Pride
Auf LGBTQI wurde in der Pandemie vergessen
Nicht alle waren gleich von der Pandemie und den damit verbundenen Maßnahmen betroffen. Besonders die LGBTQI-Community litt unter mangelnder Gesundheitsversorgung und psychischer Belastung.
ÖSTERREICH. Beim Ausdruck Pride Month denken die meisten wohl an die lauten, farbenfrohen, ausgelassenen Regenbogenparaden auf der ganzen Welt. Denn Pride ist grundsätzlich ein Anlass zum Feiern. Dabei darf jedoch nicht darauf vergessen werden, dass Menschen immer noch aufgrund ihrer Geschlechtsidentität oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden. Besonders in der Pandemie fiel das auf.
Gesundheitliche Versorgung bei Trans*personen fehlt
Trans ist ein Überbegriff für transsexuelle, transidente und transgender Menschen, also für alle Menschen, die nicht das Geschlecht sind, dem sie bei der Geburt zugewiesen wurden. Deshalb machen viele Hormontherapien und geschlechtsangleichende Operationen, um sich im Körper wohl zu fühlen. Doch bevor diese durchgeführt werden können, steht einem ein langer Prozess aus psychologischen Gutachten, Beratungen und Untersuchungen bevor.
Die Dauer einer Geschlechtsangleichung kann also selbst unter normalen Umständen sehr lange dauern. "Das Problem ist, dass man auf Termine für Routineuntersuchungen teilweise mehr als neun Monate warten muss und auf geschlechtsangleichende Operationen zwei bis vier Jahre", erklärt Claire Kardas, stellvertretende Obfrau des Frauenvolksbegehrens. Hinzu kommt ein Mangel an geschultem Personal und der nötigen Infrastruktur, um Eingriffe durchzuführen und zu beraten.
Durch den Entfall oder das Aufschieben von Operationen aufgrund der Pandemie, verlängern sich Wartezeiten abermals. Das stellt für Personen, die eine Transition machen eine enorme psychische Belastung dar.
Claire Kardas berichtet dazu: "Die Coronakrise hat sich zudem im Bereich der Trans*gesundheit bemerkbar gemacht, dabei gab es ja auch davor schon mangelnde Versorgung. Sie ist jetzt noch schlechter geworden. Das war auch bei mir bemerkbar - die Ambulanz hat im ersten Lockdown geschlossen und ich konnte somit nicht mit meiner Hormontherapie beginnen. Erst nach mehreren Telefonaten bin ich an meine Rezepte (über den Postweg) gekommen und war so froh, weil es endlich losgehen konnte. "
„Es gab keine Möglichkeit zu entkommen“
Speziell für queere- sprich Personen, die nicht in die romantischen, sexuellen und/oder geschlechtlichen Normen der Gesellschaft passen -Menschen ist der häusliche Bereich nicht immer ein sicherer Ort. In einer Studie des deutschen Jugendinstituts aus dem Jahr 2015 berichteten die Hälfte der befragten Personen von familiären Diskriminierungserlebnissen.
Wenn das soziale Umfeld in Lockdowns vor allem für junge, queere Personen auf das häusliche Umfeld beschränkt wird, kann das zu belastenden Situationen führen. Dieser Umstand wird verstärkt, wenn Coming-out-Gruppen und Treffen mit dem Freundeskreis ausfallen und sichere Rückzugsorte, wie zum Beispiel die Queer Base in Wien geschlossen sind.
„Besonders anfangs war es für Jugendliche dramatisch, wenn sie auf engstem Raum mit einer Familie leben, die selbst LGBTQI feindlich eingestellt ist“, berichtet Anna Szut von HOSI (Homosexuellen Initiative) Wien, „Es gab keine Möglichkeiten zu entkommen“.
Auf die LGBTQI Community wurde vergessen
Sorgentelefone in Großbritannien meldeten im letzten Jahr einen Anstieg der Anrufe von queeren Menschen im letzten Jahr. Auch in einer amerikanischen Studie berichteten die Hälfte aller trans und nicht-binären Jugendlichen von Angststörungen und Depressionen.
Besonders wenn Orte der Gemeinschaft ausbleiben, wird die psychische Belastung höher. „Die LGBTQI Community zählte zu den vergessenen Bevölkerungsgruppen im Pandemie Management. Wir hätten uns mehr Unterstützung der Regierung gewünscht“, so Anna Szut.
Pride wird laut gefeiert
Für die Veranstalter der Regenbogenparade ist diese „ein Stück Rückkehr zur Sichtbarkeit, die wir in der queer Community in der Pandemie nicht hatten“. Für viele Menschen sei es eine wichtige, positive Erfahrung, sich diskriminierungsfrei im öffentlichen Raum bewegen zu können.
Die Parade sei der Tag, an dem queere Menschen für ihre Rechte demonstrieren können und gleichzeitig in einem geschützten Rahmen Sichtbarkeit zeigen können. "Ich werde am 19. Juni auf die Pride in Wien gehen und meine ganzen queer-Freund:innen mitnehmen", freut sich Claire Kardas.
Pride Events in Österreich:
- In Wien wird die vertraute Regenbogenparade diesmal zwar ohne die typischen Partywägen stattfinden, dafür als Fuß- und Raddemo.
- In Graz findet am 03. Juli ein Parkfest im Grazer Volksgarten statt.
- In Linz findet die Parade am 26. Juni statt.
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