Muttertag 2021
Ausbau der Betreuung für die Kleinsten gefordert

Margarete Kriz-Zwittkovits, Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft setzt sich für Unternehmerinnen ein. | Foto: Florian Wieser
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  • Margarete Kriz-Zwittkovits, Vorsitzende von Frau in der Wirtschaft setzt sich für Unternehmerinnen ein.
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Damit die Mehrfachbelastung reduziert wird und mehr Frauen mit Kleinstkindern ihrer selbstständigen Karriere nachgehen können, braucht es einen Ausbau der Kinderbetreuung, fordert Margarete Kriz-Zwittkovits, Landesvorsitzende von Frau in der Wirtschaft am Tag des Muttertag. Denn die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen gehöre gefördert, Mutterschaft dürfe keine Einschränkungen mit sich bringen, ist sie überzeugt. Zudem könne auf weibliche Expertise in keinem Wirtschaftsbereich verzichtet werden.

ÖSTERREICH. In Österreich ist die Betreuung von Kleinstkindern in Einrichtungen eher Mangelware: Konkret haben österreichweit rund 71.000 Kinder zwischen 1-3 Jahren Platz in einem Kindergarten, das sind 27,6 Prozent aller Kinder in der Altersgruppe. In Wien ist die Betreuungsquote mit 44 Prozent am höchsten.

RMA: Kleinstkinderbetreuung ist in Österreich generell noch nicht flächendeckend etabliert. Das bedeutet, dass viele Eltern in ihrem Wohn- oder Arbeitsbezirk keinen Platz für ihre Kinder im Alter von unter drei Jahren bekommen. Ist hier die Politik oder die Wirtschaft in der Pflicht?

Margarete Kriz-Zwittkovits: Beide sind gefordert. Es gibt ja immer mehr Betriebskindergärten. Voraussetzung ist jedoch, dass es eine bestimmte Anzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt. In der Wirtschaftskammer Österreich etwa wurde erst kürzlich ein Betriebskindergarten auf Initiative von Vizepräsidentin und FiW-Bundesvorsitzender Martha Schulz eingerichtet. Es gibt aber viele kleine Betriebe, wo Betriebskindergärten nicht in Frage kommen. Grundsätzlich ist daher die Politik gefordert, also die Kommunen. 

Wie konkret sind die Gemeinden hier gefordert?

In Wien gibt es im Bundesländervergleich flächenmäßig gute Betreuung für Drei- bis Fünfjährige, rund 90 Prozent sind hier abgedeckt. Da sieht die Struktur so aus: zwei Drittel Privatkindergärten, ein Drittel werden von der Stadt Wien betrieben. Die Privatkindergärten stehen jedoch durch Benachteiligungen bei Förderungen massiv unter Druck. Für Kinder unter drei Jahren brauchen wir aber mehr Angebote. Für viele berufstätige Eltern bedeutet es Stress, wenn in unmittelbarer Umgebung kein Angebot für die Kleinsten vorhanden ist. 

Wie viele Eltern sind da in etwa betroffen?

In Wien leben etwa 59.500 Kinder unter drei Jahren, österreichweit sind es rund 260.000. Von diesen haben in Wien rund 15.000 Platz in einer Kleinkindergruppe in Kindergärten. In Wien sind im Bereich der Selbständigen Mütter überproportional betroffen, weil es hier mehr selbständige Frauen gibt. In den Bundesländern stehen die Eltern allerdings noch schlechter da, weil es noch weniger Einrichtungen für Kleinstkinder gibt. Die betroffenen Eltern müssen sich dann Privatbetreuung organisieren. 

In Wien sind 1.200 Kinder bis zu ihrem ersten Geburtstag in einer Betreuungseinrichtung, in Salzburg nur 42. Insgesamt sind es österreichweit 1.856. Bis zum 3. Lebensjahr sind rund 72.000 Kinder von 0-3 Jahren in außerhäuslicher Betreuung. | Foto: WKO
  • In Wien sind 1.200 Kinder bis zu ihrem ersten Geburtstag in einer Betreuungseinrichtung, in Salzburg nur 42. Insgesamt sind es österreichweit 1.856. Bis zum 3. Lebensjahr sind rund 72.000 Kinder von 0-3 Jahren in außerhäuslicher Betreuung.
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Private Betreuung kostet die Eltern aber Geld. Dazu kommen teils lange Anfahrtszeiten oder starre Schließzeiten der Kindergärten. Das wirkt sich dann negativ auf die Situation der Mütter aus. Folgen: Stress, schlecht bezahlte Halbtagsjobs statt Selbständigkeit. Wie kann man die Situation verbessern?

