Kickl will an die Macht
Nach Hofers Rücktritt beginnt Ringen um FPÖ-Chefsessel
Norbert Hofer hört als FPÖ-Obmann auf, Herbert Kickl will sein Nachfolger werden. Es gibt Stimmen für ihn in der Partei – und mindestens eine gewichtige gegen ihn.
ÖSTERREICH. Der Rücktritt kam dann doch überraschend. Norbert Hofer verkündete am Dienstag Nachmittag zuerst seinen Rückzug von der FPÖ-Spitze per Tweet, löschte die Nachricht aber gleich wieder. Gut eine halbe Stunde später bestätigte er gegenüber Medien: "Ich bin heute aus der Reha zurückgekommen und habe mir das alles genau überlegt." Er werde sich zurückziehen. Kurz darauf bekräftigte auch die Partei selbst per Aussendung: Die FPÖ muss sich einen neuen Obmann suchen.
Machtkampf
In den vergangenen Wochen war ein Machtkampf zwischen dem konziliant auftretenden Hofer, der gleichzeitig auch Dritter Nationalratspräsident ist und bis zur nächsten Wahl bleiben möchte, und dem freiheitlichen Klubchef Herbert Kickl ausgebrochen. Kickl, seit Jahrzehnten einer der großen Strategen in der FPÖ drängte immer mehr in die erste Reihe. Im Gegensatz zu Hofer, der sich gegen Corona impfen ließ, wetterte Kickl in diesem Zusammenhang gegen eine "Masken-Diktatur" und "Impf-Apartheid". Hofer forderte seine Mandatare auf, im Nationalrat Masken zu tragen – der Parlamentsklub setzte sich darüber hinweg. Scharfer Oppositionskurs also, während Hofer der Partei eher einen regierungsfähigen Anstrich geben wollte.
Hofer, der die Partei nach dem Auffliegen des Ibiza-Videos und des Abgangs von Heinz-Christian Strache notgedrungen übernommen hatte, wollte am Ende einfach nicht mehr. Er werde sich (von Kickl) nicht weiter ausrichten lassen, fehl am Platz zu sein. Der Klubchef richtete dennoch dankende Worte an Hofer: "Ich zolle Norbert Hofer Dank und Anerkennung für die Übernahme der Obmannschaft nach der Ibiza-Affäre und für die erfolgte Aufbauleistung im Konzept der Doppelspitze mit unterschiedlichen Rollen und Schwerpunktsetzungen." Er sei bereit, "seinen Beitrag" zu leisten.
Kickl will Chef werden
Gemeinsam mit dem ältesten Parteiobmann-Stellvertreter Harald Stefan, der laut FPÖ-Statuten den interimistischen Parteivorsitz bis zum nächsten Parteitag führt, und dem Präsidium will Kickl nun "die nächsten Schritte" beraten. Es ist klar: Kickl will der neue Parteichef werden. Das müsste bei einem außerordentlichen Parteitag fixiert werden. Erste FPÖ-Landesparteichefs haben sich bereits für den Klubchef ausgesprochen.
Der neue Kärntner Obmann Erwin Angerer sagte etwa: "Wenn Kickl die Partei übernehmen will, halte ich ihn für einen möglichen Obmann." Auch aus dem Burgenland kam Unterstützung für Kickl, ebenso der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Laut ihm solle Kickl die Agenden zumindest interimistisch übernehmen, bis der Parteitag einen neuen Obmann oder eine neue Obfrau wähle.
Haimbuchners Dilemma
Eher unzufrieden mit dieser Entwicklung dürfte der mächtige oberösterreichische FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner sein, der gemeinsam mit der ÖVP in einer Landesregierung sitzt. Noch Ende Mai soll er erklärt haben dafür sorgen zu wollen, dass Kickl "niemals Parteichef wird". Haimbuchner selbst befindet sich nun aber in der Zwickmühle. Sollte der FPÖ-Parteitag bald stattfinden, kann er kaum selbst gegen Kickl kandidieren. Ende September stehen in Oberösterreich Landtagswahlen an, bei denen er als Spitzenkandidat antreten will. Kickl dürfte sich somit – sollte nicht unerwartet ein Kompromisskandidat aus dem Hut gezaubert werden – auf dem besten Weg zum FPÖ-Vorsitz befinden.
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