Anschober über Ex-Kanzler
"Maximierung des politischen Erfolges war Kurz vorrangig"
Der ehemalige Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) meldet sich zurück: Nach langer TV-Pause nimmt er erstmals öffentlich zu den Vorwürfen gegen Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz und sein Umfeld Stellung und erzählt, wie er seine Zeit in der Regierung mit der Kurz-ÖVP wahrgenommen hat.
ÖSTERREICH.
"Dieses Sittenbild, das bei den Chats herausgekommen ist [...] das ist schon ziemlich verheerend"
, sagt der ehemalige Gesundheitsminister Rudi Anschober im Interview mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn. Dennoch hätten ihn "diese Dimension" und "diese Vorhalte" schon "ziemlich überrascht“.
Kurz ging es weniger um Wertehaltung
Im Nachhinein habe Anschober den Eindruck, dass es Kurz "weniger um konkrete Wertehaltungen [...] sondern eher um den Erfolg gegangen" sei. Vorrangig sei es Kurz um die "Maximierung des politischen Erfolges" gegangen. Über seine eigene Zeit in der Regierung unter dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz sagt Anschober heute, er habe das erste halbe Jahr innerhalb der Pandemie "sehr, sehr gut mit ihm zusammengearbeitet". Die Zeit sei "von einer guten Kooperation" geprägt gewesen. Doch dann sei es "ein bisschen schwieriger geworden", so Anschober.
Verheerendes Sittenbild
Anschober sagt, die strafrechtliche Dimension der Vorwürfe gegen Kurz und sein Umfeld zu beurteilen, das müssten die Gerichte klären. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) werde sicherstellen, dass die Justiz ihre Arbeit erfüllen könne. Das "verheerende" Sittenbild, "das bei den Chats herausgekommen ist", so Anschober, müsse aber auch politisch untersucht werden. Das solle im neuen Untersuchungsausschuss geschehen.
Anschober für mehr Transparenz
"Das sollte aus meiner Sicht so oder so Konsequenzen haben",
fordert Anschober, der sich für mehr Transparenz bei den Inseraten und "eine Umverteilung" von den Inseraten zur Presseförderung ausspricht. Es gebe Vorhaben im Regierungsabkommen zwischen der ÖVP und den Grünen, die jetzt "rasch" umgesetzt werden sollten.
Der ÖVP-Skandal - die Chronologie
6. Oktober: Hausdurchsuchungen in Kanzleramt und ÖVP-Zentrale
*Brisante Chatprotokolle tauchen auf *Die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen Sebastian Kurz und insgesamt neun enge Mitarbeiter. Es gilt die Unschuldsvermutung *Die Vorwürfe lauten auf Verdacht der Untreue, Bestechlichkeit, Bestechung *Das Strafmaß beträgt bis zu 10 Jahre Haft7.Oktober: Grüne entziehen Kurz das Vertrauen *Sondersitzung im Nationalrat *Opposition unterstützt Misstrauensantrag 13.30 Uhr: Kogler trifft Bundespräsident Van der Bellen 16 Uhr: Sebastian Kurz bei Van der Bellen 17 Uhr: SPÖ-Chefin Rendi-Wagner in der Hofburg8. Oktober: Die ÖVP steht geschlossen hinter Kurz Ohne Kurz werde die Partei nicht in der Regierung bleiben, so der gemeinsame Tenor. Man wolle die Koalition mit den Grünen fortführen*Bundespräsident Alexander Van der Bellen führt weitere Gespräche
*Grüne beharren auf neuen Kanzler
9. Oktober: Kurz will im Amt bleiben
*ÖVP lehnt Vorschlag ab, vor Misstrauensantrag das Budget in trockene Tücher zu bringen.
*Die Fronten verhärten sich
10. Oktober: Kurz gibt seinen Rücktritt bekannt
*19 Uhr: Der Kanzler erklärt Rücktritt und gibt seinen Nachfolger, Alexander Schallenberg, bekannt
*19.30 Uhr: Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärt die Regierungskrise für beendet
11. Oktober: Angelobungen *13 Uhr: Schallenberg und Nachfolger Linhart werden angelobt *14 Uhr: Statement des neuen Bundeskanzlers * 14:50: Gerald Fleischmann ist nicht mehr Medienbeauftragter im Bundeskanzleramt *21:00: ÖVP-Klub wählte Kurz einstimmig zum Obmann
Auch interessant:
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.