und Workshops, hier finde man Hilfe und Unterstützung." Der Verein kämpft für starke Mütter und ihr Recht auf ein sorgenfreies Leben, für ihre Kinder und ihr Recht auf eine glückliche Kindheit. "Ich engagiere mich schon seit fünf Jahren, weil ich es wichtig finde, dass alleinsorgende Mütter ein selbstermächtigtes Leben führen können, gesellschaftlich und finanziell gleichberechtigt, auch wenn der Kindesvater den Unterhalt für sein eigenes Kind nicht zahlen will.“
Anfragen und Hilfe gibt’s unter office@verein-fema.at, verein-fema.at

Bist du in der Corona-Krise in finanzielle Not geraten?

Familie in Corona-Krise
Kennst du eine Familie, deren Leben durch die Corona-Krise maßgeblich beeinträchtigt wurde? Oder bist du und deine Familie selbst betroffen? Schreibe uns: Schicke ein Email mit dem Betreff "Familie in Corona-Krise" an familieincoronakrise@regionalmedien.at und schildere, in welcher Lage sich die Familie in der Corona-Krise befindet.

"Statt Beförderung kam die Kündigung"
„Alle, die alleine sind und Alleinsorgend, die können sich an FEMA wenden", so Andrea Czak, die Vorsitzende des Verein Feministische Alleinerzieherinnen (FEM.A) ist: "Wir machen Online-Treffen und Workshops, hier finde man Hilfe und Unterstützung." Der Verein kämpft für starke Mütter und ihr Recht auf ein sorgenfreies Leben, für ihre Kinder und ihr Recht auf eine glückliche Kindheit.  | Foto: FEMA
Eine Studie der WU und der AK zeigt, dass Mütter, die ihre Erwerbsarbeitszeiten während des Lockdowns zurückgeschraubt haben, rund 4000 Euro Einkommen verloren haben. "Die unbezahlte Arbeit in Stunden bewertet entspricht ziemlich genau dem Wert der unbezahlten Arbeit, die sie zu Hause mehr geleistet haben“, sagt Andrea Czak. | Foto: FEMA

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