Strengere Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel
Lob und Kritik für geplante Kennzeichnungspflicht

Lebensmittelhersteller und -unternehmen müssen nun bald auf der Verpackung von verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln die Herkunft angeben. Laut Regierung fallen darunter etwa Wurstwaren, Käse und Mayonnaisen.
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  • Lebensmittelhersteller und -unternehmen müssen nun bald auf der Verpackung von verarbeiteten, verpackten Lebensmitteln die Herkunft angeben. Laut Regierung fallen darunter etwa Wurstwaren, Käse und Mayonnaisen.
  • hochgeladen von Christa Nothdurfter

Am Wochenende haben sich ÖVP und Grüne auf die Einführung einer  verpflichtenden Herkunftsbezeichnung für Lebensmittel geeinigt. Für die neue Kennzeichnungspflicht gibt es Kritik und Lob. Die Lebensmittelindustrie warnt vor Preissteigerungen. 

ÖSTERREICH. Vorgesehen ist ab 2023 die Kennzeichnung der Primärzutaten Fleisch, Milch und Eiern. Für den Konsumenten soll so in Zukunft klarer ersichtlich sein, woher die Hauptzutaten in verpackten oder verarbeiteten Lebensmittel stammen. Der Entwurf wird in dieser Woche zur Begutachtung ausgeschickt. 

Kennzeichnungspflicht geht nicht weit genug

Für Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ist die verpflichtende Herkunftskennzeichnung "ein echter Meilenstein für mehr Transparenz". Vielen Tierschützern geht das aber nicht weit genug, denn die klassische Gastronomie bliebe davon auch in Zukunft verschont. "Wir vermuten, dass da gar nicht so sehr die kleinen Wirte und Landgasthäuser dahinterstecken, die eh schon immer mehr freiwillig auch darauf schreiben, was drinnen steckt, sondern natürlich der Großhandel, also die Konzerne, die gut daran verdienen, dass sie Fleisch aus der Ukraine oder aus vielen anderen Ländern der Welt nach Österreich importieren", kritisiert Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens im Ö1-Morgenjournal am Montag, der eine Lobby dahinter vermutet.

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Auch die Umweltschutzorganisation WWF Österreich forderte zusätzlich zur von der Regierung geplante Kennzeichnungspflicht die explizite Ausweitung auf alle Bereiche der Gemeinschaftsverpflegung inklusive der Gastronomie. "Die Menschen haben ein Recht zu wissen, woher ihre Lebensmittel kommen - nicht nur im Supermarkt-Regal, sondern auch im Gasthaus muss klar erkennbar sein, welchen Weg das Essen hinter sich hat", erklärte Volker Hollenstein, Politischer Leiter des WWF Österreich, in einer ersten Reaktion.

Lebensmittelindustrie befürchtet Preissteigerung

Oskar Wawschinek, Sprecher des Fachverbands der Lebensmittelindustrie kritisiert im Gespräch mit Ö1 am Montag, dass die Regelung nur ausschließlich für Österreich gelten soll. Lebensmittelrecht sei "EU-Recht und das nur in Österreich einzuführen, ist daher aus unserer Sicht erstens der falsche Weg und zweitens zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt inmitten einer historischen Kostensteigerungswelle", betont  Wawschinek.

Seit mehr als 20 Jahren gebe es das AMA-Gütesiegel, das österreichische Herkunft garantiere, zusätzlich zu EU-Regelungen. Innerhalb der EU werde derzeit über eine weitere EU-weite Regelung und Verbesserung dieser Herkunftskennzeichnung diskutiert, so Wawschinek weiter.  Österreich mache einen nationalen Vorstoß, der ausschließlich österreichische Unternehmen treffe. "Es würde dazu führen, dass Produkte teurer werden und möglicherweise Betriebe nicht mehr in Österreich produzieren können, weil ja andere, die außerhalb Österreichs produzieren, weniger Kosten hätten", so Wawschinek. Die Produkte würden aber nebeneinander im Supermarkt stehen und damit ein Preisdruck entstehen, befürchtet er, der dazu führen könnte, dass die Menschen in der derzeitigen Lage die billigeren Lebensmittel kaufen.

Für in Österreich produzierende Betriebe entstehe ein zusätzlicher Aufwand, "weil ich alle Herkünfte aller meiner Rohstoffe getrennt angeben, lagern, verarbeiten und etikettieren muss", so Wawschinek.

Moosbrugger: Aktuelle EU-Verordnung leicht zu umgehen

Der Präsident der Landwirtschaftskammer (LKÖ), Josef Moosbrugger, sah am Wochenende einen "längst fälligen Schritt" und "eine wichtige Basis für ein rot-weiß-rotes Konsumbekenntnis und damit für mehr Regionalität am Teller".

Zwar gebe es schon jetzt eine entsprechende EU-Verordnung, die gewisse Kennzeichnungen vorsieht, diese aber leicht zu umgehen sei, kritisiert Moosbrugger im Ö1-Morgenjournal am Montag.  "Wenn ein Wursthersteller einen Markennamen oder ein Logo oben hat, muss er dann die Primärzutat Fleisch nicht mehr angeben, und gegen solche Trittbrettfahrer wehren wir uns ganz massiv", so Moosbrugger.

Für die heimische Lebensmittelindustrie bedeutet die neue Kennzeichnungspflicht jedenfalls einen Mehraufwand. Fraglich bleibt, ob die EU den Verordnungsentwurf aus Österreich hinsichtlich des freien Wettbewerbs akzeptieren wird.

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