Dissertation mit Fehlern
Plagiatsvorwürfe gegen Ministerin Aschbacher - Rücktritt

Ihre Dissertation rückt Familien- und Arbeitsministerin Christine Aschbacher in ein schlechtes Licht. | Foto: BKA/Andy Wenzel
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  • Ihre Dissertation rückt Familien- und Arbeitsministerin Christine Aschbacher in ein schlechtes Licht.
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Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ist zurückgetreten, nachdem bekannt wurde, dass sie soll sowohl ihre Diplomarbeit als auch ihre Dissertation großteils plagiiert hat. Auch sieht sie sich mit dem Vorwurf mangelnder Deutschkenntnisse konfrontiert. 

ÖSTERREICH. Vergangenen Donnerstag veröffentlichte der Plagiatsprüfer Stefan Weber auf seinem Blog plagiatsgutachten.com Auszüge aus der Diplomarbeit von Christine Aschbacher (vormals Kowald). Einige plagiierte Textstellen hatte Weber mit dem Google-Übersetzungsprogramm aus den Englischen übersetzt. Die Abschlussarbeit hatte sie im Jahr 2006 an der FH Wiener Neustadt geschrieben und eingereicht.

Die Plagiatssoftware habe bereits nach wenigen Stunden „gravierende Mängel“ zutage gefördert: „Wenn jemand, so wie Frau Aschbacher, ganze Absätze übernimmt, kann man sich schnell ein Bild machen. Das hätten die Betreuer auch machen müssen.", so Weber. Über die angesprochenen Textstellen meint er auf seiner Homepage: "Alle hier in Screenshots dargestellten Fragmente haben eigentlich keine Bedeutung. Sie dürften auch nicht mit einem Übersetzungsprogramm zustande gekommen sein, denn diese waren in den vergangenen Jahren längst nicht mehr so schlecht."

Sprachliche Schwächen

Auf die Idee, ihr Werk unter die Lupe zu nehmen, sei Weber nach TV-Auftritten der ÖVP-Politikerin gekommen, wie er gegenüber dem profil meint: „Ich habe mich gewundert, wie sie mit diesem holpernden Deutsch und der fehlerhaften Grammatik eine wissenschaftliche Arbeit verfassen konnte.“

Beispiel aus der Arbeit der Ministerin:

Aschbacher zurückgetreten

Aschbacher gab am Samstag Abend bekannt, dass sie ihr Amt zurücklegt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat das Ansuchen zum Rücktritt der Ministerin angenommen.

Aschbacher äußerte sich kurz zuvor in einer Aussendung wie folgt:

"Die Aufgabe in der Bundesregierung als Ministerin für Arbeit, Familie und Jugend hat mich zutiefst erfüllt. Meine Arbeit als Ministerin habe ich mit vollem Einsatz für dieses Land geleistet und mit meinem Team das Beste gegeben.

Meine Arbeiten zur Erlangung akademischer Grade habe ich stets nach bestem Wissen und Gewissen verfasst und der Beurteilung durch anerkannte Professoren vertraut. Alle jetzt erhobenen Vorwürfe, ich hätte die Arbeit während meiner Amtszeit als Ministerin verfasst und ich hätte vorsätzlich plagiiert, sind Unterstellungen und weise ich zurück. Diese Arbeiten werden von den jeweiligen Instituten, wie bei jedem anderen auch, auf üblichem Weg geprüft. Ein solches faires Verfahren steht jedem in diesem Land zu. So wie es bereits anderen, etwa Thomas Drozda, Johannes Hahn oder Bogdan Roscic und anderen zugestanden wurde.

Meine Familie und ich erleben aber, dass die Medien und die politischen Mitstreiter, mir dieses faire Verfahren der Überprüfung nicht zugestehen und mich medial in unvorstellbarer Weise vorverurteilen.

Die Anfeindungen, die politische Aufgeregtheit und die Untergriffe entladen sich leider nicht nur auf mich, sondern auch auf meine Kinder, und das mit unerträglicher Wucht. Das kann ich zum Schutz meiner Familie nicht weiter zulassen. Aus diesem Grund lege ich mein Amt zurück. Darüber habe ich heute Bundeskanzler Sebastian Kurz in einem persönlichen Gespräch informiert.

Ich danke herzlich meinen Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in meinem Kabinett, dem Ministerium mit den Arbeitsinspektoraten, dem AMS und dem IEF, sowie der FBG, für die hervorragende Teamarbeit in dieser herausfordernden Krisenzeit.

Ich bin überzeugt, dass sie weiter für dieses wunderschöne Land und seine Menschen ihr Bestes geben und wünsche dabei viel Glück. 

Faßmann: Fall wird geprüft

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wollte zuvor die Prüfung durch die FH Wiener Neustadt abwarten, wo Aschbacher den Studiengang Wirtschaftsberatende Berufe besuchte. Dass Qualifizierungsarbeiten von Politikern im Fokus medialer Aufmerksamkeit stehen, sei nicht neu, sagte Faßmann bei einer Pressekonferenz am Samstag, auf die Plagiatsvorwürfe gegen seine Regierungskollegin angesprochen. „Mir fällt spontan Guttenberg ein, den es ganz hart getroffen hat“, verwies Faßmann auf den deutschen CSU-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg, der nach der Aberkennung seines Doktortitels 2011 als Verteidigungsminister zurückgetreten war. Die Fachhochschule Wiener Neustadt habe die richtige Vorgangsweise gewählt und prüfe den Fall nun. Vermutlich werde es eine externe Begutachtung geben, so Faßmann. Keine Stellungnahme gab es vorerst keine vom Bundeskanzleramt. 

Rücktrittsaufforderungen an die Ministerin

Am Samstag gab es von der Opposition zur Causa kritische Stellungnahmen und Rücktrittsaufforderungen: „Angesichts der Qualität der Abschlussarbeiten von Arbeitsministerin Aschbacher ist es wohl keine Frage mehr, ob, sondern nur noch wann ihr die akademischen Titel aberkannt werden. Der Kanzler muss sofort den Rücktritt seiner Ministerin einleiten, um weiteren Schaden von der Republik abzuwenden“, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, noch vor Bekanntwerden des Rücktritts. Ihre an der Technischen Universität Pressburg geschriebene Dissertation sei nicht nur inhaltlich äußerst seicht, sondern lese sich auch über weite Strecken, als sei sie von einem Ghostwriter mit nicht-deutscher Muttersprache – oder von einem Übersetzungsprogramm – geschrieben worden.

Angesichts der schweren Vorwürfe gegen Arbeits- und Familienministerin Aschbacher forderte SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl eine dringende Reaktion ein: „Die Ministerin muss ihr Schweigen endlich brechen und ausführlich Stellung zu den erhobenen Vorwürfen nehmen. Ein simples ‚nach bestem Wissen und Gewissen‘ gehandelt zu haben, wie es aus ihrem Ministerium heißt, reicht da nicht aus!“, so Kuntzl. Besonders empört ist Kuntzl zudem darüber, dass die Arbeitsministerin im Vorjahr offenbar eine Dissertation im Ausland verfasst hat: „Wir haben in Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit von über 500.000. Doch statt einer ihrer zentralen Aufgaben nachzugehen, die Arbeitslosigkeit zu senken, hat Aschbacher nichts Besseres zu tun, als sich um ihren Titel zu kümmern. So etwas ist unverantwortlich und unentschuldbar gegenüber allen in Österreich Lebenden, die ihren Job verloren haben und nicht selten um ihre Existenz bangen“, so Kuntzl.

Hier gehts zur Seite des Plagiatsprüfers Stefan Weber

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