Experten warnen
Anastasia-Bewegung in Österreich auf dem Vormarsch

Anastasia-Siedlung | Foto: Wikipedia
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Ein neues Format zeigt: Verschwörungserzählungen und ein antisemitisches Weltbild sind oft eine Begleiterscheinung von extremistischen Bewegungen, wie die Anastasia-Bewegung, die Merkmale einer neuen religiösen Gruppierung aufweist.

ÖSTERREICH. Der Österreichische Fonds zur Dokumentation von religiös motiviertem politischen Extremismus (Dokumentationsstelle Politischer Islam, von der ÖVP-Grünen-Regierung 2020 gegründet) gibt in seinem aktuellen Bericht über die Anastasia-Bewegung sowie über Beispiele von Antisemitismus in religiös motivierten Extremismen Aufschluss. 

Was ist die Anastasia-Bewegung?

Die sektenähnliche Anastasia-Bewegung beruft sich auf die Romane des russischen Unternehmers und Schriftstellers Wladimir Megre, wobei im Mittelpunkt die fiktive Protagonistin „Anastasia“ steht, eine „wedrussische“ Einsiedlerin mit übernatürlichen Kräften. In den Büchern wird dazu aufgerufen, autarke „Familienlandsitze“ als Anwesen zu gründen, um der sogenannten „technokratischen Welt“ zu entkommen, die laut den Schriften von „dunklen Mächten“ beherrscht werde. Zudem ist die Rede vom „Kampf zwischen Gut und Böse“, die westliche Demokratie wird abgelehnt und als „Dämonkratie“ verunglimpft.

In Österreich im Südburgenland aktiv

Die Gruppierung ist laut Dokumentationsstelle dezentral organisiert, hat in Österreich im Jahr 2012 Fuß gefasst und ist vor allem über Telegram vernetzt. Ein Kanal namens „Anastasia Hörbücher“ verzeichnet aktuell über 20.000 Abonnentinnen und Abonnenten. Die Anhängerinnen und Anhänger der Anastasia-Bewegung sind in Österreich vor allem im Südburgenland aktiv – dort wurde 2021 laut dem Bericht ein umfangreiches Siedlungsprojekt ins Leben gerufen. 

Lisa Fellhofer, Direktorin der Dokumentationsstelle:

„Die seit 2020 laufenden Krisen haben radikale Tendenzen sowie Verschwörungsmythen innerhalb unserer Gesellschaft verstärkt. Eine auffällig häufige Begleiterscheinung beim religiös motivierten politischen Extremismus ist der Antisemitismus, dies kann den Politischen Islam genauso wie andere Ideologien betreffen. In islamistischen Schriften, beispielsweise von Milli-Görüs-Gründer Necmettin Erbakan oder den Muslimbruderschaft-Ideologen Sayyid Qutb und Yusuf al-Qaradawi, finden sich häufig antisemitische Narrative. Zu den neuartigeren Phänomenen zählt die Anastasia-Bewegung mit Merkmalen einer neuen religiösen Gruppierung, die sich auf die Literatur von Wladimir Megre stützt. Bei der aus Russland kommenden Bewegung handelt es sich um eine esoterische Strömung mit antisemitischen und völkischen Lehren, womit sie eher dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen ist.“

Während sich einige Politiker zu einzelnen Aspekten positiv äußerten, wie etwa der ehemalige russische Präsident Medwedew „die Idee der Familienlandsitze [… als] absolut positiv“ wertete, wird die Bewegung von Historikern und Religionswissenschaftlern sowie Vertretern der Russisch-Orthodoxen Kirche als „totalitäre, destruktive Sekte“ oder „neuheidnische Bewegung, die sich unter dem Deckmantel ökologischer Lösungen an ihren Anhängern betrügerisch bereichern will“, kritisiert.

Antisemitismus oftmals gemeinsamer Nenner

Um die Bandbreite des Phänomens des Antisemitismus in extremistischen religiös-politischen Bewegungen aufzuzeigen, hat die Dokumentationsstelle in der zweiten DPI Focus-Ausgabe Megres zehnteilige Anastasia-Buchreihe den Schriften des kürzlich verstorbenen islamistischen Gelehrten Yusuf al-Qaradawi, der als bedeutende Inspirationsquelle für die Muslimbruderschaft gilt, gegenübergestellt. Der Ägypter al-Qaradawi bezieht sich in seinen Ausführungen vor allem auf den israelisch-palästinensischen Konflikt, wobei er jüdische Menschen mit dem Staat Israel gleichsetzt und ihnen unveränderlich negative Eigenschaften unterstellt. Beide Ideologen verbreiten auf eine unterschiedliche Art und Weise antisemitische sowie pauschalisierende Stereotypen. Dabei schreiben sie Jüdinnen und Juden unter anderem die Schuld für ihre eigene Verfolgung zu.

Sekten – Was ist erlaubt?

Nach dem Staatsgrundgesetz vom 21. 12. 1867, dem Staatsvertrag von Saint Germain vom 10. 9. 1919 und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950 ist in Österreich zwar das Recht auf individuelle Religionsfreiheit garantiert. Anders sieht es aber für die gemeinschaftliche Religionsausübung aus: Artikel 15 des Staatsgrundgesetzes gewährt wohl das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsausübung, jedoch nur für die gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Mehr Infos hier

Fragwürdiger Sektenzugang in Steinberg
Anastasia-Siedlung | Foto: Wikipedia
In Österreich hat sich die Sekte im Burgenland angesiedelt. | Foto: Shutterstock

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