Ja, das ist dann oft eine individuelle Abschätzung: Was verdiene ich, und was kostet mich die Privatbetreuung? Und für Unternehmen ist die Situation auch unbefriedigend, weil die Mitarbeiterinnen werden durch starre Schließzeiten ständig beruflich herausgerissen. Das führt eben dazu, dass so viele Frauen nur Teilzeitbeschäftigungen annehmen. Sie schneiden dann auch bei der Pension schlechter ab. Auch in Wien sind die Öffnungszeiten starr. Diese müssen generell ausgeweitet werden. In den Bundesländern haben die Eltern oft mehr Unterstützung durch die Familie, weil oft mehrere Generationen zusammenleben und Mitglieder auf die Kinder schauen.

Wenn Öffnungszeiten flexibel sind, also von 7 bis 18 Uhr, kostet das auch die Gemeinden eine Stange Geld. Und selbst wenn allen Kindern, so wie sie es fordern, ein Platz in einer elementaren Bildungseinrichtung schon ab dem 1. Lebensjahr zur Verfügung stehen: Haben wir nicht zu wenig ausgebildete Elementarpädagoginnen?

Für die Gemeinden ist das auch eine Kostenfrage, das stimmt. Es müsste den Gemeinden eben wert sein, dass man Frauen mehr unterstützt und die Öffnungszeiten ausweitet. Das ist eine Frage der Frauenpolitik: Will man Frauen die gleichen Chancen einräumen? Auch Betriebe bieten diesbezügliche Unterstützung an. Dieses Modell der Teilfinanzierung gibt es ja auch schon ansatzweise. Das könnte im Kostenrahmen inkludiert sein. Dann verlieren die Betriebe auch nicht ihre wertvollen Mitarbeiterinnen, beziehungsweise müssen diese nicht aus der Kernarbeitszeit herausnehmen. Dann sinken auch die Karrierechancen für Frauen weniger, und es fehlen weniger weibliche Fachkräfte. Die Frage lautet also für Politik und Wirtschaft: Ist es uns etwas wert, dass wir elementarpädagogische Einrichtungen so strukturieren, dass Frauen, meist sind es Alleinerzieherinnen, adäquat unterstützen?

Zur zweiten Frage, ob wir zu wenig ausgebildetes Personal für die Kinderbetreuung haben: Es geht auch um die Entlohnung dieser Berufsgruppe. Speziell für Kinder in dieser Altersgruppe ist die Formung sehr wichtig, das ist also ein sehr verantwortungsvoller Beruf. Der Beruf der Pädagoginnen und Pädagogen muss imagemäßig aufgewertet und attraktiviert werden. Und, ja, wir brauchen auch mehr ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
 

In Österreich sind laut WKO im Schnitt 27,6 Prozent der 0-3 Jährigen (also bis zu ihrem 3. Geburtstag) in außerhäuslicher Betreuung, inklusive Tagesmütter. In Wien ist die Quote am höchsten. | Foto: WKO
  • In Österreich sind laut WKO im Schnitt 27,6 Prozent der 0-3 Jährigen (also bis zu ihrem 3. Geburtstag) in außerhäuslicher Betreuung, inklusive Tagesmütter. In Wien ist die Quote am höchsten.
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Sie sagen, die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen gehört gefördert; Mutterschaft darf keine Einschränkungen mit sich bringen. Nun zeigt sich durch Corona, dass Frauen sehr wohl eingeschränkt sind, wie eine Umfrage von Karmasin Research&Identity im Februar/März für die RMA zeigt: Über die Hälfte (51,6 %) sehen die Doppelbelastung von Frauen als großes Problem. Dass Frauen durch Homeoffice im Lockdown mehr belastet sind als Männer, dieser Aussage stimmt fast die Hälfte der Befragten zu (49,2 Prozent) zu…

Daher ist der Umkehrschluss zu tätigen: Im Lockdown sind die Betreuungseinrichtungen und Schulen teils komplett ausgefallen. Da hat sich die Situation noch mehr zugespitzt. Die Situation war teilweise für Frauen anstrengend, wenn sie neben der Arbeit am Computer die Kinder betreuen mussten. Homeoffice -Angebote werden sicher nach Corona weiter bestehen, auch zum Vorteil der Frauen. Die Kehrseite ist aber: Frauen müssen dann zuhause alles erledigen. Arbeiten, Kochen, Kinderbetreuen. Wir sehen aber bei den Jungfamilien schon, dass auch Männer mehr leisten und sich einbringen als früher, aber die Belastung liegt nach wie vor überwiegend bei Frauen. Vor allem, wenn sie Alleinerzieherinnen sind. Früher hat man gesagt, Frauen sind sorglose Mütter, wenn sie Kinder in Betreuungseinrichtungen geben. Ich denke, Frauen müssen mehr auf die Qualität der Zeit mit den Kindern achten, als auf die Quantität. Oft wirkt es sich positiv auf das Verhältnis mit den Kindern aus, wenn die Eltern nicht ständig mit ihnen beschäftigt sind. Auch für Kinder kann eine frühe Sozialisierung positiv sein.

Mehr Infos unter wko.at/wien/frauinderwirtschaft

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