Arbeitsminister in ZiB2
Kocher gegen Erhöhung des Arbeitslosengeldes

Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit. Kocher wurde am 13. September 1973 in Salzburg geboren. Er studierte in Innsbruck Volkswirtschaftslehre. In Tirol lernt er auch seine Frau kennen, mit der er seit 2003 verheiratet ist. Kocher ist ein leidenschaftlicher Marathonläufer. | Foto: Dragic, BKA
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  • Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit. Kocher wurde am 13. September 1973 in Salzburg geboren. Er studierte in Innsbruck Volkswirtschaftslehre. In Tirol lernt er auch seine Frau kennen, mit der er seit 2003 verheiratet ist. Kocher ist ein leidenschaftlicher Marathonläufer.
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Am Montag zu Mittag wurde der neue Arbeitsminister Martin Kocher angelobt,  am Abend gab er in einem Interview in der ZIB2 Einblicke in seinen Wechsel vom Experten zum Regierungsmitglied. Als positiv strich der ehemalige Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) hervor, dass beim Arbeitsmarkt Expertise gut sei. Und: Das Ziel, langfristig Vollbeschäftigung zu erreichen, sei für alle gleich.

ÖSTERREICH. Ende Dezember waren rund 521.000 Menschen ohne Job – ein Plus von knapp 28 Prozent gegenüber 2019.  ZiB2Moderator Armin Wolf befragte Kocher am Montagabend sowohl nach seiner politischen Gesinnung, als auch nach seinen Plänen als Arbeitsminister, nachdem seine Vorgängerin Christine Aschbacher (ÖVP) über eine Plagiatsaffäre gestolpert war. Sowohl bei ihrer Diplomarbeit an der Fachhochschule Wiener Neustadt als auch bei ihrer Dissertation an der Slowakischen Technischen Universität in Bratislava soll es Ungereimtheiten gegeben haben.

Kocher über seine politische Haltung:
Der parteilose Neo-Minister sieht sich als neutraler Experte: „Aber ich wäre nicht auf einem Ticket der ÖVP, wenn ich nicht mit vielen Dingen übereinstimmen würde.“ Von ihm werde nun erwartet, den Stand der Wissenschaft einzubringen. Er werde aber nicht immer die Parteilinie der ÖVP vertreten können und müssen. Das sei auch nicht notwendig. In den Bereichen Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Finanzen werde sein „Input offen sein“, er werde sich nicht einschränken lassen. 

Kocher über seine Motivation:
Auf die Frage, warum er das Amt übernommen habe, sagte er, dass er, wenn er gefragt werde,  Verantwortung übernehmen müsse. Mit Kanzler Kurz habe es auf Anhieb bei den wichtigsten arbeitsmarktpolitischen Punkten Einigung gegeben, was ihn zuversichtlich mache.

Kocher über seinen Fokus als Arbeitsminister:
Die Schaffung von Arbeitsplätzen sei entscheidend – dabei wolle er „auf alle Gruppen schauen“. Es gebe Gruppen, die stärker von der Krise betroffen sind, und solche, die weniger betroffen sind, so der Minister. Man werde die Programme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in der derzeitigen Akutphase so gut es geht gestalten – aber auch nach Ende des Lockdowns und der derzeit aufrechten Schließungen, „um Menschen in Beschäftigung zu bringen“.

Kocher über Kurzarbeit:
Vor einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes gehe es nun vorrangig darum, die Kurzarbeit zu nützen: „Eine kurzfristige Erhöhung des Arbeitslosengeldes wäre schwer zu argumentieren.“ Die Kurzarbeit sei also nur für einen bestimmten Zeitraum gedacht. Das Ziel sei, aus der Kurzarbeit heraus zu kommen. 

Im Sommer hatte Kocher noch vor womöglich zu hohen Anreizen bei der Kurzarbeit gewarnt. Damals wünschte er sich eine Differenzierung bei der Kurzarbeit zwischen Industrie und Dienstleistungen wie Gastronomie, Tourismus oder Event-Sektor. Anfang Jänner hatte Kochers Vorgängerin Aschbacher eine Weiterführung der Kurzarbeit über März hinaus in Aussicht gestellt und Gespräche mit den Sozialpartnern für Februar angekündigt. Bereits Anfang Februar wolle der Arbeitsminister ein Konzept für die Kurzarbeit vorstellen: "Wir müssen aus der Kurzarbeit raus, wenn die Situation es zulässt, nicht wenn noch manche Bereiche von behördlichen Schließungen betroffen sind." Ende März laufe das CoV-bedingte Kurzarbeitsprogramm aus. Die Sozialpartner drängen auf eine Verlängerung. Je nach der Situation des Pandemie werde man die Kurzarbeit daran anpassen, kündigte Kocher an.

Kocher über Arbeitslosengeld:
Die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere die Langzeitarbeitslosigkeit ist für Kocher wohl die herausforderndste Verantwortung, lag die Zahl der Langzeitbeschäftigungslosen Ende Dezember bei über 137.000 (Plus 37,3 Prozent gegenüber 2019). Einer Erhöhung des Arbeitslosengeldes von 55 auf 70 Prozent, wie die Gewerkschaft sie fordert, lehnt Kocher allerdings ab. Bereits in der Zeit als IHS-Chef habe er sich  klar dagegen ausgesprochen. Eine Reform des Arbeitslosengelds würde nach der Krise Thema sein können. Es wäre auch unfair, jene, die durch die Corona-Krise arbeitslos geworden sind, gegenüber denen, die zuvor arbeitslos waren, zu bevorzugen. Es gehe jetzt darum, die Akutphase der Krise zu überwinden.

Kocher über Arbeitsmarktprogramme:
Eine Herausforderung wird die Umsetzung der mit 700 Millionen Euro dotierten Arbeitsmarktinitiative CoV-Joboffensive. Diese soll via AMS Aus- und Weiterbildungen für über 100.000 Arbeitslose bringen. Etwas weniger als zwei Drittel der Mittel, nämlich 428 Mio. Euro, sind für 2021 vorgesehen.

Kocher über Homeoffice:
Es gebe immer noch keine gesetzliche Basis für Homeoffice in Österreich, sagte Wolf. Diesen Punkt werde man priorisieren, versprach Kocher. "Ich hoffe, dass wir diese Gespräche klar vor März abschließen und eine Regelung finden können."

Kocher über Löhne:
Auf die Frage, warum PflegerInnen, SupermarktverkäuferInnen und andere systemerhaltende Berufe höher bezahlt werden, als Menschen, die im Homeoffice arbeiten, sagte Kocher, es gehe um die Frage, wie Löhne bestimmt werden. Es gehe auch um Angebot und Nachfrage. Man müsse den Beruf der insgesamt PflegerInnen attraktiver machen. Pflege sei ein schwieriger Beruf, psychisch herausfordernd.

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